Christian Kruse: Seid die ihr seid - auch hier!

Beitrag lesen

Hi,

Das ist vielleicht das eigentliche Problem: Immer aufmerksam zu
sein, ob jemand psychisch nicht stabil ist, ist nicht möglich,
jeder hat mal einen schlechten Tag und ist ein wenig
rücksichtslos.

Man kann immer versuchen nett, höflich und rücksichtsvoll zu sein.
Klar, manchmal verlangt das eine enorme Selbstdisziplin, aber
irgendwann hat man die so drin, daß das automatisch geht.

Ich denke, jeder muß auf sich selbst aufpassen und rechtzeitig
ein Gespräch suchen, wenn er allein nicht mehr klarkommt, denke
ich.

Das ist eine Einstellung, die mir ganz und gar nicht gefällt, nämlich
die, wie wir sie bei uns nennen, "Ellenbogen-Mentalität".
Warum sollen wir uns nicht um unsere Mitmenschen kümmern? Was soll
falsch daran sein?

Die Menschen sind einfach zu perfekt darin, ihre wahren Gefühle
und Motive zu verbergen; wie soll man also einen
Suizidgefährdeten erkennen?

Oh nein, es gibt keinen Menschen, der sich vollständig hinter einer
Maske verstecken kann.
Außerdem sind hier die "Symptome" (wenn man von Symptomen sprechen
kann) eindeutig: man wird melancholisch und depressiv und hängt nur
noch vor der Kiste bzw. verliert sich in seiner Scheinwelt.

Mir ist auch nichts intelligentes eingefallen, als meine
Grosstante im Krankenhaus lag und wir sie das letzte Mal gesehen
haben, und sie gesagt hat, dass sie glaubt, dass wir uns das
letzte Mal sehen, weil sie bald sterben würde. Sie hatte
natürlich recht, und alles wussten es. Ich hätte gerne etwas
Tröstendes gesagt - aber es gab nichts, was man hätte sagen
können, etwas Glaubhaftes.

Tut mir wirklich leid ,( sowas ist eine sch*** Situation, ich kenne
das selber ,(

Wenn die Suizidgefährdeten davon überzeugt sind, daß ihr Leben
verpfuscht ist, und sie aus ihrer Sicht Recht haben, weil sie
ihre eigenen Ansprüche nicht erfüllt haben, weil sie mit 30 noch
keinen Porsche hatten etc... - was soll man da sagen?

Die Gründe sind viel tiefer reichend. Glaubst du etwa, man bringt
sich um, weil man sein Lebensziel noch nicht erreicht hat?
Nene, die Gründe liegen tiefer als man denkt.

Es gibt nichts. Nur eine innere positive Einstellung nach dem
Motto "das Glas ist halb voll, nicht halb leer" kann so jemanden
retten - und die kann einem niemand einreden, sie muss von innen
herauskommen.

Ganz genau. Wie schon gesagt, man muß an den "Kleinigkeiten"
festhalten, das sei einem einen Grund geben, weiterzuleben. Dazu
gehört überigens auch, Bio, daß man seinem Mitmenschen gegenüber
freundlich ist und sie eben _nicht_ sich selbst überläßt.
Ein freundliches Wort zur rechten Zeit kann Wunder wirken.

Was mir oft schon aufgefallen ist und hier gut herpasst, wenn
auch etwas salopp ausgedrückt: Leute die diesen Gedanken noch
nie gesponnen haben sprechen das Wort "Selbstmord" aus, als
wollten sie "Butterkeks" (oder was auch immer) sagen.
Jedenfalls scheinen sie sich nichts dabei zu denken. Ist das
sonst auch schon jemandem aufgefallen ??
Hmm... sollte Selbstmord immer mit einer theatralischen
Satzmelodie verknuepft ausgesprochen werden muessen? Ich finde es
ganz normal, ganz normal über Selbstmord zu reden - es nutzt
keinem, daß Thema zu tabuisieren oder das Wort mit irgendeinem
Hauch des Besonderen zu bedecken.

Was Bernhard meinte, ist vielmehr die Gleichgültigkeit oder
Oberflächlichkeit gegenüber solchen Themen. Natürlich sollte man
das Thema nicht tabuisieren, aber man sollte auch mit einer gewissen
Ernsthaftigkeit an das Thema 'rangehen.

Übrigens: Dürfen von der kirchlichen Seite Selbstmörder
eigentlich schon offiziell begraben werden.
Ist das wichtig? Glaubst Du an Gott?

Für dich mag das vielleicht nicht wichtig sein, aber für andere
(z. B. für mich) _ist_ es wichtig. (ja, sie dürfen offiziell
begraben werden)

mfg
CK1