Moin!
Da haben wir es wohl mit einem Digitalfetischisten zu tun;-)
Und auf der anderen Seite haben wir es wohl mit einem Analogfetischisten zu tun. :)
Sicher hat eine analoge Schallplatte so seine Nachteile, aber die derzeit weit verbreiteten digitalen Formate für MUsik sind alle eine Kompromisslösung, die an einige viel ältere Aufzeichnungsverfahren nicht herankommen.
Das Resultat einer Audioaufzeihnung wird immer subjektiv bewertet werden. Die Frage ist doch: An welches Ideal soll sich ein technisches Verfahren annähern?
Unverfälschter Sound? Dann fällt die Schallplatte definitiv weg, denn etwas verfälschenderes gibts ja wohl kaum. Allein die Gleichlaufschwankungen des Motors, die Phasenverschiebungen durch den je nach Abtastort unterschiedlichen Winkel des Tonarms zur Tonspur - und dann die Staub- und Abtastartefakte! Nach diesem Kriterium hat die Schallplatte deutliche Defizite.
Bei der CD sind diese Aspekte deutlich besser, aber natürlich immer noch nicht perfekt gelöst. Staub- und Abtastartefakte entfallen, der Signal-Rauschabstand ist deutlichst besser. Negativ ist die Bandbreitenbegrenzung auf maximal 22.050 Hz (der Filter wird in der Regel schon bei 16.000 Hz ansetzen) sowie die Wellenformverfälschung durch die unzureichende Quantisierung mit 16 Bit.
Aber in Sachen Empfindlichkeit, Praxisverwendbarkeit, Herstellungsaufwand und auch Tonqualität ist die CD eindeutig der Schallplatte überlegen.
So hat die Schallplatte beispielsweise einen wesentlich größeren Frequenzbereich (wenn auch nicht linear) und eine (prinzipbedingt) mit Digitaltechnik derzeit nicht vernünftig erreichbare Abtastrate (die bei der Schallplatte irgendwo im molekularen Bereich liegen müsste, aber ich bin ja kein Physiker).
Da lügst du dir aber was in die Tasche. Natürlich kann man glauben, dass die Schallplattenrille ja eigentlich aus Vinylmolekülen besteht und deshalb sowohl winzigste Ausschläge als auch höchste Frequenzen speichern könnte. Aber schau dir im Vergleich zur Molekülgröße mal die Abtastnadel an: Die ist SOOOOOOO riesig im Vergleich zu den Molekülen, dass an derartige Auswirkungen nicht zu denken ist.
Zudem hat die Abtastnadel zwingend eine Masse, die die abtastbare Frequenz nach oben begrenzt. Und am Plattenspieler gibt es außerdem noch genügend Bauteile, die für Resonanz bzw. durch mechanische Übertragung für Geräuscheinstrahlung sorgen können.
Analoge Speichermedien auf Magnetbasis (also Magnetband) überteffen ja der Schallplatte, sind also der Digitaltechnik in den oben angesprochenen Aspekten noch mehr überlegen.
Analoge Speichermedien haben aber ebenfalls eine maximale Bandbreite (der Tonfrequenz, nicht der Breite des Tonbandes :) ), die man nur durch höhere Relativgeschwindigkeiten zwischen Band und Tonkopf erhöhen kann. Tonbänder haben außerdem das Problem, dass sie bei Lagerung "abfärben", d.h. die magnetische Toninformation der einen Lage prägt sich allmählich auf die Tonbandlagen darüber und darunter. Ein Tonband ist also auch keineswegs ideal
Will man mit Digitaltechnik das Signal einer Schallplatte halbwegs nachbilden, so denke ich dass man irgendwo bei 1GByte pro Minute bedarf und nicht die inzwischen lächerlich anmutenden ~10 MByte einer CD (44,1 KHz und 16 Bit).
Es mag ja sein, dass man bei der Absicht, eine Schallplatte mit Digitaltechnik nachzubilden, soviel Speicherplatz benötigt.
