molily: Freie Software für alle

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Hallo,

GNU/Linux ist eine Alternative, kein Ersatz. Man kann Windows ebenso wenig ersetzen, wie man GNU/Linux ersetzen kann. Jedes hat seine Aufgabenbereiche und kann je nach dem, wie viel Zeit und Energie man investiert auf weniger übliche ausgeweitet werden.

Sorry, das ist (ich beziehe mich auf den Artikel) der allergrößte Blödsinn und die arroganteste Schutzbehauptung gegen Feedback. Wie gesagt: Natürlich gibt es für den Durchschnitts-PC-User gewisse Anforderungen. Die muss ein Betriebssystem einfach erfüllen und gewisse Möglichkeiten in einfacher und komfortabler Weise zur Verfügung stellen - da gibt es nicht viel herumzureden. Was im Artikel behauptet wird, ist ein völliger Relativismus und eine Nicht-Vergleichbarkeit. Das ist gruselig, weil es in diesem Kontext einfach nur jegliche Reflexion und Kritik auf Null zurücksetzt. Natürlich kann und muss man - konkrete Anforderungen vorausgesetzt - vergleichen, Vor- und Nachteile von Umsetzungen abgleichen, auf Wünsche reagieren und Nutzungsmöglichkeiten erschließen.

Insofern geht auch das Bild »Motorräder sind nicht Autos« am Kern vorbei: »he thinks it can and should do everything a car can do.« Es geht nicht um »alles«, sondern um konkrete Anforderungen. Und natürlich sollten (irgendwelche) GNU/Linux-Distributionen den Anforderungen dieses »Autofahrers« gerecht werden, einfach, weil es wichtig ist, dass es ein freies Betriebssystem gibt, das diese Anforderungen abdeckt. Es ist nicht falsch, dass Leute aus anderen Ecken mit vermeintlich verquerten Ansichten zu GNU/Linux wechseln, sondern eine Chance für FOSS-Projekte. »It doesn't mean features can or should be swapped directly from one to the other« - genau das Gegenteil sollte der Fall sein. Wieso Einschränkungen machen müssen? Richtig ist das Bild jedoch insofern, dass Betriebssysteme nicht alle gleich arbeiten müssen und man nicht erwarten kann, praktisches Wissen über Betriebssysteme beliebig übertragen zu können. Der Autor vermischt leider »dasselbe machen können« und »dasselbe auf haargenau dieselbe Art und Weise machen können«.

Eigentlich ist das Grundproblem des Artikels die Behauptung, »Linux« habe irgendein Ziel und dieses sei ein gänzlich anderes als die hinter Windows: »The goal of Linux is not "Linux on every desktop". (...) It will never be a replacement, because it has incompatible goals.« Aus Sicht der Open-Source-Bewegung ist es natürlich ein Ziel, proprietäre Software insofern ersetzen zu können, dass OSS dieselben Features bietet. Darüber hinaus ist die Aussage bedeutungslos, denn »Linux« hat kein gemeinsames Ziel. Es gibt tausende OSS-Projekte, die an GNU/Linux-Distributionen beteiligt sind, die ganz unterschiedliche Ziele haben; die Distributoren haben jeweils vielfältige eigene. Konkurrenzfähigkeit mit der jeweiligen Closed-Source-Software gehört für Projekte und Distributoren durchaus dazu.

Gruselig ist ferner, dass anwenderzentrierte Entwicklung als OSS-untypisch bezeichnet und sogar als »thinking in terms of proprietary software« diskreditiert wird. Damit wird ein klischeehaftes Bild von OSS-Projekten gezeichnet, dass eigenwillige »Linux«-Frickler eigentlich nur für sich selbst Software coden und dabei für den Rest der Welt nur nebenbei Nutzen entsteht: »FOSS is all about the software. It's not about the number of end users.« Blödsinn - es gibt eine begrüßenswerte Professionalisierung, die die Softwareentwicklung nicht zum Selbstzweck erhebt. Natürlich brauchen wir benutzerstarke, populäre OSS, und man darf auch Software daran messen, ob sie konkurrieren kann. OSS-Projekte sollten das m.M.n. auch anstreben. Mit der Verwertungslogik kommerzieller Software hat das erst einmal nichts zu tun.

