Kirsten Evers: Wie viel deutsche Einheit schafft eigentlich das Internet?

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Hallo Stefan,

»»...einen Thread der anderen Sorte anzuzetteln. Einer von der Sorte, die dieses Forum zu mehr gemacht haben als einem Plauderort fuer Techies ;-)

Du glaubst gar nicht, wie wohl das tut :-)

Ohne jetzt auf deine einzelnen Statements einzugehen, einfach nal ein paar Gedanken und Erinnerungen von mir dazu:

1989 wurde in der Kirche einer benachbarten Gemeinde meines Heimatortes das Weihnachtsoratorium von J.S. Bach aufgeführt. Der Organist und Kantor dort war sehr ehrgeizig und medienwirksam und für seine guten Konzerte bekannt. Ich durfte in dem Konzert den Solo-Sopran singen. Er engagierte kurzerhand für sein WO (Abk.f. Weihnachtsoratorium) die Schweriner Philharmoniker. Deswegen fand die Generalprobe zu dem Konzert in der Rellinger Kirche in Schleswig Holstein auch im Schweriner Schloss in Mecklenburg Vorpommern statt.

Ich dachte damals: "Wow, toll, endlich darf ich mal mit richtigen Profies zusammenarbeiten!" Die Schweriner Philharmoniker machten das jedoch nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil ihnen das Wasser bis zum Hals stand und sie um's Überleben kämpften. Sie waren, wie viele Orchester in der ehemaligen DDR zu diesem Zeitpunkt, kurz vor der Wegrationalisierung. Ob es sie heute noch gibt, weiss ich nicht. Fest steht, dass es saugute Musiker im Osten gab und gibt, denen die Wessies nicht das Wasser reichen konnten. Und ich kenne auch den Neid von westlichen angehenden Musikern, die keine Stelle bekamen, weil diese sauguten östlchen Musiker ihnen den Rang abliefen.

Einige Zeit später, Herbst 1990, organisierte o.g. Organist ein Kirchenkonzert in Carlow, einem kleinen Dorf in Mecklenburg-Vorpommern, wo ich auch mal wieder als Sopran fungiert hatte. Der Pastor der Gemeinde beklagte sich nicht nur uns Musikern gegenüber persönlich, sondern sogar in seinem Gottesdienst vor der versammelten Gemeinde, dass die Wessies ihnen gegenüber arrogant und überheblich auftreten würden. Ich konnte es damals nicht glauben, aber es war wohl wirklich so.

Wir alle brauchen uns also nicht über verpasste Chancen im gegenseitigen Verständnis füreinenader zu beklagen. Jeder "Ossi" und jeder "Wessi" hat sein Schärflein dazu beigetragen oder auch nicht. Ich habe aus den o.g. Begebenheiten keinen dauerhaften Kontakt in den Osten knüpfen können. Erst über das Internet habe ich definitiv Menschen aus dem ehemaligen Osten kennengelernt, mit ihnen gefeiert und Schach gespielt *schönen Gruss an Gernot, Antje, <g>*.

Tja, ob das Verhältnis Ost/West irgendeiner Normalität genügt, und wenn ja, welcher, kann ich nicht beurteilen. Mein letzter Urlaub fand auf http://www.ruegen.de statt. Dort hatte ich schon einige Eindrücke gewonnen, die mir persönlich etwas gewöhnungsbedürftig vorkamen, z.B. die dort durchgeführten Verkehrskontrollen, <g>, aber das liegt sicherlich im Bereich des Grünen.

Was ist unser Problem? Ich bin der Meinung, dass globale Probleme jedermanns Probleme sind, und dass Leute, die behaupten, dass jeder doch bitteschön seine eigenen Probleme lösen sollte (übertragen auf Länder, Völker, Kulturgruppen), noch nicht so ganz begriffen haben, dass die Erde _keine_ Scheibe ist, <g>.

Viele Grüsse,

Kirsten