Aber was ist, wenn man eine Schallplatte gar nicht nachbilden will? Was ist, wenn man, ganz unabhängig von irgendeinem gewesenen Tonträgerformat, mit der CD bzw. digitalen Formaten allgemein, einfach eine neue Form der Tondatendistribution gewollt hat, die selbstverständlich ihre eigenen künstlerischen Herausforderungen, aber auch ihre eigene künstlerischen Gestaltungsspielräume enthält.
Mit digitalen Tondaten kann man bekanntlich sehr einfach experimentieren, Effekte testen, Mischungen ausprobieren und wieder verwerfen. Der Versuch, das mit analogem Equipment hinzukriegen, wäre deutlich aufwendiger.
Sobald man begreift und akzeptiert, dass noch nie ein Tonträger dafür vorgesehen war, den originalen Klang eines live aufgetretenen Klangereignisses total unverändert wieder erlebbar zu machen, sondern dass alle erfundenen Verfahren immer nur eine einigermaßen ähnliche Kopie produzieren, und dass es für die produzierenden Künstler eben gerade nicht darauf ankommt, dass ihr Tonträger sich sehr genau wie das Original anhört, sondern dass es sich "gut" anhört - ab diesem Moment wird man Diskussionen um "besser" immer mit einem gewissen Schmunzeln verfolgen. ;)
Achja, inzwischen verwendet man im Profibereich schon AD-Wandler mit 192 KHz und 24 Bit was heute schon 70 MByte pro Minute bedeutet.
Das tut man aber auch nur, weil 44,1kHz/16Bit als Basisformat für Abmischungen sich als nicht gut genug erwiesen haben, weil Mischungen immer Addition von Signalen bedeutet - und Rundungsfehler dann ggf. zu unschönen Effekten führen.
Man arbeitet ja auch nicht mit auf Ausgabegröße optimierten JPEGs, sondern nach Möglichkeit immer mit unkomprimierten Originaldaten.
Dazu kommt dann noch das mangelhafte Aufzeichnungsverfahren der Audio-CD an sich (keine Checksum o.ä. zur Fehlerkorrektur), was bedeutet, dass man es praktisch nicht schafft, zweimal das selbe Stück von einer CD wiederzugeben, ohne dass Unterschiede feststellbar wären.
Deine technischen Informationen sind falsch. Selbstverständlich hat die Audio-CD Prüfsummen zur Fehlerkorrektur. Und es ist auch problemlos möglich, das gespeicherte digitale Original mehrfach fehlerfrei wieder zu lesen.
Außerdem sprichst du von "dass Unterschiede feststellbar wären". Wer stellt die Unterschiede denn fest? Du als Mensch beim Abhören? Oder doch eher ein Computer, der einen digitalen Vergleich vornimmt und bei der leisesten Bitabweichung sofort "Alarm, verdorbener Kunstgenuß" schreit.
Also denke ich, dass es schon einer gewissen Chuzpe bedarf, sich angesichts der Mängel der Musik-CD über die 'alte' Analogtechnik lustig zu machen.
Angesichts der Mängel der alten Analogtechnik sollte diese aber genauso still sein. Wäre sie nämlich wirklich so gut und überlegen, wäre sie ja nicht fast vollständig ausgestorben.
Abgesehen davon: WIchtiger als die Qualität der Wiedergabe ist für jedoch immer noch die Qualität des Wiedergegebenen (also der Musik) und die ist, unabhängig der verwendeten Technik immer seltener zu finden.
Wenn man den Rand einer CD mit einem grünen Filzstift anmalt, sollen Laserbrechungen vermindert und dadurch bei der Wiedergabe ungünstige Oberwellen reduziert werden.
Ansonsten verweise ich, was akustische Qualitätsurteile digitaler Audiospeicherformate angeht, gerne auf den Hörtest der c't. Zusammengefaßtes Resultat: Die Allgemeinheit kann CD und komprimiertes Audio ab 128 kBit/s (egal welches Format) akustisch nicht auseinanderhalten. Der einzige Tester, der eine recht gute Trefferquote hatte, hatte einen Hörschaden - was seine Trefferrate gut erklärt, weil auf ihn die allgemeinen psychoakustischen Modelle eben nicht mehr zutrafen, weil Maskierungseffekte eben nur greifen, wenn man die Frequenzen noch hören kann.
- Sven Rautenberg
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