Gefährlich ist die arrogante Haltung, die OSS-Gemeinde »brauche« die Windows-Benutzer nicht, die sollen doch lieber bei ihrem Windows bleiben. Das leistet wunderbar dem Klischee der elitären OSS-Sekte Vorschub, die sich nicht dafür interessieren, ob ihre Software für die Welt (außerhalb ihrer eigenen, geschlossenen) nützlich ist. Software verbessern - etwa zum Selbstzweck, wenn nicht zum Nutzen der Anwender?

Mit dem üblichen Argument wird Kritik totgeschlagen: »[OSS software] was created and given to you, free of charge, by people who invested a lot of their own time in it for no personal gain. The least you could do to repay their contribution is invest a little time of your own before you complain that it doesn't work like the parallel Windows software.« Das stimmt teilweise, aber die Argumentationsform »es ist kostenlos, also beschwere dich nicht« sollte einfach begraben werden. Nochmal, dass Neulinge an FOSS bloß Ansprüche stellen, muss man durchaus ernst nehmen und nicht abblocken. Qualität und Popularität dürfen keinesfalls gegeneinander ausgespielt werden.

Die Verteidigung des »'typical' Linux users«, der sich gegen die Einwanderung durch Normalos wehrt, sagt mehr über Trägheit dieser Nutzer aus als über die Normalos. Es wird suggeriert, als sei es eine natürliche Ordnung, dass Linux nicht »just works« und dass jeder, der dies wolle, doch bitte bei Windows bleiben soll. Die Verteidigung des CLI scheint mir, neben richtiger Erklärung, strategisch gesehen eine Schutzbehauptung gegen berechtigte Kritik an Software mit keinem oder schlechtem (G)UI zu sein. Man kann erklären, warum das so ist, rechtfertigen aber nicht. Da wird eine natürliche Verbindung zwischen »Linux«-Software und Kommandozeile aufgemacht, die Blödsinn ist.

»Linux is deliberately designed for the well-informed, knowledgeable user, rather than the ignorant beginner.«
Noch eine unzutreffende, klischeehafte Verallgemeinerung, die aus Sicht des Autors eher normative Soll-Aussage ist. Diese elitäre Position gilt es ihm ja gegen den Pöbel zu verteidigen.

Die Arroganz steigert sich in Sätzen wie diesem:
»Linux hands you the keys and puts you in the driver's seat. If you can't drive, that's your problem.«
Die hartnäckige Engstirnigkeit zeigen solche Tautologien: »[Linux is] easy to use if you know how to use it.«
Diese typische Geisteshaltung und Argumentationsweise ist ja bekannt: Kritik ist unmöglich, Schuld ist der dumme Benutzer. Wunderbar, zurück hinter die Aufklärung, wo nur wenige Herrschaftswissen besaßen!
»Linux wants users who want Linux.« bringt schön die Selbstreferenzialität auf den Punkt, die der als Tatsache behauptet.

Solche Artikel sind echt eine Schande, reaktionär und kontraproduktiv, weil sie wieder alte, längst überwundene ideologische Mauern wieder aufbauen, anstatt bestehende einzureißen. Sie tun der Verbreitung und Weiterentwicklung von OSS nichts gutes. Alles in allem will der Autor aus einer elitären Nerd-Position heraus sein Bastelbetriebssystem gegen allein gegen den Rest der Welt verteidigen - da kämpft er glücklicherweise auf verlorenem Posten. Wundert mich aber, dass man im Jahr 2006 so etwas noch bringen konnte, das ist eher Muff von 1996, als der PC »demokratisiert« wurde, als mehr und mehr und mehr Normalsterbliche in die Computerwelt einstiegen.

Die Kommentare sind im Übrigen viel interessanter als der Artikel selbst: »So, basically, you're saying that people must bend to computers rather than computers bending to people? That's a pretty stupid idea.« Diese Sichtweise auf Technik überhaupt sollte überwunden werden.

Mathias

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welches Linux soll ich nehmen?

Marc
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