seth: Gendering im Web

Beitrag lesen

gudn tach!

Wie steht Ihr zum Thema Gendering beim Webauftritt?

oha, grosses thema. der zusatz "beim Webauftritt" ist dabei imho fast vernachlaessigbar und spielt nur eine kleine rolle bei der antwort.

[meinung zum allgemeinen thema]

ich nutze konsequent generische bezeichnungen (darunter auch haeufig das generische maskulinum). insbesondere, wenn ich explizit leute anrede, dann versuche ich umstaendliche doppelbezeichnungen oder kreative gender-spielereien a la binnen-i, gender-gap, etc. zu vermeiden. ich halte die verstaendlichkeit und lesbarkeit eines textes fuer wesentlich wichtiger als politisch-ideologisch motivierte sprachaenderung.[1] ausserdem halte ich nichts davon, das geschlecht der leute explizit sichtbar zu machen, denn meistens ist es mir egal und im sinne der gleichberechtigung sollte es das eigentlich auch sein.

beispiel aus einer anderen ecke: frueher war "krueppel" ein gaengiger ausdruck. nach und nach gab es viele versuche, die teilweise wahrgenommene pejorative konnotation ueber ersetzungen a la "behinderte", "invalide", "mobilitaetseingeschraenkte", ... zu beseitigen. gebracht hat's meiner ansicht nach nix. wer beleidigen will, kann das auch mit den neuen woertern, denn die spielen dafuer nur eine untergeordnete rolle. teilweise geht das sogar noch besser, weil man die neuen woerter so schoen ironisch einsetzen kann, "ey, was bist denn du fuer ein 'mobilitaetseingeschraenkter'?" und wer nicht beleidigen will, aber sich trotzdem (vielleicht unabsichtlich) kacke verhaelt, und damit diskriminiert, tut das ebenfalls vor allem unabhaengig von der wortwahl. zugegeben: die sicht auf behinderte hat sich in den letzten hunderten von jahren insg. geaendert und auch verbessert (auch wenn wir noch weit weg sind von einem akzeptablen zustand); an sprachregelungen lag das meiner ansicht nach jedoch ueberhaupt nicht, sondern solche regelungen haben den fortschritt evtl. sogar hier und da gebremst.

ausserdem sind es teilweise selbsterfuellende prophezeihungen, wenn zunaechst einige wenige sich ueber ein wort empoeren und allen anderen vorwerfen, beleidigend zu sein. das sind zum teil mode-erscheinungen, die sich eben durchsetzen, aus der naiven und falschen vorstellung heraus, dass man damit boeses beseitigen koenne.

[konsequenz]

in vielen faellen kommt man sowohl um geschlechtsbehaftete als auch um umstaendliche beidnennung oder aehnliches drumherum, indem man neutralisiert. denn normalerweise ist es einem in den faellen, in denen sich die frage nach dem gendern ueberhaupt stellt, -- sorry, aber -- scheissegal, ob jemand nun einen penis hat oder nicht oder sich so fuehlt. beispiele:

  • maskulin: "die arbeitnehmer sind zufrieden", geschlechtsneutral: "die angestellten sind zufrieden"
  • maskulin: "die parlamentarier sind komplett", geschlechtsneutral: "die abgeordneten sind komplett"
  • maskulin: "ansprechpartner", geschlechtsneutral: "kontakt"
  • maskulin: "feuerwehrmaenner", geschlechtsneutral: "feuerwehrleute"

in einigen faellen lassen sich auf diese weise sowohl die von feministen kritisierten generischen maskulina, sowie umstaendliche beidnennungen oder aehnliches vermeiden. gleichzeitig verliert der text dadurch in der regel nichts an verstaendlichkeit oder lesbarkeit. leider kosten solche neutralisierungen beim schreiben anfangs etwas mehr zeit und sind in vielen faellen nicht moeglich. in diesen faellen verwende ich wie gesagt generische bezeichnungen, unabhaengig davon, ob es nun gaengige generische maskulina oder feminina sind.

[websites]

die neutralisierung ist auch fuer websites gut geeignet, weil keine woerter auseinandergerissen werden (wie beim gander gap) und keine unkonventionellen woerter gebildet werden (wie beim binnen-i oder dem unsaeglichen -x). somit muessen weder screen reader noch bots explizit features aufweisen, mit solchem schnick-schnack umgehen zu koennen.

allerdings moechte man ja im hinblick auf seo schon die gelaeufigsten passenden begriffe unterbringen, egal, ob die nun neutral sind. da kommt man dann kaum umhin, diese einfach zu benutzen.

Wir nutzen Gendering nach dem Schema: "zum / r Erzieher / in"

ohne die leerzeichen vor und nach dem slash ist es sicherlich nicht falsch und weitgehend akzeptiert. umstaendlich ist es trotzdem. ich wuerde darauf verzichten und es je nach kontext anders schreiben. wenn's eine stellenausschreibung ist, sollte man auf nicht-geschlechtsneutrale bezeichnungen verzichten, vgl. wikipedia

[1] disclaimer: jetzt mag man vielleicht einwenden: "hey seth, widersprichst du dir da nicht selbst, indem du alles kleinschreibst?" antwort: ja, tue ich nicht. 1. kleinschreibung ist keine politische ideologie bzw. hat nix mit political correctness zu tun. 2. kleinschreibung schadet der lesbarbeit und verstaendlichkeit nicht. die einzige(!) haeufig dazu genannte studie, die das gegenteil aussagt, ist intransparent und bezog sich nur aufs niederlaendische.

prost seth