Tim Tepaße: Von der Unmöglichkeit, Barrierefreiheit zu „validieren“

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Hallo Willie,

  1. Zu meinem Verständnis: Gibt es - wie beim Großen Validator - einen WCAG-Validator, nach dessen Benutzung man sich beruhigt ein WAI-Logo auf die Seite kleben kann?

Es kann gar keinen vollwertigen Validator geben, da einige der Web Content Accessibility Guidelines kaum oder nur unter großen Schwierigkeiten maschinell zu überprüfen sind. Ein paar Beispiele:

Guideline 4: Clarify natural language usage
Ein Validator bräuchte hier haufenweise Vokabulare verschiedener Sprachen, um erkennen zu können, zu welcher Sprache ein Wort gehört. Noch schlimmer: Wie soll er entscheiden, ob eine Abkürzung in dem Kontext des Dokumentes gebräuchlich ist oder eine Erklärung braucht?

Guideline 12: Provide context and orientation information
Zum Beispiel eine passende Gruppierung von Formularen. Ein Validator könnte hier höchstens anhand Heuristiken versuchen zu erkennen, daß Dinger wie <fieldset> oder <legend> fehlen, aber er kann nicht bestimmt sagen, dass sie notwenig sind, höchstens empfehlen.

Mein Liebling: Guideline 14. Ensure that documents are clear and simple
„Using clear and simple language promotes effective communication. Access to written information can be difficult for people who have cognitive or learning disabilities. Using clear and simple language also benefits people whose first language differs from your own, including those people who communicate primarily in sign language.“

Spricht wohl für sich selbst. ;-)

Schon allein der letzte Punkt ist für eine Priority 1 erforderlich, ohne den man sich keinen der dämlichen Buttons auf die Seite pappen darf.

Ich sage nicht, dass die WCAGs ein Schuss in den Ofen sind, aber sie sind nunmal kein technischer Standard, mit dem man eben mit seiner Implementierung übereinstimmt oder es ansonsten falsch macht. Weswegen man  das auch nicht einfach validieren, falsifizieren oder testen kann, auch nicht anhand einer einer Checkliste. Sondern man muß von Fall zu Fall und anhand des Kontextes einer Seite entscheiden, die passenden Fallstricke und Techniken kennen und selbst entscheiden. Bobby und andere maschinelle Prüfer können helfen, Empfehlungen und Warnungen geben, aber die letzte Instanz, der beste Validator ist hier immer noch das eigene Hirn, Version 1.0.

Tim