hotti: Kündigung und Sozialversicherung

hi,

lt. Tarifvertrag steht der Kündigungstermin zum 31.3. fest, die Fristen sind damit eingehalten und es ist gewährleistet, dass der verbleibende Urlaub genommen werden kann.

Eine Verlängerung des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, weil ab dem 31.3. andere Fristen und Kündigungsbedingungen gelten.

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber bereit, bis zum 30.4. Lohn zu zahlen, diese Zusage liegt jedoch nur mündlich vor.

Unverbindlich angefragt: Gibt es die Möglichkeit, eine Zusatzvereinbarung zur Kündigung zum 31.3. abzuschließen, so dass der Arbeitgeber bis mindestens zum 10.4. Beiträge zur Sozialversicherung abführt?

Oder anders gefragt: Heißt obenstehende mündliche Zusage, dass SV-Beiträge bis 30.4. abgeführt werden?

Vordergründig ist also nicht die Lohnzahlung, sondern eine Zusicherung, dass SV-Beiträge bis mindestens 10.4. abgeführt werden, falls das der 30.4. wird, wäre das natürlich auch OK.

Falls das überhaupt möglich ist, in welcher Form?

Bitte mal um unverbindliche Hinweise.

Schöne Grüße.

  1. Genauere und vor allem verbindliche (aber nicht immer bessere) Auskünfte gibt ein Anwalt, am besten ein Fachanwalt für Arbeitsrecht.

    lt. Tarifvertrag steht der Kündigungstermin zum 31.3. fest, die Fristen sind damit eingehalten und es ist gewährleistet, dass der verbleibende Urlaub genommen werden kann.

    Eine Verlängerung des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, weil ab dem 31.3. andere Fristen und Kündigungsbedingungen gelten.

    He? Ich bin jetzt verwirrt. Geht es um eine Kündigung oder um eine Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses, weil dieses bei einer erneuten Verlängerung in unbefristetes Arbeitsverhältnisses umzuwandeln ist?

    Und wenn es so ist, wieso soll denn dem Arbeitgeber (das ist der, der die Arbeit nimmt) nicht zuzumuten sein, die seit Jahren benötigte Arbeitskraft dauerhaft einzustellen und statt dessen den Zyklus mit einer anderen Person erneut zu durchlaufen. Ich denke, das ist ein falsche und missbräuchliche Anwendung.

    Zu Deiner Frage. Der Arbeitgeber (der die Arbeit hier gleich in zweierlei Hinsicht nimmt) wird den "Lohn" wohl als Abstandszahlung deklarieren. Demnach ist es kein Lohn und er unterliegt nicht der Zahlung von Sozialleistungen. Macht er das anders, dann wäre es Lohn und das Arbeitsverhältnis würde stillschweigend verlängert.

    Jörg Reinholz

    1. hi,

      Zu Deiner Frage. Der Arbeitgeber (der die Arbeit hier gleich in zweierlei Hinsicht nimmt) wird den "Lohn" wohl als Abstandszahlung deklarieren. Demnach ist es kein Lohn und er unterliegt nicht der Zahlung von Sozialleistungen. Macht er das anders, dann wäre es Lohn und das Arbeitsverhältnis würde stillschweigend verlängert.

      Das befürchte ich auch. Evntl. können wir den Arbeitsvertrag ändern, von derzeit unbefristet (Ende der Probezeit am 31.3.) auf befristet (Ende am 10.4. oder Ende am 30.4. und Kündigung zum 10.4.). Wichtig ist nur, dass bis 10.4. SV abgeführt wird.

      Schöne Grüße.

      1. Wichtig ist nur, dass bis 10.4. SV abgeführt wird.

        Hm. Ich weiß ja nicht, ob da ein Betriebsrat was absegnen muss, vermute aber nicht. Im Zweifelsfall gilt dann das "kein Kläger, kein Richter" - Prinzip. Die Arbeitsagentur, Rentenkasse, Krankenkasse ist nicht berufen, die vertraglichen Voraussetzungen von ordentlichen Lohnzahlungen zu prüfen, für welche Leistungen abgeführt wurden.

        Jörg Reinholz

        1. Wichtig ist nur, dass bis 10.4. SV abgeführt wird.

          Hm. Ich weiß ja nicht, ob da ein Betriebsrat was absegnen muss, vermute aber nicht. Im Zweifelsfall gilt dann das "kein Kläger, kein Richter" - Prinzip. Die Arbeitsagentur, Rentenkasse, Krankenkasse ist nicht berufen, die vertraglichen Voraussetzungen von ordentlichen Lohnzahlungen zu prüfen, für welche Leistungen abgeführt wurden.

