Magic Mike: Neuverschuldung - Bei wem?

Moin Leute,

irgendwie habe ich wohl in der Schule nicht aufgepasst.

Wenn Amerika oder Deutschland sich neu verschuldet,
dann bitte bei wem?

Bedeutet das wir drucken mehr Geld als Gold
hinterlegt ist, oder leihen wir uns tatsächlich
Geld von ähhhm... China , Uganda von jemand der
überhaupt noch Knete hat.

Ich stehe auf'm Schlauch!

regds
Mike

  1. Hallo,

    Wenn Amerika oder Deutschland sich neu verschuldet,
    dann bitte bei wem?

    leihen wir uns tatsächlich Geld von ähhhm...

    mir zum Beispiel. Und viele andere haben der BRD auch ein bissle Geld geliehen. Wie das beim Geldleihen so üblich ist natürlich nur gegen Zinsen. Wenn du auch Geld verleihen willst, dann geh doch einfach zur http://www.bwpv.de/.

    Viele Grüße,

    Stefan

    --
    Lass dir das Tanzen NICHT verbieten
    http://tanzverbot.de
  2. Hallo,
    also nen Kumpel in der Schule hat mir das mal so erklärt:
    Stell dir einfach vor, der Staat ist ein wirtschaftliches Unternehmen. Und jedes Unternehmen hat irgendwann mal bei jemanden etwas zu bezahlen. Das heißt der größte Teil der Schulden eines Staates, ist bei irgenweclhes Wirtschaftsriesen abzubezahlen und nicht direkt an einen anderen Staat.

    Tschau

    Tobias

    --
    http://www.tobiasklare.de
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    Die Erklärung zum Selfcode findest du hier: http://emmanuel.dammerer.at/selfcode.html
    Einen Decoder für den Selfcode findest du hier: http://peter.in-berlin.de/projekte/selfcode
    1. Moin Tobias,

      in den USA wird die "Neuverschuldung" über 700 Milliarden
      Dollar betragen.

      Haben die "armen" Wirtschaftsriesen, welche ja alle kurz
      vor dem Bankrott stehen ( wer's glaubt ) soviel Kapital
      flüssig?

      Das gleiche gilt für Deutschland. Nur war die USA Zahl der
      Anlass meiner Frage.

      regds
      Mike

      1. Frag doch mal den klammen Hans Eichel.

      2. Hallo,

        Haben die "armen" Wirtschaftsriesen, welche ja alle kurz
        vor dem Bankrott stehen ( wer's glaubt ) soviel Kapital
        flüssig?

        So schelcht geht es der Deutschen Wirtschaft gar nicht, wie immer dargestellt wird. Der Import schwächelt ein bisschen. Der Export hat sich aber seit der Einführung des Euro von 50 Mrd. Euro auf knappe 150 Mrd. Euros knapp verdreifacht. Deutschland ist Exportweltmeister. Da sollen selbst die USA und Japan nicht mithalten können.

        Tschau

        Tobias

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  3. Deine Frage mag ja komplex sein.

    Fang aber nicht an, Dir die Frage zu stellen, wie Geld genau entsteht! Das ist soooo komplex, das glaubt man nicht. Eigentlich gibt es gar kein Geld. Es entsteht durch Kredite der Zentralbank an Banken. Eine Bank leiht sich etwas und dadurch entsteht Geld. Ist das nicht paradox. Einzelheiten aber, kann man gar nicht klären, scheint mir:

    Ich habe mit einem studierten Volkswirten, der jetzt für das EU-Parlament arbeitet darüber filosofiert. Selbst er wusste es nicht genau. Eine Freundin von mir studiert im Hauptstudium VWL. Auch sie wusste es nicht genau.

    Wenn das hier jemand in kurzen Sätzen erklären kann, bitte ...

    Heiner

  4. Hi Magic Mike,

    eine Strategie der Finanzpolitik ist es, das Konto des Bundes immer auf Null zu halten. Um das zu gewährleisten, gibt es ein Gremium, das bei den Banken die entsprechend notwendigen Kredite täglich vereinbart, damit abends bei Feierabend alles wieder schön glatt gestellt ist.

