Gunnar Bittersmann: Überschriften und Schriftgrößen

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IDs definieren nicht nur einen logischen Abschnitt und einen Angriffspunkt für Stylesheets, sie lassen sich auch als Anker einsetzen.

Orlando,
Ja und? IDs geben beliebigen Elementen eine Benennung, damit man auf sie referenzieren kann. Beliebigen Elementen: das kann was Großes sein (z.B. div) oder auch nur was Kleines (ein Wort im Text: span, em, strong), oder ein Bild, ja auch eine Überschrift, oder was sonst auch immer.

Zu welchem Zweck man später darauf referenziert (Anker, Style-Angaben, …), ist bei der Vergabe von IDs erstmal egal. (Wenn man auf etwas nicht referenziert, muss man diesem Ding natürlich keinen Namen geben – man kann aber. Haustieren gibt man ja auch Namen, um sie zu rufen (Referenz) – obwohl das bei Katzen recht sinnlos ist.)

Ein Anker läutet einen neuen Abschnitt ein und der beginnt … mit einer Überschrift.

Nö:

<h1>Der Mond ist aufgegangen</h1>  
<div id="meta">(Text: <span id="autor-text">Matthias Claudius</span>, <span id="datum-text">1778</span>; Musik: <span id="autor-musik">Johann Abraham Peter Schulz</span>, <span id="datum-musik">1790</span>)</div>  
<p id="strophe1">  
  <l id="zeile1">Der Mond ist aufgegangen</l>  
  <l id="zeile2">Die gold’nen Sternlein prangen</l>  
  <l id="zeile3">Am Himmel hell und klar</l>  
  <l id="zeile4">Der Wald steht schwarz und schweiget</l>  
  <l id="zeile5">Und aus den Wiesen steiget</l>  
  <l id="zeile6">Der weiße Nebel wunderbar </l>  
</p>  
<p id="strophe2">  
  <l id="zeile7">Wie ist die Welt so stille</l>  
  <l id="zeile8">Und in der Dämmerung Hülle</l>  
  <l id="zeile9">So traulich und so hold</l>  
  <l id="zeile10">Gleich einer stillen Kammer</l>  
  <l id="zeile11">Wo ihr des Tages Jammer</l>  
  <l id="zeile12">Verschlafen und vergeßen sollt </l>  
</p>  
<p id="strophe3">  
  <l id="zeile13">Seht ihr den Mond dort stehen</l>  
  <l id="zeile14">Er ist nur halb zu sehen</l>  
  <l id="zeile15">Und ist doch rund und schön</l>  
  <l id="zeile16">So sind wohl manche Sachen</l>  
  <l id="zeile17">Die wir getroßt verlachen</l>  
  <l id="zeile18">Weil unsere Augen sie nicht seh’n</l>  
</p>

Man kann den Anker #zeile16 anspringen; und der ist weit von einer Überschrift entfernt.

Für mich sind Überschriften Eyecatcher.

In der Regel sind sie das. Was nicht heißt, dass alle Eyecatcher Überschriften sind.

Einen riesigen Text empfinde ich als Überschrift,

Ich nicht. Riesigen Text empfinde ich als Eyecatcher. Etwas Kurzes über (oder auch vor!) einem Abschnitt empfinde ich als Überschrift. Das eine schließt das andere nicht aus; bedingt es aber auch nicht.

für „sehr wichtigen Text“ sind <em> und <strong> einfach nicht aussagekräftig genug. Was passiert bei deatkiviertem CSS?

An der Stelle sollten wir sprachlich genauer sein: bei Nichtbeachtung des Autorenstylesheets. CSS wird ja nicht deaktiviert: es gelten die Regeln des (evtl. vorhandenen) Nutzer-Stylesheets und die des Browser-Default-Stylesheets. Letzteres sieht wohl üblicherweise Kursivschrift für em und Fettschrift für strong vor.

Von deinem Eyecatcher bleibt kaum mehr etwas übrig.

Fettschrift fällt auch immer noch genug auf (sofern sparsam verwendet und nicht unsinnigerweise auch für unwichtige Dinge).

Und sollten nicht alle Medientypen gleichwertig behandelt werden?

Ein Screenreader mag durch strong Ausgezeichnetes lauter vorlesen …

Es mag auch Fälle geben, wo das, was in der Dokumentstruktur eine Überschrift ist und deshalb als solche ausgezeichnet ist, in der Darstellung gar nicht besonders hervorgehoben wird.
Das sehe ich nicht so, da man damit der Bedeutung des Elements die visuelle Umsetzung nimmt.

Artikel 1
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Artikel 2
Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.

Des weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebietes, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.

Artikel 3
Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person. […] [Deklaration der Menschenrechte]

Warum sollten die Überschriften („Artikel 1“, …) hier besonders hervorgehoben werden? Wichtig ist doch der Inhalt der Artikel, nicht deren Numerierung.

Denkbar wäre hier sogar diese Darstellung:

Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen. […]

Was nichts am Markup ändert:

<h1>Artikel 1</h2>  
<p>Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.</p>

(dt/dd schafft Probleme bei Artikeln, die aus mehreren Absätzen bestehen.)

Ein Plädoyer für <font>? Pfui! ;-)

Pfui! ;-)

Live long and prosper,
Gunnar

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„Weisheit ist nicht das Ergebnis der Schulbildung, sondern des lebenslangen Versuchs, sie zu erwerben.“ (Albert Einstein)