hattest du denn eine Wahl?
Tatsächlich. Als ich während meines NVA-Plichtwehrdienstes (5/88 - 10/89) zum Ende der DDR in einem eindringlichen Einzelgespräch gefragt wurde, ob ich diesen ehrenvollen Plichtwehrdienst mit der Tätigkeit in einer Knüppelbrigade krönen wolle, welche den glorreichen Staat und seine nützlichen Einrichtungen gegen vom Westen aufgewiegelte Bürger verteidigen solle, habe ich "Nein" gewählt und klar erklärt, dass ich als Soldat der NVA keinerlei Waffe gegen das eigene Volk richten werde, dass die Verfassung und die Dienstvorschriften das auch klar so regeln und dass ich ggf. derartige Befehle verweigern werde.
Aber auch damit war ich nur einer von zehntausenden.
Schon zuvor lehnte ich das Angebot ab, als "Personenschützer" zum MfS zu gehen. Ich war 1,67 groß, 65 kg schwer und nicht geistig behindert. Alles ideale Voraussetzungen um DEN Job, das tolle Gehalt, die tolle Neubauwohnung und Unterstützung bei der Wahl eines Studienplatzes zu erhalten. Offenbar hatte die Stasi Probleme an die eigenen Akten zu kommen ... dann hätten die mich DAS nie mehr gefragt ohne was zum Zwecke der Erpressung dabei zu haben.
Als im Mai 89 verkündet wurde, dass es in ganz Mühlhausen 12 Nein-Stimmen gab, habe ich den Politoffizier gefragt, wie DAS denn sein kann. Hatten doch allein in meiner Einheit 13 von 25 Wählern im Soldaten- und Unteroffiziersrangrang definitiv mit "Nein" gestimmt - und gewählt wurde am Standort Mühlhausen. Die Veranstaltung war damit beendet.
Mich wundert, dass die mir die in der Aufführung erste Frage noch gestellt haben. Im Übrigen bin ich sicherlich damit aufgefallen, dass ich vor der Mai-Wahl 89 den Slogan "Sei kein Schwein: Stimm mit NEIN!" verbreitete. Und mit der Wahl wurden dann erstmals so richtig massive und konkrete Vorwürfe der Wahlfälschung laut.
Ich bin letzten Endes "automatisch" Bundesbürger geworden, weil ich mich bewusst nicht dagegen gewehrt habe. Das erschien als der sichere Weg, dass die DDR nicht selbst (davor hatte ich und Millionen andere Angst) oder in einer Reinkarnation a la Weißrussland (das Beipiel konnte damals nicht bekannt sein) aufersteht.
Wirtschaftlich sinnvoller (übrigens auch für die Bundesbürger, die besonders auch durch diese komische Anstalt zum Verhökern von Grundstücken mit Altlasten und Krediten abgezockt wurden) wäre ein Weg gewesen wie ihn Tschechien gegangen ist. Dann hätte man bei einer Wiedervereinigung ganz andere Karten gehabt, die wäre auch nicht soooo notwendig gewesen. Dieses stille Mittragen der sich als vorschnell erweisenden Wiedervereinigung war gewiss falsch.
Und jetzt will ich wenigstens an Bürgerrechten retten, was zu retten ist.