    Hier findest Du eine grobe Darstellung des finanzpolitischen Vorlaufs:
    http://www.bundestag.de/presse/bp/2003/bp0303/0303018.html

    Viele Grüße
    Mathias Bigge

  5. Moin,

    Wenn Amerika oder Deutschland sich neu verschuldet,
    dann bitte bei wem?

    Eine berechtigte Frage. Auf den (internationalen) Kapitalmärkten. Banken oder Sparkassen verfügen in der Regel nicht über die Volumina, die ein Staat zur Deckung seiner Kredite braucht. Zudem sind Banken teuer.

    Dann gibt es jetzt ein bischen Finanzministeriumspraxis mit Swen. Ich hoffen, es wird verständlich :-)

    Wenn Du Matthias Link gefolgt bist, dann weisst Du ja so ungefähr, wie ein Staatshaushalt entsteht. jetzt gucken wir uns mal an, was passiert, wenn das Haushaltsjahr läuft.
    Es läuft wie immer: Die Kassen melden, dass die Steuerzahler ihre Steuern zahlen. Andere Einnahmen aber auch viele Ausgaben gehen aufs und vom Konto. Eins ist klar, das Geld reicht nicht. Was tun? Das Parlament, das den Haushalt beschlossen hat uns, der Verwaltung, erlaubt Kredite aufzunehmen. Dann mal los.

    Wir unterscheiden bei der Aufnahme von Krediten, grob gesagt, drei Handlungsfelder:

    • Die Aufnahme von Krediten zur Deckung des Haushaltes
        (das ist das, was am Ende des Jahres im Parlament immer
        für das nächste Jahr beschlossen wird, Matthias Bigge
        hat darauf verlinkt). Das erfolgt am Kapitalmarkt.
    • Die Sicherstellung der Liquidität. Das ist das Geld im
        Portemonnaie Das passiert am Geldmarkt durch so genannte
        Kassenverstärkungskredite bzw. durch Geldanlage).

    Auf dem Kapitalmarkt bewegt sich der Staat wie ein x-beliebiges _großes_ Unternehmen, das Geld braucht. Es gibt auf den Kapitalmärkten private Firmen, die es sich zur Aufgabe machen, jeden Kreditnehmer zu bewerten (so wie die Schufa bei uns privaten), die nennen sich Rating-Agenturen (moody's, Fitchrating oder Standard&poors sind Stichwörter). Die checken uns regelmäßig durch uns geben uns dann ein Rating. Das sagt aus, wie zuverlässig wir unser Schulden zurückzahlen und wie gut wir im Moment dastehen. Je besser das Rating, um so mehr vertrauen uns die Geldgeber umso niedriger die Zinsen. Übrigens: Länder, die gegen die Maastrichtkritieren verstoßen, zahlen tedentiell höhere Zinsen.
    Auf dem Geldmarkt nehmen wir also die langfristigen Anleihen auf. Die maximal Höhe hat uns das Parlament vorgegegeben. Im Haushaltsgesetz 2004/2005 für Schleswig-Holstein steht z.B. der Satz: "Das Finanzministerium darf zur Deckung der Ausgaben Kredite bis zum Höchstbetrag von 2.974.721.400 Euro für das Haushaltsjahr [...] aufnehmen." (Zum Vergleich: Die Ausgaben belaufen sich im Jahr 2004 auf 10.144.845.100 Euronen).

    Exkurs:
    Diese Zahl darf übrigens nicht mit der "Nettoneuverschuldung", die als neue, zusätzliche Verschuldung, die den Schuldenberg erhöht, verwechselt werden. Die Nettoneuverschuldung liegt deutlich niedriger (etwa 600 Mio Euro). Die 2,9 Mrd Euro, die ich oben nannte sind brutto, umfassen also auch die Schulden, die aufgenommen werden, wenn schon vorhandene Kredite auslaufen und umgeschuldet werden. Die gesamten Schulden des Landes Schleswig-Holstein betragen ungefähr 19 Mrd Euro.

