Wolle: Welchen Sinn macht ein freies Presseportal?

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Bei der gigantischen Menge an Pressemitteilungen ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Redakteur die Pressemitteilung, die man veröffentlicht hat, aufgreift.

Pressemitteilungen werden eigentlich nicht veröffentlicht, sondern an die Presse gesendet.

Da steckt dann auch schon der Konstruktionsfehler dieser Presseportale. Zu guter Pressearbeit (das ist das Schreiben von Pressemitteilungen, nicht die Arbeit der Presse) gehört unabdingbar, dass die Pressemitteilung gezielt an vermutlich interessierte Redaktionen gesendet und nicht einfach auf den Haufen vorm nächsten Altpapiercontainer gekippt wird.

Allenfalls große Institutionen von öffentlichem Interesse, etwa die Polizei oder Regierungen, können es sich erlauben, ihre Mitteilungen auf einer eigenen Pinnwand zu veröffentlichen, weil davon auszugehen ist, dass die Presse von ganz alleine vorbeikommen wird.
Alle anderen, jedes kleine Unternehmen, jeder Verein muss selbst aktiv werden und seine Mitteilungen an die örtlich oder thematisch passende Redaktion schicken.

Wo ist dann der Nutzen [der Presseportale]?

Es gibt keinen. Den Scheiße-Erscheint-Oben-Kram lasse ich mal beseite, SEO ist eine Wissenschaft für sich, damit kenne ich mich nicht aus und es interessiert mich auch nicht. Aber was die in der Bezeichnung "Presseportal" genannte Presse angeht, tendiert der Nutzen von Presseportalen gegen Null.

Redaktionen, die sich an Presseportalen bedienen müssen, sind schlecht vernetzt. Diese Redaktionen bzw. deren Publikationen sind in den Augen der Pressemittelungsschreiber offenbar so irrelevant, dass sie die Mühe nicht wert waren, in die Presseverteiler aufgenommen zu werden.
Diese schlechte Vernetzung hat entsprechende Auswirkung auf die Publikation, mit entsprechender Folge auf die Breite der Öffentlichkeit, die die Publikation und letztlich die Pressemitteilung erreicht.

Auf Zeitungen zu verzichten und sich nur über Presseportale informieren zu wollen ist beinahe das Gleiche wie auf die Tagesschau zu verzichten und stattdessen das Werbefernsehen zu konsumieren.

OK, du setzt Presseportale mit dem Werbefernsehen gleich.

"Beinahe", schrieb ich.

Eigentlich sollte Google doch genauso schlau sein wie du und Presseportale mit Werbung gleich setzen

Alle Suchmaschinen haben seit jeher Probleme mit Beschiss, mal mehr, mal weniger massiv.

Man kann von Google halten, was man will, aber der technologische und wissenschaftliche Aufwand, um überhaupt halbwegs brauchbare Suchergebnisse auszuspucken, ist bemerkenswert. Dass bei Abermilliarden Seiten einige durch das Raster rutschen, erscheint mir, so gesehen, durchaus erwartbar.

Google als Wirtschaftsunternehmen wird sich auch nicht mehr Mühe geben als unbedingt notwendig, um solche manipulierenden Seiten auszusperren. Für Google ist die erste Ergebnisseite wichtig, da verkaufen die ihre Werbeanzeigen am teuersten. Ob sich irgendwo zwischen dem 20. und 40. Ergebnis jemand um zwei Positionen nach vorne schummelt, ist unerheblich - und mal ehrlich: Wann hast du das letzte Mal die Ergebnisse jenseits von 40 betrachtet? Kommt schon auf den ersten beiden Seiten nur Mist, ändert man doch eher die Stichworte der Suche, als darauf zu hoffen irgendwo hinten noch was zu finden.