Stefan Muenz: Seid die ihr seid - auch hier!

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Hallo Alexander,

Erst bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass alle "Persönlichkeiten"
es erst soweit gebracht haben, weil sie nicht mit dem Mainstream
gerannt sind, weil sie sich den Luxus erlaubt haben, Individuen zu
sein und als solche gelebt haben (und natürlich auch leben :-)

Das ist richtig - nur wer nicht mitschwimmt, hat die Chance, herausgehoben zu werden. Aber es gibt leider auch welche, die krampfhaft versuchen "anders" zu sein, obwohl sie gar kein Konzept und nichts wirklich anderes zu sagen haben. Man erkennt diese Art aufgesetztes Anderssein normalerweise daran, dass Aeusserlichkeiten betont werden - Klamotten, Habitus usw.

Ich denke, man muss schon über ein gewisses Rückgrat verfügen und
sich seines (menschlichen!) Wertes bewusst sein, um hier wie IRL
"überleben" zu können. Ein etwas dickeres Fell gehört dazu.

Durchaus! Es ist nur so, dass es an solchen "virtuellen" Orten (ich hab das Wort absichtlich in "..." gesetzt, denn es ist meiner Ansicht nach ein Unwort in diesem Zusammenhang) leichter ist, sich zu verstellen. Wobei das Verstellen an sich noch nichts Schlimmes ist. Schlimm ist es nur, wenn es fuer den der sich verstellt, ein verhaengnisvolles Verhalten darstellt.

Andererseits kann diese Anonymität auch Chancen bieten, sein Selbstbewusstsein "aufzubessern": Wer hier angenommen wird, wer sich integriert fühlt, wer hier nicht angefeindet wird, lernt vielleicht, dass seine Mitmenschen, die auf ihm rumhacken, doch nicht Recht haben können - oder aus ganz anderen, strategischen (und absolut verwerflichen) Gründen agieren, um einen Menschen klein zu halten.

Ja - man kann die Moeglichkeiten auch produktiv nutzen. Eigentlich beruht der ganze Erfolg des Internets darauf, dass Leute dessen produktiven Nutzen erkannt haben. Aber was fuer die einen produktiv ist, ist fuer die anderen kontraproduktiv. Je nachdem, welches Fell sie haben - wie du treffend bemerkst. Ich versuchs mal so zu sagen: diese Art von vermehrter Kommunikation, die das Internet ermoeglicht, verschaerft den Graben zwischen den kommunikationsfaehigen Menschen und jenen, die es nicht sind. Denn die Kommunikationsfaehigen profitieren davon, und die anderen reiten sich in ein boeses Dilemma hinein, weil sie zwar scheinbar auch mehr Kontakt haben als sonst, aber in diesem Schein bleiben und nicht herauskommen, weil sie sich verstellen und letztlich nicht ans echte Licht trauen.

viele Gruesse
  Stefan Muenz