          Das ist der Knackpunkt, danke für Deinen Hinweis. Entscheidend für eine Leistungsbewilligung über die Agentur ist, dass über 360 Tage Leistungen zur SV abgeführt worden sind. Zu dumm, dass sich zum 31.3. nur 357 Tage ergeben (über 2 Arbeitsverträge in den letzten 2 Jahren). Also, ich denke, dass eine Veränderung des Arbeitsvertrages die einzige Möglichkeit ist. Die Änderung des Arbeitsvertrages erfolgt überdies innerhalb der Probezeit und wenn der Arbeitnehmer unterschreibt, läuft der Arbeitgeber auch nicht in Gefahr, dass eine Klage kommt.

          Schöne Grüße.

          1. Also, ich denke, dass eine Veränderung des Arbeitsvertrages die einzige Möglichkeit ist.

            Nö. Es reicht völlig aus, wenn die Leistungen abgeführt werden. Wie gesagt findet es nicht statt, dass die vertraglichen Voraussetzungen durch die Kassen geprüft werden.

            Im Ernstfall: Dir geht's doch nicht immer so gut, Du neigst doch zu Depressionen. Lass Dich also endlich krank schreiben und goutiere an den Segnungen der teutogermanischen Chemieindustrie. Dann ist der Arbeitgeber für 6 Wochen zur Lohnfortzahlung auch nach der Kündigung verpflichtet. Das beinhaltet auch die Pflicht, Sozialbeiträge abzuführen.

            Anonymous

            1. Liebe Mitdenker, liebe Wissende, liebe Neugierige,

              ja!

              Nö. Es reicht völlig aus, wenn die Leistungen abgeführt werden. Wie gesagt findet es nicht statt, dass die vertraglichen Voraussetzungen durch die Kassen geprüft werden.

              Im Ernstfall: Dir geht's doch nicht immer so gut, Du neigst doch zu Depressionen. Lass Dich also endlich krank schreiben und goutiere an den Segnungen der teutogermanischen Chemieindustrie. Dann ist der Arbeitgeber für 6 Wochen zur Lohnfortzahlung auch nach der Kündigung verpflichtet. Das beinhaltet auch die Pflicht, Sozialbeiträge abzuführen.

              Stimmt, ich habe bei Hotti in der letzten Zeit auch den Eindruck von starken Depessionen gehabt. Der kriegt einfach nix mehr auf die Reihe und hat jeglichen Antrieb verloren.

              Das ist ein Fall für eine ambulante Therapie. Die kann dann sogar mal drei Monate und länger dauern. Sechs wochen lang muss der AG noch Lohnfortzahlung leisten, dann kommt die Krankenkasse und zahlt - bis zur Untersuchung durch den Medizinischen Dienst. Aber so schlecht, wie es Hotti geht, wird er die auch noch überstehen und eine Kur erhalten. Die muss er aber vermutlich dringend bei der LVA oder BVA beantragen.

              Danach hat er die 2,5 Jahre voll und ist wieder fit, wie Turnschuh - oder auch nicht.

              Spirituelle Grüße Euer Robert

              --
              Möge der Forumsgeist wiederbelebt werden!
            2. Also, ich denke, dass eine Veränderung des Arbeitsvertrages die einzige Möglichkeit ist.

              Nö. Es reicht völlig aus, wenn die Leistungen abgeführt werden. Wie gesagt findet es nicht statt, dass die vertraglichen Voraussetzungen durch die Kassen geprüft werden.

              Danke für den anonymen Hinweis. In diesem speziellen Fall ist eine Vertragsänderung auch im Interesse des Arbeitgebers und es gibt eindeutige Signale dafür, dass ein friedfertiges Auseinandergehen angestrebt wird. Ansonsten droht dem Arbeitgeber eine Klage, das weiß der ganz genau und der weiß auch, dass er sowas mit einer Vertragsänderung abwenden kann.

              Im Ernstfall: Dir geht's doch nicht immer so gut, Du neigst doch zu Depressionen.

