Sven Rautenberg: Anfrage einer Firma bezüglich privatem Portals

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Moin!

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Wir möchten Sie fragen, ob es für uns Möglichkeiten gibt, Ihre Ertragsstatistik in irgend einer Form zu nutzen, sei es durch Abdruck in unserer Kundenbroschüre, Verlinken oder sonstige Präsentation.

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie sich bei uns einmal melden würden, um Möglichkeiten abzuklären und auch was Firma XY tun könnte, damit Sie an der Idee Gefallen finden.
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Die Firma will die Ertragsstatistik nutzen. Da stellt sich natürlich die Frage: Warum dies? Welche Aussage soll durch die Statistik unterstrichen werden? Und welche Daten wollen die eigentlich tatsächlich haben?

Für dich stellt sich die Frage, ob du
a) überhaupt mit denen reden willst oder nicht, und dann
b) wie du mit deren Nutzungswunsch umgehen sollst.

Denn eigentlich sind die eingetragenen Daten ja auch nicht direkt deine, du stellst nur die Plattform zur Verfügung - die Daten eingetragen haben deine User. Wobei diese sicherlich (mindestens durch eigene Anschauung) erkennen und wissen sollten, dass ihre Daten auf deiner Seite der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, insofern also nicht geheim bleiben.

Andererseits war von wirtschaftlicher Nutzung der Daten bislang keine Rede. Ich würde deinem ersten Impuls, deine User zu informieren und zu befragen, also tatsächlich folgen, sofern du das Ansinnen der Firma im Grundsatz positiv beurteilst.

Was die Vergütung oder Entschädigung für die Nutzung angeht: Du kennst den "Fluch der ersten Zahl"? Egal um was es im Leben geht: Die zuerst genannte Zahl, sei es ein Preis, eine Zeit bis zur Fertigstellung, ein Termin - die Angabe, die zuerst gemacht wird, ist auf magische oder psychologische Weise im weiteren Verlauf der Entwicklung immer irgendwie der Fixpunkt, von dem weiter ausgegangen wird.

Konkret für dich bedeutet das: Wenn du zuerst einen Preis nennst, gibts drei Möglichkeiten: Entweder der Preis ist viel zu hoch - dann bist du die Sache auf elegante Weise wieder los (insbesondere, sofern du innerlich keine Lust hattest, aber keine Absage schreiben wolltest). Oder der Preis ist (viel zu) niedrig (d.h. die Firma hat mit mehr gerechnet) - dann ärgerst du dich wahrscheinlich, wenn du erfährst, wo der Marktpreis liegt. Oder zu verlangst nur etwas zuviel - das ist eigentlich das Optimum, weil du mehr rausholst, als die Firma eigentlich wollte - aber wenn sie dann trotzdem zahlt, hast du sie "hochgehandelt". Oder der Preis ist zumindest nicht so abschreckend, dass Verhandlungen der Firma aussichtslos erscheinen.

Nennt die Firma hingegen zuerst einen Preis (oder sonst eine konkrete Vorstellung der Formulierung "was Firma XY tun könnte, damit Sie an der Idee Gefallen finden"), kannst du abwägen, ob dir deren Idee gefällt, oder nicht. Auch vom Preis her. Dann aber nicht vergessen, trotzdem etwas zu nörgeln bzw. den Preis nach oben zu schieben (je nachdem, in welchen Regionen sich deren Vorstellung bewegt, extremer oder weniger extrem).

Warum nörgeln und den Preis anheben versuchen? Um der Firma ein gutes Gefühl zu geben. Illustrierende Anekdote: Du kommst in ein Autohaus und siehst dort einen Super-Wagen ohne Preisauszeichnung. Der Verkäufer bemerkt dein Interesse und spricht dich an. Verkaufspalaver. Am Ende deine Frage: "Was soll er denn kosten?" Seine Antwort: "Wieviel ist er ihnen denn wert?" Deine Antwort: "X Euro." Seine Antwort wie aus der Pistole geschossen: "Ok, abgemacht!" Deine Reaktion: Ups, was ist mit dem Auto oder dem Preis nicht in Ordnung? Auto mit Leichengeruch, oder Preis deutlich zu hoch angesetzt?

