Hallo Thomas,
ich unterrichte Informatik an Schulen und musste feststellen, dass die große Divergenz der Leistungsfähigkeit meiner Schüler ein sinnvolles Unterrichten fast unmöglich.
Ich im Gegenzug bin Schüler (leider schon Stufe 11 ;( ) und musste leider feststellen, dass die große Divergenz der Leistungsfähigkeit zwischen Lehrer (wenig) und Schüler (viel) sinnvolles Unterrichten komplett unmöglich macht ;-)
OK, Spaß bei Seite. Ich hatte in der 9. Klasse etwas "Informatik"unterricht, wobei das ehrlich gesagt von der Lächerlichkeit kaum zu überbieten war (ein bisschen Texte tippen). In dem Informatikkurs, den ich momentan (der freundlichen Note wegen ;) besuche, "programmieren" wir in Java - doch leider fehlen dem Lehrer jegliche didaktischen Grundlagen, den Schülern das Programmieren näher zu bringen. So gut wie alle Schüler meines Kurses haben noch nie zuvor programmiert, wussten nicht mal was Java ist oder was der Begriff "Sourcecode" bedeutet. Etwa 4 der 20 Schüler hatten schon etwas mehr PC-Erfahrung, aber mit ernsthaften Programmieren hat das nichts zu tun. Also schon mal völlig unterschiedliche Grundlagen. Nichts einheitliches.
Nun fing der Lehrer mit Logikabstraktion "Programmieren mit Automaten" (das verwendete Unterrichtsmaterial nennt sich "Kara") an. IMHO alles andere als sinnvoll, eher eine Spielerei - mit Programmieren hat das nicht viel zu tun. Nun, später fing er dann an, ein bisschen mit "Kara" direkt zu programmieren. Die unterschiedlichen Kompetenzen der Schüler, aber auch die Unfähigkeit des Lehrers führten letztenendes dazu, dass sich die Kluft zwischen denen, die *null* wissen, und denen, die Ahnung haben, und denen, die sich seit jeher gelangweilt haben, immer weiter vergrößert.
Ein Teil der Schüler weiß nach 2 Tagen nicht mehr, wo es Dateien gespeichert hat, während ein paar Wenige schon viel weiter im Stoff sind programmieren.
Genau so ist es auch bei "uns". Nun, was kann man dagegen tun? Ich an der Stelle meines Lehrers würde ab sofort die Grundlagen wiederholen. Ich würde mir ein Konzept überlegen, welches sowohl interessant und trotzdem einfach zu verstehen ist. Leider weiß ich nicht, warum ein Studienrat, der acht Semester lang u.a. Informatik und Didaktik studiert hat, das nicht hinkriegt.
Gibt es hier vielleicht Kollegen, die auch vor solchen Problemen stehen?
Weißt du, ich glaube fast alle Informatiklehrer stehen vor dem Problem. Die Gründe sind sehr verschieden. Während ein Großteil der Lehrer einfach unfähig ist, teils aus fehlendem Wissen ihrerseits, teils aus schlichter Unfähigkeit als Wissensvermittler, kann es - wie scheinbar in deinem Fall - auch an ganz extremen Differenzen in der Klasse liegen: Wenn man seine "Ordner" nicht mehr wiederfindet... ;-)
Wie geht ihr damit um?
Nun, so unausgewogen ist das Verhältnis in der Regel (an meiner Schule zumindest ;) eigentlich nicht. Vielleicht sollte die Fachschaft ernsthaft in Erwägung ziehen, ihre Methoden umzukrämpeln? Bei solchen technischen Defiziten sollte man vielleicht die Gruppe spalten um den einen Grundlagen beizubringen, den anderen etwas, was ihrem Wissensstand entspricht. Leider ist das in der Praxis in den seltensten Fällen möglich, weil es an jeder Ressource vorne und hinten knapp ist.
Welches Material wird benutzt? Ich bin zB auf der Suche nach einem Arbeitsheft, dass ich benutzen kann (auch englisch). Kennt jemand so etwas?
Nein, Arbeitshefte für Informatik kenne ich gar nicht. Wie gesagt, der grandiose Einstieg ins Programmieren scheint meine Schule mit diesem Kara-Zeugs umzusetzen[1]. Aber ehrlich gesagt glaube ich dass unsere Informatikfachschaft hoffnungslos (Lehrmittelmäßig u.ä.) unterversorgt ist - in diesem Sinne kann ich dir leider auch nicht weiterhelfen, sondern nur mitklagen ;(
Gruß,
Sven
[1] Die Unfähigkeit des Lehrers hat mich sogar dazu bewegt, den Schülern Materlialien zur Verfügung zu stellen, die ihnen einen Quereinstieg überhaupt ermöglichen - vgl. hier