              Schon immer, seit Ende meiner Kindheit. Aber in diesem speziellen Fall geht es nicht um mich. Z.Z. bin ich jedoch dabei, meine eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. Unter Anderem gehört dieses Haus

              http://home.arcor.de/keksamleben/mathiaspage/img/wifo3.jpg

              auch dazu, dort verbrachte ich im Jahr 1977 eine Woche nach einer Sportverletzung. Zu dieser Zeit war das Objekt ein Med. Punkt der Grenztruppen der DDR (NVA). Dem Haus ist es anzusehen, dass es in den 30ern gebaut wurde, es war das Verwaltungsgebäude eines Tanklagers der Wehrmacht (das wusste ich damals nicht). Das Haus sieht düster aus, aber die Umgebung dort ist außerordentlich schön. Ich habe mir fest vorgenommen, da mal wieder hinzufahren, das Haus steht noch und wenn ich mich recht erinnere, hatte ich das Zimmerchen ganz oben mit dem kleinen Fenster dicht über dem Boden und schrägen Wänden auf beiden Seiten.

              Schöne Grüße.

              --
              Heute kocht Sarah Wiener, morgen Kartoffeln und übermorgen wird gelafert.
              1. Zu dieser Zeit war das Objekt ein Med. Punkt der Grenztruppen der DDR (NVA).

                Ich bin ja sowas von froh, dass man zu meiner Zeit (88, also Jahre später) unter dem Vormachen irgend welcher unbedeutender Vorteile gefragt wurde, ob man denn "bereit wäre, den Dienst als Soldat der heroischen Grenztruppen der Täteretä am antifaschistischen Schutzwall..." - "Was soll ich? Mitten im Frieden auf unbewaffnete DDR-Bürger schießen? Nö. Will ich nicht! Mach ich nicht!" - "Issjagut. War ja nur ne Frage die wir jedem stellen müssen."

                Die hätten sowieso die Grenze lieber unbewacht gelassen als ausgerechnet mich als Wegweiser dahin zu stellen...

                Anonymous 0815

                1. Zu dieser Zeit war das Objekt ein Med. Punkt der Grenztruppen der DDR (NVA).

                  Ich bin ja sowas von froh, dass man zu meiner Zeit (88, also Jahre später) unter dem Vormachen irgend welcher unbedeutender Vorteile gefragt wurde, ob man denn "bereit wäre, den Dienst als Soldat der heroischen Grenztruppen der Täteretä am antifaschistischen Schutzwall..." - "Was soll ich? Mitten im Frieden auf unbewaffnete DDR-Bürger schießen? Nö. Will ich nicht! Mach ich nicht!" - "Issjagut. War ja nur ne Frage die wir jedem stellen müssen."

                  Mich hahmse reingelegt. Als technisch Interessierter wurde ich gemustert für Funkmesstechnik, aber als es ein Jahr später soweit war hieß es: Bedaure, aber sie müssen zur Grenze.

                  Die hätten sowieso die Grenze lieber unbewacht gelassen als ausgerechnet mich als Wegweiser dahin zu stellen...

                  Die Stasi hat so gut gearbeitet, dass die meisten Festnahmen im Hinterland erfolgten. Vorn am Strich kamen also nur noch welche an, die sich richtig auskannten. Ein Fall aus dem Jahr 1976/Herbst: In Böseckendorf war Parteiversammlung und 300m weiter an der Grenze war gerade Wachablösung, der nächstliegende Posten war praktisch blind. Ein Einwohner von Böseckendorf nutzte die Gelegenheit, lief mit einer präparierten Leiter zum Zaun und war wenige Minuten später auf der anderen Seite. Da an diesem Abend gerade Parteiversammlung im Dorf war, hat unser Kompaniechef besonders wild getobt, als der Durchbruch bemerkt wurde. Der Flüchtige hat sehr viel Mut bewiesen, denn am Zaun befanden sich die SM70-Minen. Die Leiter war so präpariert, dass die Auslösedrähte nicht berührt wurden, so konnte er unbeschadet den Zaun überwinden.

                  Im selben Jahr gab es einen Todesfall im gleichen Abschnitt, der Flüchtige ist nahe der nachts beleuchteten Grenzübergangsstelle in die Sperre gelaufen, hat zwei Minen ausgelöst und ist auf dem Weg ins Krankenhaus verblutet. Ein Jahr später, 1977 gab es eine Festnahme auch im selben Abschnitt, gottseidank ohne Verletzte oder Tote, der Flüchtige war selbst ein Grenzsoldat. Als die Festnahme erfolgte, war ich Diensthabender im Abschnitt, der Regimentskommandeur hat sich persönlich bei mir bedankt, dass es keinen Toten gab wie im Jahr vorher. Tatsächlich war es gar keine echte Festnahme, denn der flüchtige Soldat hatte sich freiwillig gestellt, nachdem er das erste Tageslicht abgewartet hat. Das war auch gut so, wer weiß, was des Nachts passiert wäre. Suchaktionen wurden bei Dunkelheit generell nicht durchgeführt.

