Hallo Ingo,
Nachzulesen bei der BA (wenn man den Link dort findet;-) oder bei Tacheles, die die Veröffentlichung eingeklagt hatten.
Zum Problem von Thorsten steht leider nichts so Konkretes hier drin. Zwar dürfen selbst ehemalige Prostituierte nicht zur Prostitution gezwungen werden, aber ob die Arbeit an Pornoseiten auch ein zu berücksichtigendes Tabu darstellt, müsste wohl im Einzelfall geklärt werden. Ich würde den Sachbearbeiter zumindest auf diese Richtlinie der BA hinweisen und darauf plädieren.
Nach 1.1.5(3) des PDF-Dokuments auf der von dir verlinkten Seite dürfen Moslems z.B. nicht dazu gezwungen werden, in einem Schweinefleisch verarbeitenden Betrieb zu arbeiten. Dabei wird interessanterweise noch nicht einmal unterschieden, ob der Betreffende in dem Betrieb überhaupt mit Schweinefleisch in direkten Kontakt käme. Ihm könnte ja auch eine Stelle in der Buchhaltung des Betriebes angeboten werden.
Das wird aber in der Richtlinie zu Recht offensichtlich als unerheblich betrachtet: Es geht hier darum, dass man niemanden zwingen darf, Dinge zu tun, die seiner Weltanschauung widersprechen.
Meines Erachtens müsste es analog dazu in Thorstens Fall respektiert werden, wenn er sagt, dass er sich nicht an der Verbreitung von Pornografie beteiligen möchte, weil er diese aus weltanschaulichen oder moralischen Gründen ablehnt.
Aber selbst wenn hier bei Thorsten gar keine grundsätzlichen weltanschaulichen oder moralischen Bedenken gegen Pornografie bestehen, ja selbst wenn er selbst privat Pornografie in den von ihm selbst ausgesuchten Varianten konsumiert, so ist sein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zu achten:
Der Wirkung von Pornografie kann man sich schwer entziehen. Befürchtungen, man könne durch deren Anblick sexuell erregt werden, auch wenn man das gerade nicht möchte, sind ja wohl nicht unbegründet. Begründet sind auch Befürchtungen, man könne durch den tagtäglichen Umgang mit Pornografie abstumpfen und dies könne dann auch Auswirkungen auf das eigene Sexualleben haben.
Es gibt in dem mit "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" überschriebenen 13.Abschnitt des deutschen Strafgesetzbuches immer noch einiges, was der sexuellen Selbstbestimmung zuwiderläuft.
So müsstest du z.B. wenn du die Nachbarskinder bei dir im Garten spielen lässt und du merkst, sie nutzen das, um "Doktor" zu spielen, diese nach §180(1) Nr.2
ermahnen, dies nicht zu tun und bei Nichtbeachten deines Gartens verweisen.
Ebenso wird es dir nach §184(7) durch Strafandrohung gegen den Anbieter erschwert, "in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt" anzuschauen, "das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird".
Die Kassenkräfte von "Schmuddelkinos", die vergessen, dir für die sechs bis zwanzig Euro bei dessen Betreten ein Getränk zu überreichen (oder etwas anderes, z.B. einen Gutschein für dieses Getränk, den du dann gar nicht unbedingt einlösen musst oder zusätzlich Porno in Printform), machen sich strafbar.
Das sind Absurditäten, die mit sexueller Selbstbestimmung nichts gemein haben und ihr im Gegenteil zuwiderlaufen. Da feiern halt die alten "Straftaten gegen das Sittengesetz" immer noch fröhliche Urständ. Bezeichnenderweise nennt sich die Abteilung, die sich bei der Polizei um die Verstöße gegen die "sexuelle Selbstbestimmung" kümmern ja auch immer noch "Sitte".
Im Falle von §184(7) geht es aber ganz klar um sexuelle SELBST-Bestimmung und nicht um ein überholtes Sittengesetz. Wenn das Arbeitsamt Thorsten gegen seinen Willen dazu zwingen will, sich einer Pornografie auszusetzen, die er sich nicht selbst aussuchen kann, dann verstößt es gegen dessen sexuelle Selbstbestimmung.
Die Entscheidungsträger bei Arbeitsagentur/Arbeitsgemeinschaft/Sozialamt, die dies zu verantworten haben, wären dann "mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe" zu bestrafen.
Gruß Gernot