Moin,
diese betrachtungsweise finde ich ziemlich zynisch ...
Es gibt einen Ästhetik der Krieges und der Katatrophen. Das ist (auch) ein Grund, warum uns solche Geschichten jenseits der Frage, das auch wir Opfer oder Täter sein könnten, faszinieren und nicht etwa abstoßen oder gar anteilslos sein lassen. Das hat wenig mit Zynismus zu tun. Ich verunglimpfe oder vernachlässige weder das Andenken an die Opfer, ihre Persönlichkeit noch die Trauer der Angehörigen. Wenn ich etwas zynisch empfinde (das ist nicht an Deine Adresse gerichtet), dann ist es eher die Philo-Anteilnahme durch Äußerungen a la "10 Jahre müssen es sein". Als ob das irgend etwas ändern würde! Als ob das die Toten erwecken würde oder die Trauer der Angehörigen mindern könnte! Nein, so etwas beruhigt nur das eigene Gewissen. Und, das ist meine feste Überzeugung, keine Strafe wird irgendeinen Raser in D davon abhalten, im nächsten Moment mit 250 über die Autobahn zu preschen und die Lichthupe und den Blinker zum glühen zu bringen.
Wenn in einem Film amerikanische Hubschrauber zu Wagners Walkürenritt wehrlose Vietnamesen erschießen, dann prägt uns nicht das Abstoßende des Bildes sondern uns stößt (hoffentlich) die eigene Gebanntheit des Blickes ab. Das war mein Aufhänger für den plot.
und ob kollegen/mitarbeiter von "rolf" jetzt die _aufklärung_ erschweren oder nicht, hat auch wenig bis gar nichts damit zu tun, dass sich hier ein mensch absolut unverantwortlich verhalten hat, und seine grenzen nicht kannte bzw. weit darüber hinaus gegangen ist - und zwar auf kosten unschuldiger/unbeteiligter personen.
Oh, das hat sogar sehr viel damit zu tun. Denn das Gericht in der ersten Instanz (las ich in einem längeren Bericht der FAZ zu dem damaligen Prozeß, die FAZ ist für mich Garant für eine sachliche Berichterstattung) hat sich lange mit der Frage schwer getan, ob nicht eher der Vorgesetzte des "Rolf" der Täter gewesen sein könnte und hier eine schwache Persönlichkeit ("Rolf") aus Angst und unter großen Druck mauern könnte. Auf einer anderen Ebene mag das Verhalten der Kollegen auch Ausdruck der abgeschlossenen Binnenwelt der Gruppe der "Testfahrer" sein. Solche Konstellationen könnten schnell Mitursache dafür sein, dass jemand den Kontakt zur Realität verliert und ein Verhalten an den Tag legt, dass potentiell tödlich ist. Da hat es einen faden Beigeschmack, wenn das Kapitel mit einem "ist jetzt egal, einer ist ja verurteilt" abgeschlossen wäre; schnell kann aus der ("Mittäter-")Gruppe der nächste Unfall provoziert werden. Ein Film, der solche Fragen mit aufwirft und auch nur einen ermutigt, Nein zu sagen, wenn die nächste Wettfahrt beginnt, kann hilfreicher sein als die Frage, ob jemand 1, 2 oder 10 Jahre hinter Gittern lebt.
Viele Grüße
Swen Wacker