                  Das sind die drei Fälle, die es zu meiner Zeit im Abschnitt gab, der sich über 100 km erstreckte vom Heiligenstadt bis in den Harz hinein.

                  Von den Grenzern gefürchtet war der Abschnitt in unmittelbarer Nähe der Grenzübergangsstelle Worbis (Duderstadt), weil das eben nachts so gut beleuchtet war. Es gab weiter nördlich in Richtung Südharz Abschnitte, die waren über weite Strecken unbewacht, das war auch tagsüber etwas gruselig. Bei einem Kontrollgang in diesem Abschnitt sah ich mich einmal unvermittelt einem Angehörigen vom Grenzzolldienst (GZD) gegenüberstehen, keine Ahnung, wo der so plötzlich herkam. Ich war so erschrocken, dass ich "Guten Tag" sagte, obwohl das Ansprechen jenseitiger Personen und insbesondere bewaffneter Organe (BGS, GZD) streng verboten war. Eigentlich hätten wir uns die Hand reichen sollen.

                  Selbst abhauen, ja der Gedanke war da. Allerdings bestand ein Grenzposten immer aus zwei Personen und niemand wusste von dem Anderen, was der gerade denkt. Wahrscheinlich ein Versehen war es, dass mir einmal ein Posten zugeteilt wurde, der aus meinem nachbarlichen Heimatort stammte, praktisch ein Schulfreund. Wir haben in dieser Frühschicht ganz offen darüber geredet, immerhin hatten wir ein Fahrzeug (Robur LO) aber es gab einen KFZ-Sperrgraben. Wenn der Graben nicht gewesen wäre, wir hätten rückwärts an die SM70 ranfahren können und hätten so eine Gasse freigesprengt. Damals wusste ich nicht, dass gerade in diesem Abschnitt auch Landminen lagen, das habe ich im Jahr 2009 von einem Landwirt aus Duderstadt erfahren. Wer weiß, was da heute noch unter der Erde liegt und gut, dass wir den Fluchtplan nicht umgesetzt haben.

                  Wer abhauen wollte, musste sich darüber im Klaren sein, dass er seine Angehörigen nie wieder sieht. Und das wollte ich meinem Vater (gest. 1998) niemals antun.

                  Schöne Grüße.

                  1. Mich hahmse reingelegt. ... Bedaure, aber sie müssen zur Grenze.

                    Den Gund hast Du genannt:

                    Die Stasi hat so gut gearbeitet

                    Es konnte durchaus von Vorteil sein wenn man als "latent aufsässig" galt.

                    Anonymous 0815

                    1. Mich hahmse reingelegt. ... Bedaure, aber sie müssen zur Grenze.

                      Den Gund hast Du genannt:

                      Die Stasi hat so gut gearbeitet

                      Es konnte durchaus von Vorteil sein wenn man als "latent aufsässig" galt.

                      Bespitzelungen haben grundsätzlich immer irgendwelche Folgen für die Betroffenen. So habe ich meine Absicht, die DDR verlassen zu wollen, Ende der 80er offiziell gemacht und ein Renter in Parterre musste regelmäßig Bericht erstatten über mein Familienleben. Der Rentner, nennen wir ihn Fritz, hat mir das kurz vor seinem Tod erzählt und auch das, was er berichtet hat:

                      Wir würden regelmäßig zu unserer Gartenlaube (Datsche) fahren, weil wir Trinkwasserkanister dabei hatten. Leider war das schlecht beobachtet und demzufolge auch die Schlussfolgerung, dass wir ein Gartengrundstück hätten falsch. Denn: Immer wenn wir wegwärts gingen, waren die Kanister leer und wenn wir von unserer Quelle aus dem Wald wieder kamen, waren die Kanister voll. Bei Jemanden, der eine Datsche hat, ist das genau umgekehrt. Tja, lieber Fritz, falsch beobachtet, aber es sei Dir verziehen ;)

                      Ein anderer Fall bei der NVA: Gefreiter X. hört Westradio und Leuntnant S. hatte Dienst. Ein unbekannter Spitzel schreibt das in sein Notizbuch und: Die Folgen hatte Leutnant S. zu tragen, kurz darauf hatte S. ein schwieriges Gespräch mit Einheit 2000. Diesen Fall habe ich hier in einer anderen Form prosaisch verarbeitet ;)

