In der Vor-Computer-Ära sahen Artikel mit redaktioneller Auszeichnungen schreibmaschinengetippt in etwa so aus:
((Überschrift:)) King Kong ausgebrochen!
<h1>King Kong ausgebrochen!</h1>
Ebent. Das zeigt die Herkunft. Es steht eben nicht so da:
<fett und richtig groß>King Kong ausgebrochen</fett und richtig groß>
sondern:
<Überschrift erster Ordnung>King Kong ausgebrochen</Überschrift erster Ordnung>
Der Grund: Typographie und Eigenschaftszuweisungen der Elemente wurden und werden von anderen Abteilungen gemacht - ohne den Text dazu. Sie bleiben auch für eine Menge 'n' von Texten gleich, obwohl der Inhalt sich ändert.
Das lässt sich nur dann nachvollziehen, wenn Texte für ein vorher bekanntes Layout geschrieben werden, also immer eine Hauptüberschrift haben, einen Untertitel, eine Zusammenfassung und so weiter.
Das sollte aber so sein. Und tatsächlich sind HTML und alle Derivate darauf ausgerichtet.
Redaktionell betreute Seiten werden so verfahren, damit meine ich vor allem Online-Ausgabe von Zeitschriften und Zeitungen wie Spiegel oder Bild. Das darfst du allerdings nicht auf das gesamte Publizieren im Web verallgemeinern.
Doch. Auch wenn Du diesbezüglich Amateur bist, bist Du letztlich Redakteur, Layouter, Grafiker und Hersteller in einer Person, die verantwortlich ist für die redaktionelle Betreuung ihrer Seiten. Und wenn Du ein schlauer Amateur bist, dann orientierst Du Dich an der professionellen Vorgehensweise und legst erst einmal die passenden Elemente als eine Art Schablone an, die Du dann für alle Seiten einer bestimmten Artikelgruppe verwendest. Können je nach Anforderung natürlich verschiedene sein mit unterschiedlichen Elementen und typographischen Merkmalen.
Ich für meinen Teil schreibe Texte, die ich im Web zu veröffentlichen beabsichtige, in einem beliebigen Textverarbeitungsprogramm und drucke mir den fertigen Text aus.
Das mag schon sein, und man kann ja auch mit einem Buntstift sowas ähnliches wie eine Zeitung oder ein Buch malen. Ab einer gewissen Menge von Inhalten ist das aber ein sehr mühsames Verfahren.
HTML 2.0 hat einem dieses Vorgehen durch die unselige Vermengung von Inhalt, Struktur und Outfit aufgezwungen, weswegen professionelles Arbeiten damit eben so gut wie nicht möglich war. Heute ist das gottlob anders. Deswegen muß aber niemand seinen liebgewonnenen Buntstift wegwerfen. Wer unbedingt umständlicher bei geringerer Effektivität arbeiten will, soll das ruhig tun.
Ich bin überzeugt davon, dass viele es ähnlich machen.
Davon bin ich überzeugt. Das heißt aber nicht, daß sie es "richtig" machen im Sinne eines einerseits professionellen Anspruchs (optimale Effektivität bzgl. der Rezipierbarkeit und damit Leserfreundlichkeit) und andererseits im Hinblick auf Rationalisierung und Vereinfachung ihrer Textarbeit.
Deine Aussage "Der 'Inhalt' ist aber eben nicht das auszuzeichnende Element." kann ich aus diesem Grund überhaupt nicht nachvollziehen.
Dann versuch einfach, es mal anders zu sehen. Deine Leser werden es Dir danken, weil sie sich leichter orientieren können, und wenn Du Dich erst mal dran gewöhnt hast, wirst Du nicht verstehen, warum Du Dich so lange mit dem Buntstift geplagt hast. Du hast weniger Arbeit damit und kommst wesentlich besser "rüber".
Publizieren im Web und Publizieren in Printmedien sind zwei vollkommen verschiedene Paar Schuhe. Es gibt wenig Gesetzmäßigkeiten, die sich von einem Medium ins andere übertragen lassen.
Einspruch. Natürlich gibt es medienbedingte Unterschiede. Die sind aber so groß nicht, wie es zunächst den Anschein hat. Es gibt etliche Gesetzmäßigkeiten, die einfach deshalb gleich bleiben, weil die gleichen Menschen mit demselben neurophysiologischen Instrumentarium die Leserschaft bilden. *Das* setzt nämlich die Grundbedingungen und nicht die Möglichkeiten des Mediums.
Ich denke, unsere unterschiedlichen Auffassungen sind ein guter Beleg dafür.
Hast Du Dir jemals Gedanken darüber gemacht, daß Du als Schreiber Deinen Output gar nicht aus der Warte des Lesers beurteilen kannst?
Preisfrage: warum kann man eine Zeitung oder ein Buch "lesen", einen Schuhkarton mit bedruckten DIN-A4-Blättern, auf denen dasselbe steht, aber nicht?
Gruß,
MI
servus,
T.
PS.: Um den Ausgangspunkt dieses Diskussionsfadens ins Gedächtnis zu rufen: es ging um die Frage ob "Seitenauszeichnungssprache" richtig ist oder "Textauszeichnungssprache". Ich sage: beides falsch, aber "Seitenauszeichnungssprache" ist nicht ganz so irreführend wie "Textauszeichnungssprache".
Daß andere das vielleicht anders sehen und dies sogar publizieren dürfen, sagt da erst mal gar nichts aus. Ich habe mein Handwerk von der Pike auf gelernt und weiß, wovon ich rede.
Und englisch kann ich gut genug, um versichern zu können, daß LEO´s Übersetzung von "markup language" in "Textauszeichnungssprache" einfach falsch ist. "markup" heißt "Auszeichnung", "language" heißt "Sprache", und "markup language" heißt demzufolge "Auszeichnungssprache".