Hallo,
Wer die eigene Sprache nebst der dazugehoerigen Schriftform missachtet, begeht Verrat an der eigenen Kultur.
Aus historisch-vergleichender wie auch als synchroner Sicht hat die Schriftkultur der deutschen Sprache zahlreiche unterschiedliche »dazugehörige« Formen hervorgebracht. Alle haben ihre Einzigartigkeit, ihren Reiz und ihre Logik, ebenso wie die Schriftformen anderer Sprachen, die auch nicht selten Pate stehen. Die Sprachwissenschaft ist vor allem bemüht, all diese zu beschreiben, anstatt einfach eine Theorie von Norm und Abweichung zu entwickeln. Und selbst Sprachpfleger sehen sich nicht in der Rolle, Sprecher als »Verräter« zu brandmarken.
Diese Formen sind, wie auch schon gesagt wurde, historisch gewachsen und insofern, wie es so schön heißt, kontingent (nicht notwendig, nicht festgelegt, nicht gottgegeben, im Wandel usw.). Vor dem Hintergrund von einem Verrat zu sprechen, ist weit hergeholt, da es nicht *die* »dazugehörige« Form gibt und dementsprechend auch keine monolithische Sprach-/Schriftkultur.
Natürlich gibt es eine deutsche Standardsprache samt Orthographie, aber viel Spannendes liegt fernab davon. Da müssten Linguisten, Sprachpfleger, Autoren, Schriftsteller usw. die größten Verräter sein, wenn sie ihr Augenmerk gerade nicht auf die Standardsprache beschränken. Das wäre doch ziemlicher Unsinn, schließlich beackern die überhaupt erst das Feld der Sprachkultur. Daher: Zu einer Sprachkultur gehört glücklicherweise weit mehr als ein paar Regeln und wenn jemand diesen Teil gar wissentlich missachtet, ist damit wenig gesagt.
Mathias