                      MfG

                      1. Leutnant S. zu tragen, kurz darauf hatte S. ein schwieriges Gespräch mit Einheit 2000. Diesen Fall habe ich hier in einer anderen Form prosaisch verarbeitet ;)

                        Ja. UvD hab ich auch gesessen. Völlig entgegen der Dienstvorschrift, denn ich war nicht mal Gefreiter (und wurde auch nie befördert, warum zeigt sich gleich). Ich hatte kein Zimmer, sondern einen Schreibtisch in einer Nische im Gang. Am Platz ein Schrank mit allen Dienstvorschriften, die ich natürlich besonders aufmerksam gelesen habe. Man hat viel Zeit wenn man den GuVD regelwidrig nachts durchschlafen lässt, damit man selbst am Tag seine Ruhe hat... Und dann war da noch dieses Alarmgerät, bei dem man bei Probealarmen eine Bestätigungstaste zu drücken hatte um dann beim GOvD anzurufen, dass der Alarm empfangen wurde. Ok.

                        Es war an einem Samstag im zweiten Diensthalbjahr.

                        Ich hatte mal wieder die Binde und das also das Bewusstsein, "der Gang ist meiner!". Ich war insoweit GERN UvD.

                        Allerdings waren die Buckel (Offiziere) noch da und ich hatte keinen Bock denen zu begegnen, hab mich eigentlich nur mit einem von denen verstanden: dem "Kommandeur Technik" der im Gegenzug dazu, dass ich völlig illegal auch die Fahrzeugelektrik der Artillerieabteilung machte (der formale Fahrzeugelektriker war im Beruf "Elektromontierer", das ist ein "Blindenberuf"), dafür sorgte, dass ich ebenso völlig illegal im Sommer auch mal tagsüber ins Freibad kam. Für mich eine gute Übereinkunft.

                        Wie auch immer, ich begab mich also wegen der auch am Samtag anwesenden Buckelschaft mit dem "Neuen Deutschland" (vom Umfang her vergleichbar mit der "Süddeutschen") auf das Scheißhaus zum lesen. Es war für NVA-Verhältnisse ein Super-Scheißhaus, hat nicht gestunken, alles war neu und sauber. Ich dachte mir, soll doch der Frische, der "Gufti" den Grüßaugust für Buckels machen. Wie auch immer: Ich sitze also im Unterhemd, die Armbinde unter den Hostenträger geklemmt auf dem Klodeckel und lerne gerade die Kleinanzeigen auswendig, da geht das Scheiß-Alarmgerät los.

                        Und nicht nach 3 Sekunden aus. Auch nicht nach 20 Sekunden. Mürrisch erhebe ich mich, gehe raus zum Alarngerät und drücke die Taste. Ruhe. Sage dem Frischen noch, "Siehste, so geht das!" und verdrücke mich wieder aufs Scheißhaus.

                        20 Minuten später

                        Ich zereumele mich gerade über das "Täteretä" im Leitartikel. Auf dem Gang schreit jemand. Das geht jetzt aber gar nicht, denn das ist MEIN Gang! Außerhalb ganz begründeter Ausnahmefälle hat man den Wunsch, jemanden anzuschreien, also mir vorzutragen und ICH mache das dann. Kann ja nicht sein, dass die Dienstvorschriften einfach so ignoriert werden.

                        Also wieder hoch, ich muss für MEINE Rechte in MEINEM Machtbereich sorgen.

                        Wer steht da in MEINEM Gang und brüllt MEINEN Gufti ("Gehilfe des Unteroffizier vom Dienst") an? Oberleutnant Grosch! Der, der soviel Tage hat, dass er die nicht zählen kann und ich die gar nicht erst zählen will. Einer, den man (Dienstvorschrift hin oder her) ab dem zweiten Diensthalbjahr (ich ab der zweiten Hälfte des ersten Diensthalbjahrs) nicht grüßt, wenn der nicht zuerst grüßt, was er besser lässt. Was fällt DEM ein, auf MEINEM Gang MEINEN Gufti (praktisch MEIN Sklave!) anzubrüllen? Das hat es doch überhaupt nicht! Der hat sich gefälligst an MICH zu wenden, denn jetzt bin ICH ja da! Ich stelle mich also daneben und bekomme mit: Das war kein Probealarm, wir sollten ausrücken. Ach ja. Da hätte aber das Alarmscheißding nicht ausgehen dürfen als ich die Taste drückte. Und angerufen hatte mein Gufti also auch nicht. Ich unterbreche das Geschreie und frage meinen Gufti, ob er denn jemals belehrt worden sei, was er zu tun habe, wenn das Alarmscheißding losgeht? "Nein." Zweite  Frage: Ob er denn jemals unterschrieben habe, dass er darüber belehrt worden sei, was er überhaupt als GUvD zu tun und zu lassen habe? "Nein."