Wie kräftig du den Preis hochverhandeln willst, hängt natürlich davon ab, welche Vorstellungen du entwickelst, welcher Preis dir gerechtfertigt scheint. Wenn du von 1000 Euro ausgehst und dir 10 Euro geboten werden (Fluch der ersten Zahl), dürfte auch in Verhandlungen die 100-Euro-Schwelle kaum überschreitbar sein.

Wäre es genau umgekehrt, würdest du natürlich durch Preisverhandlung kaum riskieren wollen, auf 1000 Euro zu verzichten (und geäußerte Preisbedenken wären nur scheinbar - muß ja keiner wissen, dass du nur mit einem Hunderstel gerechnet hast).

Bisher habe ich von dem Portal (abgesehen von der Verbesserung meiner Programmierkenntnisse) in keiner Weise profitiert. Als Student liegt da eine finanzielle "Entschädigung" für die ungezählten Stunden Arbeit nahe. Aber kann ich für die Verwendung von diesen Daten/Statistiken überhaupt etwas verlangen?

Du hast mindestens die Rechte an deiner Ergebnispräsentation - und Datenbanken sind als Sammelwerke auch urheberrechtlich geschützt.

Insofern ist es ja nicht schlecht, wenn du jetzt eine Nutzungslizenz vergeben kannst. Das muß übrigens gar nicht nur eine simple einmalige Geschichte sein - viel spannender wird es doch, wenn die Firma und du einen auf längere Zeit orientierten Nutzungsvertrag schließen. Dann fließt nicht einmalig viel Geld, sondern pro Monat oder Nutzung der Daten. Die Firma profitiert davon, aus deiner Datenbank immer aktuelle Daten zu erhalten.

Welche Möglichkeiten gibt es sonst noch außer einer schlichten Quellenangabe in einem Firmenprospekt.

Mit einer Quellenangabe wäre dir vermutlich nicht sonderlich gedient. Tatsächlich würde ich meinen, dass von allen denkbaren Möglichkeiten die simple, unentgeltliche Quellenangabe die schlechteste wäre, wenn außerdem nichts vereinbart wird.

Und welche Rechte gebe ich dem Unternehmen mit einer Einverständniserklärung?

Das hängt wirklich ganz von dem zu schließenden Vertrag für die Lizenz ab.

Und in so einem Vertrag sollten halt gewisse Eckpunkte drinstehen:
1. Nutzung exklusiv oder nicht exklusiv?
2. Einmalig, dauerhaft oder aktualisiert fortlaufend?
3. für welchen Zweck? Printwerbung? Onlinewerbung?
4. in welcher Form - lieferst du Rohdaten für beliebige textliche und bildliche Darstellungen, oder "nur" den aktuellen Stand deiner Grafikausgabe als Bild?

Da ich von derlei Dingen nichts verstehe wäre ich dankbar, wenn mir jemand Tipps oder Einschätzungen geben könnte.

Vor allem was das Vertragliche angeht, wäre natürlich die Beratung eines Anwalts nicht das schlechteste - dazu muß sich die Sache dafür allerdings auch lohnen, wovon im derzeitigen Stadium nicht unbedingt auszugehen ist.

Es ist sicherlich nicht verkehrt, wenn du dich, nachdem du dir selbst eine Grundsatzmeinung zu dem Angebot gebildet hast, bei ein paar Leuten deines Vertrauens umhörst, um deren Meinung zu erfahren.

Und auch was den Vertrag angeht: Das ist kein Hexenwerk. Da soll in klarer, deutscher Sprache reingeschrieben werden, was Sache sein soll. Ein einleitender Absatz erklärt, wozu das ganze grundsätzlich gut sein soll, und die Details (siehe Punkte oben, und natürlich auch die Vergütung, wie auch immer die aussieht) stehen dann darunter. Bloß kein Juristendeutsch aufkommen lassen, das ist in der Regel nur verworren formuliert. Und je weniger Paragraphendschungel, desto weniger Fallstricke. Beim Einkauf gibts ja auch keine komplexen Regelungen: Du nimmst Ware und gibst Geld - fertig. :)

- Sven Rautenberg

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