Christoph Schnauß: tschernobyl; strahlenexposition

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hallo seth,

ich war eines der kinder, die 1986 ein paar tage lang nicht auf den spielplatz durften.

Und ich war einer der (DDR-)Journalisten, denen bei der Sportberichterstattung für ihre Zeitung ganz offiziell verboten wurde, für die erste Etappe der damals ausnahmsweise in Kiew startenden Friedensfahrt vom "strahlenden Sieger" zu sprechen. Es gab eine Presseanweisung aus dem Zentralkomitee der SED dazu. Gewonnen hat diese Friedenfahrt übrigens Olaf Ludwig, der heute Teamleiter bei t-Mobile ist und vielleicht hofft, daß "Ulle" doch noch einmal die Tour de France gewinnen kann.

naja, dafuer lernte ich dann ein paar jahre spaeter in der schule, dass tschernobyl eigentlich gar nicht soo neu war.

Falsch. Einen Kraftwerksunfall dieser Dimension hatte es bis dahin nicht gegeben.

aber aus pseudo-aktuellem anlass

Da ist nichts "pseudo". Der Anlaß ist mit dem 20. Jahrestag höchst _public_. Gemessen an der Halbwertszeit von Plutonium sind die zwanzig Jahre allerdings vernachlässigbar.

mich interessiert nun noch, wer von euch wann davon in der schule oder den nachrichten mal etwas bzw. nichts gehoert hat.

Ich habe im Herbst 1986 nur von einigen (ehemaligen) Kommilitonen entsetzte Blicke geerntet und ein paar höchst besorgte  Kommentare zu hören bekommen, weil ich trotz alledem in die Pilze gegangen bin. Es war, was selten vorkommt, ein außerordentlich gutes "Steinpilzjahr". Tatsächlich waren die Werte geringfügig erhöht, aber bei weitem nicht in dem Maß, daß man hätte von einer Gesundheitsgefährdung sprechen können. Um mich von den Steinpilzen des Jahres 1986 "verstrahlen" zu lassen, hätte ich im September täglich drei Tonnen Steinpilze essen müssen. Das war mir leider nicht möglich. Und im Holunder gab es hier um Berlin herum keinerlei meßbare Erhöhung der "Strahlenwerte", so daß ich auch unbesorgt Holunderwein machen konnte.

Es gab 1986 ein paar seriöse, aber noch viel mehr ungenügend fundierte "Berechnungen" des Gefährdungspotentials, dem Deutschland ausgesetzt war. Politisch hat "Tschernobyl" nicht unwesentlich dazu beigetragen, daß die spätere rot/grüne Regierung die Beschlüsse zum Atomaustieg faßte. Es wäre der jetzigen Regierung und allen kommenden Regierungen zu wünschen, daß sie an diesem "Ausstieg" festhalten würden. Aber Wünsche sind bisweilen Illusionen sehr nahe ...

prost

ähm ... bei dem von dir gewählten Thema paßt diese sonst ganz nette Verabschiedungsfloskel leider überhaupt nicht.

Grüße aus Berlin

Christoph S.

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