Liebe Leser,
jetzt heisst es erst mal, tief Luft zu holen und sich ein wenig Zeit zu nehmen. Denn es gibt ein paar neue, brisante Seiten auf Selfaktuell und ein paar weitere Seiten auf der Domain freedomforlinks.de, auf denen ein wichtiges Thema angesprochen wird, und wir bitten alle, diese Seiten erst mal in Ruhe durchzulesen. Auch wenn ihr gerade den Kopf mit was anderem voll habt, solltet ihr euch mit diesen Dingen hier mal beschaeftigen. Denn das betrifft euch durchaus alle - jedenfalls alle, die Homepages im Netz anbieten!
Der Link zur Einstiegsseite lautet:
http://www.teamone.de/selfaktuell/talk/rechtundlinks.htm
Wenn ihr die Lektuere hinter euch habt und hoffentlich einigermassen versteht, worum es da geht, solltet ihr euch die folgenden Bemerkungen und Hinweise noch durchlesen:
* Es geht hier nicht nur um einen bestimmten Fall. Es geht generell darum, ein Bewusstsein dafuer zu schaffen, dass die vernetzte elektronische Welt, die WWW-Gruendervater Tim Berners Lee sich vorstellte, als er HTML und <a href> schuf, in Gefahr ist. Die Gefahr besteht darin, dass sich bald niemand mehr trauen koennte, einen Link auf eine fremde Seite zu setzen, weil fast jeder solche Link durch spitzfindige juristische Ansprueche anfechtbar ist und zu Resignation und zum Kollaps ganzer Homepages fuehren kann. Denn wer von euch wuesste genau, wie er reagieren soll, wenn ploetzlich eine anwaltliche Abmahnung ins Haus flattert, die fast 2000 Mark kostet und sich auf einen bestimmten Link der eigenen Homepage bezieht? Die meisten von euch wussten bislang sicher nicht mal, was so eine Abmahnung eigentlich ist. Geschweige denn, wie man darauf reagieren kann.
* Frueher war das Ausfindigmachen von Verwendungen geschuetzter Namen nicht so einfach. Aber im Zeitalter von Altavista&Co. kann ein findiger Anwalt den Tag einfach damit beginnen, nach einem markenrechtlich geschuetzten Begriff seiner Mandantenschaft zu suchen und aus den Suchtreffern schnell mal wahllos ein paar heraussuchen. Dann setzt er den Namen des Homepage-Anbieters und ein paar andere Variablen in seinem Serienbriefprogramm ein, und schon ist die naechste Abmahnung versandfertig. Zwei oder drei davon am Tag, und man kann mit wenig Aufwand richtig gutes Geld verdienen und hat nebenher jede Menge Zeit. Dabei wird auch nicht lange gefackelt. Auf solche feinen juristischen Unterschiede wie blosse Nennung eines geschuetzten Zeichens und dessen kommerzieller Benutzung wird gar nicht eingegangen, oder es werden wilde Behauptungen aufgestellt. Der Einschuchterungseffekt, den die rechtlichen Drohgebaerden im Abmahnschreiben haben, reicht in den meisten Faellen.
* Eine Tatsache hat so ein findiger Anwalt jedoch uebersehen: die gleiche, vom Internet ermoeglichte Bequemlichkeit, die es ihm erlaubt, so leicht an ahnungslose Abmahnopfer heranzukommen, ermoeglicht es anderen Netzbuergern auch, sich schnell und effizient ueber solche Dinge zu verstaendigen und sich zu organisieren. Im vorliegenden Fall organisieren sich nun zwei bekannte Web-Projekte (SELFHTML und Freedom for Links), um gemeinsam ein Zeichen zu setzen gegen den um sich greifenden, fuer die Entwicklung des Webs unheilvollen Abmahnwahn im deutschen Internet.
* Das Verfahren, das wir nun anstrengen, kann das Problem leider noch nicht an der Wurzel beseitigen. Wenn es gut geht, schaffen wir einen Praezedenzfall, der fuer die weitere Rechtssprechung in aehnlichen Faellen von Vorteil ist. Als weiterreichende Konsequenz muesste der Gesetzgeber jedoch aktiv werden und Gesetze schaffen, die nicht nur Marken schuetzen, sondern auch Homepages. Das Internet ist ein neues Medium mit neuen Realitaeten, bei dem die sture und durch anwaltliche Spitzfindigkeit unterstuetzte Anwendung "alter" Gesetze zum Teil das Gegenteil dessen bewirkt, wozu das Recht im Rechtsstaat da ist. Es muss endlich eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden, die im Anbieten von Inhalten im Internet nicht nur potentielle Kriminalitaet wittert, sondern diese als gesellschaftlich wertvolles und schuetzenswertes Gut betrachtet und das in entsprechenden Gesetzen verankert. Leider leben wir diesbezueglich noch immer in der Steinzeit.
* Bitte nehmt die Spendenaufforderung ernst. Wir sind wirklich auf finanzielle Mithilfe aus den Reihen derer angewiesen, fuer deren Belange wir uns mit unserem juristischen Vorstoss einsetzen. Es sind die Belange von euch allen, von jedem, der im Internet publiziert! Wenn euch diese Belange beispielsweise den Gegenwert eines Fachbuchs oder eines Shareware-Programms wert sind, dann macht euch bitte die Muehe und spendet den entsprechenden Betrag. Hier noch mal die Daten: Freedom for Links e.V., Hamburger Sparkasse, BLZ: 200 505 50, Kto.: 1217/117934
* Und bitte tragt die Kunde in die Welt hinaus! Mailt es weiter, postet es woanders, schreibt serioese Medien an, zu denen ihr Kontakt habt. Wir wollen, dass eine breitere Oeffentlichkeit auf die rechtsbeugenden Machenschaften, die hier in den Blickpunkt geraten, aufmerksam wird. Wird es uns gelingen, dem Durchschnitts-User zu zeigen, dass das Internet nicht nur aus Broker-Wahn, E-Commerce und Geldmacherei auf Wildwest-Niveau besteht, sondern auch aus einer eigenen, gewachsenen und weiterwachsenden Kultur, die nicht bereit ist, sich zerstoeren zu lassen? Wir moechten kein boeses Blut vergiessen, keinen Hass verbreiten und keine Aufwiegelung betreiben. Wir appellieren deshalb auch an alle, die das Thema weiterkommunizieren, dergleichen zu vermeiden. Blinde Wut bringt uns nicht weiter und schadet uns nur. Bleibt also bitte cool, verletzt niemanden persönlich, aber erkennt bitte, dass es in euer allem Interesse liegen sollte, mehr als nur ein kleines Staubwoelkchen aufzuwirbeln gegen den Homepage-Abmahnwahn. Es wird Zeit, daß sich da was tut!
viele Gruesse
Stefan & Kess