                        "Dann fragen Sie doch mal den Genosse Oberleutnant, was er eigentlich von Ihnen will!"

                        Oberleutnant Grosch brüllt mich jetzt an. Was das denn werden soll wenn es fertig ist?  ETWA Insubordination? "Das ist MEIN Gufti, der ist im ersten Diensthalbjahr und als derjenige, der länger dabei ist habe ich die Pflicht und also das Recht ihn in Fragen der Dienstvorschriften und der Disziplin zu unterstützen, Genosse Oberleutnant, das können Sie gerne in den allgemeinen Dienstvorschriften nachlesen. Sie schreien MEINEN Gufti in MEINEM Gang zu Unrecht an, weil er nie darüber belehrt wurde, was er zu tun hat! Ich übrigens auch nicht." (Ich wusste SEHR genau, dass der letzte Eintrag über eine Belehrung im Dienstbuch ca. 3 Jahre alt war...)

                        Folgen:

                        Der Stab der Artillerabteilung des 24. Mot. Schützenregiments der 4. Division der glorreichen Nationalen Volksarmee stand mit laufenden Motoren und 60 minütiger Verspätung an Alarmtor (weiter ging es nicht). Der Vorgang wurde vertuscht und ich (obwohl formal nie bestraft) niemals Gefreiter. Zwei Wochen lang wurden UvD und GUvD belehrt und "vergattert". Den Dienst als UvD stand ich natürlich weiterhin, was eigentlich nur "in Ausnahmefällen die besten Gefreiten" durften. Ich wurde, wann immer es ging, irgendwohin delegiert, was die (gewiss nicht beabsichtigte) Folge hatte, dass ich fast jedes Wochenende zu Hause war. Im Hinblick darauf, dass der Grundwehrdienst sowas wie "Knast ohne Urteil" war und viele nur 2 mal/Diensthalbjahr nach Hause kamen, im Ergebnis ein ungeheurer Vorteil. Auf die 30 Ostmark, die ein Gefreiter mehr bekam, konnte ich scheißen. Meinen letzten, mir formell zustehnden Urlaubstag habe ich übrigens in der Woche vor der Entlassung durchgesetzt: Von Montag 17:00 bis Mittwoch 07:00 Uhr. Donnerstag um 11:00 war Entlassung.

                        Aber das mit dem Urlaubstag ist eine ganz andere Geschichte.

                        Anonymous 0815

                        1. hi,

                          Der Stab der Artillerabteilung des 24. Mot. Schützenregiments der 4. Division der glorreichen Nationalen Volksarmee stand mit laufenden Motoren und 60 minütiger Verspätung an Alarmtor (weiter ging es nicht).

                          Köstlich!!! Hast Du noch mehr davon, schreibs auf. Sowas lese ich gerne ;)

                          Die 4. MSD, ja, die kenne ich auch, der Stab war in EF, ich hab damals in EF gewohnt und musste 1986 lang meinen Reservistendienst da ableisten. Das war im Vergleich zu meinem damaligen Job sowas wie ein Erholungsurlaub für sage und schreibe 6 Wochen. Für ein paar Tage gings ab nach BaSa, da wurde ich eingesetzt zur Kontrolle im Bereich Finanzen. Dort hat mich jeder mit Du angequatscht und als Gegenleistung hab ich die auch alle mit Du angeredet. Mein Chef (Osl. S.) hat mich zum Mittagessen einmal in den Speisesaal der Führungskräfte mitgenommen, aber die Herren dort hatten zuviele Pickel auf den Schultern, das war mir einfach ziviel Buckelei. Ich habs dann vorgezogen, mein Essen im großen Speisesaal der Mannschaften einzunehmen und als Resi mit 30 war ich da wer ;)

                          Nach Feierabend in BaSa tauschte ich die Uniform in Zivil und konnte machen, was ich wollte, z.B. meinen Schulfreund Bernd besuchen, der zu dieser Zeit Oberleutnant war. Über eine Position als Zugführer ist Bernd nie hinausgekommen und leider viel zu früh gestorben. Er war viel zu sehr Mensch und eben kein Schwein wie die Anderen. Wenn ich als Resi nicht gerade in BaSa war, habe ich zuhause übernachtet und konnte ganz normal in die Kneipe gehen ;)

