Im Prinzip steht doch hinter allem, egal ob RealName oder Pseudonym oder gar anonym, die Frage: "Welche digitale Identität habe ich?"
Das Medium bietet hier faszinierende Möglichkeiten: Frauen werden zu Männern, Männer werden zu Frauen, Menschen werden zu Computern und Computer werden zu Menschen. Ja, ist alles schon vorgekommen und wird immer wieder vorkommen.
Das ist natürlich richtig, die Frage, die ich mir stelle, ist jedoch: Ist das nun positiv oder negativ? In Foren oder Gruppen, in denen ausschließlich fachlich diskutiert wird, ist es im Grunde egal, ob ich mich mit einer konstruierten oder, wie Mathias schrieb, oktroyierten bürgerlichen Identität unterhalte, solange es keine persönliche Ebene gibt. Wenn man sich jedoch über längere Zeit hinweg in einem Kommunikationsraum bewegt, entsteht eine gewisse emotionale Bindung zu dem Raum an sich, mehr jedoch zu den anderen Teilnehmern und Diskussionspartnern. Nicht selten sind in Foren und Newsgroups gruppendynamische Effekte unter den Regulars zu beobachten, die zu bestimmten Verhaltensmustern oder gemeinsamer Produktivität (FAQL und anderes) führen. Mir persönlich ist es nun wichtig, zu wissen, dass die Personen, mit denen ich es zu tun habe, "echt" sind, dass ich also nicht nur mit einer Identität spreche, die einfach abgelegt und durch eine neue ersetzt werden kann. Ich möchte nicht irgendwann herausfinden, dass der 28-jährige Sebastian, mit dem ich über einen gewissen Zeitraum kommuniziert habe, eigentlich der 16-jährige Kevin ist. Wohlgemerkt: Ich bin auf deinen Einwurf eingegangen, dass wir uns in einem Medium bewegen, in dem sich leich eine künstliche "digitale Identität" erstellen lässt; keineswegs meine ich Pseudonyme wie "molily", deren Authentizität offensichtlich ist.
Letztendlich bewirkt der Name, den man sich selbst gibt, wie man im digitalen Raum wirkt.
Ich halte es für die Kommunikation zwischen Menschen für gefährlich, es mit Identitäten und nicht mit Personen zu tun zu haben. Das Internet bietet weitaus mehr Möglichkeiten, hinter einer Maske zu sitzen als bei einem Gespräch mit einer Person, die mir gegenüber im gleichen Raum sitzt. Es gibt Gesprächsebenen, da möchte ich mich sicher fühlen können, mit wem ich spreche. Verstehst du, was ich meine?
MI
: Michael Jendryschik : michael@jendryschik.de : http://jendryschik.de/ :
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