    Jetzt aber wieder zu unser Anleihe. So eine Anleihe (so nennen wir diese Kredite) ist kein Pappenstil. Es geht da zum Beispiel um Emmissionen (wieder ein anderes Wort für Kredite :-) die 2 oder mehr Milliarden Euro an Volumen haben. Um günstigere Konditionen zu erhalten, packen manche Länder sogar schon mal ihre Kreditbedarf zusammen und verkaufen ihn als als Extrapack (ein "Länderjumbo" nennt man das dann auch).

    Da, wo diese Kredite gehandelt werden, da kommen wir als Privatmenschen nie hin. Manchmal kommen aber auch traditionelle (althergebrachte) Instrumente zur Kreditfinanzierung zum Einsatz (Schuldscheindarlehen oder Bundes-/Landesschatzanweisungen heißen die). Und manchmal kann man bei Sparkassen diese Namen im Aushang sehen, dass man sich als Bürger so eine Anleihe kaufen kann (oder anders herum: dem Staat gegen Zinsen Geld leihen kann).

    Soweit zum Groben. Dann wäre da das Portemonnaie. Dort soll immer genügend, aber nie zuviel Geld sein. Also muss man sich manchmal auf die Schnelle was leihen, oder Geld für ein paar Tage anlegen. Der Gesetzgeber hat uns (Schleswig-Holstein) erlaubt, bis zu 10 Prozent der Einnahmen (also bummelig 1 Mrd Eur) als Kassenverstärkungskredit aufzunehmen. Außerdem dürfen wir auch Wertpapiere, die wir besitzen, bis zu einem Betrag von 500.000.000 Euro beleihen.

    So, jetzt wollte ich noch was zu Derivaten sagen und sehe bei der Suche nach gängigen Erklärungen gerade, dass die Kollegen in Berlin eine schicke Seite dazu gemacht haben. Auf die verlinke ich jetzt mal, dort kann mal alles nachlesen: http://www.berlin.de/senfin/Kredit/index.html.

    Bedeutet das wir drucken mehr Geld als Gold
    hinterlegt ist,

    Der Staat kann Geld drucken. Das kann nur die EZB. Und die hört nicht auf Befehle von Eichel.

    HTH

    Swen

    1. Moin Sven,

      vielen Dank für Deine ausführliche Erklärung.
      Ich muss allerdings zugeben, dass ich das ganze
      System nur teilweise verstanden. Zumindest habe
      ich jetzt in etwa die Richtung.

      Trotzdem drängt sich mir jetzt die Frage auf;
      Wann kollabiert das Ganze?

      regds
      Mike

      1. Hi,

        Trotzdem drängt sich mir jetzt die Frage auf;
        Wann kollabiert das Ganze?

        frag doch mal einen Rentner, oder jemand, der es werden will (durch Versicherung)...

        E7

      2. Moin,

        Ich muss allerdings zugeben, dass ich das ganze
        System nur teilweise verstanden.

        Es ist auch sehr schwierig. Noch schwieriger als javascript -)

        Trotzdem drängt sich mir jetzt die Frage auf;
        Wann kollabiert das Ganze?

        Kollabiert in dem Sinn, dass ein Staat bankrott geht? Das kann schnell gehen. Im Prinzip hatten wir das schon, als vor ein paar Jahren in irgendeinem südostasiatischen Land heraus kam, dass Staatsdiener mit Staatsknete mit Devisen spekuliert und dabei verloren hatten. Wenige Stunden später bekamen die nirgendwo mehr Kredit. Da der Markt aber in der Regel seine Kunden nicht tötet, sondern eher danach trachtet, die Ausbeute zu maximieren, geht es dann "irgendwie" doch weiter.

        Kollabieren in dem Sinn, dass wir die Zukunft unserer Kinder beschneiden? Selbst bei gescheiten Wirtschafts- und Steuer-Wachstum und einer Nettoneuverschuldung von Null (d.h. in der Praxis, dass alles Staatsausgaben - das sind auch die Kosten für Schulen und Universitäten! - eingefroren werden, also faktisch Personal (Lehrer, Professoren, HiWis) abgebaut wird) wird es wohl zwei Generationen brauchen, bis die Schulden auf ein annehmbares Maß gesunken sind.

        Gruß

        Swen