                          Übrigens: Als ich 1975 zur Grenze gezogen wurde, hieß es, dass es da keine Reservisten gibt. Kaum war ich dort, gabs die Ersten und 11 Jahre später war ich selbst an der Reihe. Was an der Grenze nicht so krass war: die EK-Bewegung, denn es gab nur 2 Diensthalbjahre. Den Anschnitt 78/II (Bandmaß) hat der UvD (Grenzkompanie Mackenrode) gepfiffen, alle EKs standen bereit auf ihren Hockern, die Vizes knieten davor und der Anschnitt ging dermaßen einheitlich (militärisch) vonstatten, dass es den Alten total verblüfft hat: Ein Pfiff, ein Knall, ein Freudenschrei ;)

                          Schöne Grüße.

                          1. Köstlich!!! Hast Du noch mehr davon, schreibs auf. Sowas lese ich gerne ;)

                            O.k:

                            Ich war auch BA-Kammer-Bulle. Formell hatten wir einen Spieß, der war aber an Nierenkrebs erkrankt und fiel deswegen auf Dauer aus. Mein persönlicher Unteroffizier rückte informell auf den Posten auf, hatte sogar eine Petschaft (das ist eine Art Dienstsiegel und spielt in einer anderen Geschichte eine Rolle). Ich bekam - also Soldat - die Schlüssel zur BA-Kammer in die Hand gedrückt.

                            Was einige Monate später zu der Frage führte, weshalb eigentlich ein Soldat mit Offizierstiefeln herumläuft. "Die Größe, Genosse Hauptmann, in der zentralen BA-Kammer gab es bloß noch dieses Paar in meiner Größe. Ich kann aber auch gern in Turnschu" ... "Haun Sie ab! Wegtreten!"

                            In der BA-Kammer hab ich auch geschlafen wenn ich nachts, als Soldat, UVD "stand". Nicht direkt drin, aber eine halb durch die Tür gezogene Matraze hat gereicht. Den Weckdienst für mich mussten die Jungs von den Batterien, also in den Stockwerken unter mir machen. Die waren ja auch für meinen Haarschnitt verantwortlich und beim Friseur gibts "Haare ab" und Gerüchte dazu - deren Wohl und Wehe lag irgendwie auch in meinem Auge und Ohr, was die kleine Dienstleistung des Weckens rechtfertigte. Die Laufzettel des GOvD und der Feuerwache wurden 0:00 auch für jede folgende Stunde unterschrieben. Schlimm war es, wenn der GOvD ein Frischer Leutnant war, dem man als Soldat erst beibringen musste, dass Nachtschlaf wertvoll ist.

                            Wie auch immer: In der BA-Kammer lag ein Offiziersschlafsack. Ein ostzonales Bewusstsein weiß, dass dieser ein wertvolles, im freien Verkauf nicht erhältliches Stück darstellte, dessen praktischer Wert z.B. bei Gebirgswanderungen nicht zu unterschätzen war. Etwas, was man haben musste, wenn man sich endlich mal etwas ausgedehnter in der freien Natur bewegen wollte, was man beim Miltärdienst auch aus sportlichen Gründen tunlichts vermied, denn sich erfolgreich vor Übungen zu drücken erhöhte das Ansehen. Jedenfalls in relevanten Kreisen. Heute gibts solche Mumien in allen denkbaren Qualitäten beim Lidl, im Baumarkt oder, die hoffentlich besseren, im Sportfachgeschäft.

                            An einem dieser Tage kam also von meinem Stabschef (der der Artillerieabteilung des 24. mot. Schützenregiments der 4. Division der glorreichen Nationalen Volksarmee der Täteretä) ein Befehl: "Es kommt eine Kontrolle aus Berlin. Bis Freitag BA-Kammer überprüfen, alles Überzählige muss weg, was fehlt durch Tauschen ersetzen, soweit das nicht geht, Verlustliste einreichen. Kümmern Sie sich. Ich will nicht alles wissen, aber das Bestandsbuch muss am Freitag stimmen!"

                            Muhahahaha. Viel Arbeit.

                            Mehr als 40 Schwarzdecken (weiß der Teufel auf welcher Verlustliste die dann standen) landeten in meinem Auto. Das war ein UAS-Jeep mit einem Kleinbusgehäuse.  Und die Soldaten des Stabs haben nie wieder auf einer Übung gefroren...

                            Unterwäsche und Uniformteile wurden auf der informellen Konferenz der BA-Kammer-Bullen passend getauscht, was mir (heute würde man das "Geber-Land" nennen) bei den Spießen (Feldwebeln) fremder Abteilungen ein gutes Ansehen verschaffte. Die Zahl der Funkgeräte und solchem technischer Kram haben merkwürdigerweise genau gestimmt.

                            Aber der Schlafsack?

                            Den wegzugeben ging gar nicht. Behalten ging formell auch nicht und während der Übung plötzlich als Soldat einen Offizierschlafsack zu haben hätte auch praktisch bei den unteren Dienstgraden (wie Feldwebeln und so...) für unfassbaren Neid gesorgt - wobei ich ja doch, wenn ich die Teilnahme nicht vermeiden konnte, immer im Auto schlief. Was natürlich ebenso verboten war.

                            Aber es gab ja die Post. Also hab ich den sachlich und ideologisch wertvollen, bezahlbaren, aber nicht erhältlichen Schlafsack nach Hause geschickt. Inhaltsangabe: "Wäsche". Das passt und ist auch beim Röntgen plausibel.

                            Rund 2 Monate später kam mein Stabschef und wollte, für eine Übung, seinen Schlafsack aus der BA Kammer. "Was für ein Schlafsack?" Den Offizierschlafsack, den er in der BA-Kammer eingelagert habe - oder gibts davon etwa ein Dutzend? Ich hab ihn daran erinnert, dass ER mir PERSÖNLICH befohlen hatte, ALLES, was nicht im Bestandsbuch steht, auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen.

                            Und den Befehl habe ich, Genosse Major, pflichtgemäß ohne Nachzudenken ausgeführt!

                            Anonymous 0815

                            1. hi,

                              ... Und die Soldaten des Stabs haben nie wieder auf einer Übung gefroren...

                              Kurze Story von der Grenze: Die Winter waren hart. Bei -15°C irgendwo zu sitzen, das friert auch durch die Watte-Uniform, die Filzstiefel und die Bärenfotze (fellartige Kopfbedeckung) plus Omma (Gestrickter Wollschlauch zum Überziehen) hilft da auch nicht viel.

                              Im Grenzgebiet lagen noch einige Strohbündel rum, und ein mitdenkender Uffz. aus der 5. Kompanie hat die bei der Ablösung eingesammelt. Die hat er dann nach der Ablösung an die Posten verteilt. Irgendwie Clever, das Stroh wäre sowieso gehächselt worden.

                              Die Story mit dem dampfenden Misthaufen erzähle ich später... nur kurz: Die Genossen hatten eine warme Nacht aber stanken wie die Wiedehopfe. Ob die nur auf dem Haufen gesessen oder sich eingegraben hatten, ist nicht überliefert. Jeder hatte seine Geheimnisse ;)

                              Rund 2 Monate später kam mein Stabschef und wollte, für eine Übung, seinen Schlafsack aus der BA Kammer. "Was für ein Schlafsack?" Den Offizierschlafsack, den er in der BA-Kammer eingelagert habe - oder gibts davon etwa ein Dutzend? Ich hab ihn daran erinnert, dass ER mir PERSÖNLICH befohlen hatte, ALLES, was nicht im Bestandsbuch steht, auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen.

                              Und den Befehl habe ich, Genosse Major, pflichtgemäß ohne Nachzudenken ausgeführt!

                              Erstklassig!!!11 Wegtreten ;)

                              Schöne Grüße.

                              PS: Ahja, die Dienstvorschriften. Fachliche Kompetenz war wichtig fürs Überleben. Ich kannte auch jede Vorschrift und zwar ziemlich genau ;)

  2. Liebe Mitdenker, liebe Wissende, liebe Neugierige,

    ja!

    Wäre es nicht besser, die freiwillige "Lohnfortzahlung" als Prämie auszuzahlen? Anderenfalls würde ja ein neues Arbeitsverhältnis begründet werden.

    Prämien bei Ausscheiden sind außerdem bis zu einem gewissen Betrag sowohl steuerfrei als auch sozialversicherungsfrei und betreffen auch nicht eventuell nachfolgende Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung. Das sollte Dein Arbeitgeber aber mal ganz schnell seinen Steuerberater fragen. Es ändert sich da ja dauernd 'was.

    Spirituelle Grüße Euer Robert

    --
    Möge der Forumsgeist wiederbelebt werden!