Lolli,
Es ist erstaunlich, dass ich gewann. Ich kämpfte gegen Frieden, Wohlstand und meine eigene Amtszeit.
Gegen das Amt würde ich mal übersetzen. Es war wohl nonsense, ein Versprecher (was ich eher nicht glaube) oder eine metaphorisch-zynische [1] Bemerkung.
Ich denke eine halbwegs wahlkampfrealistische Aussage; abseits der public persona.
[1] Der Kampf gegen den Frieden scheint klar, um Kohle gings auch (Staatsdefizit)
Da niemand Gefahr laufen will, sich wieder in Aneinandervorbei-Diskussionen zu verzetteln, präsizier doch mal bitte Deiner Interpretation von „Kampf gegen Frieden“. „Scheint klar“ ist für Leser äußerst unklar.
... was mit dem Amt gemeint war ist mir aber unklar vielleicht hatte er auch Staatsdiener gemeint, die bekanntlich zum Demokratentum neigen
Bezweifele ich. Ich beziehe diese Aussage ganz klar auf den Wahlkampf im Vor-9/11-Zeitalter und da insbesondere auf die zeitlichen Rahmenumstände des Wahlkampfes. Mein Variante der Interpretation von Bushs Meinung:
• Es war eine lange Zeit des relativen Friedens („End of History“), die vorhergehende Regierung hatte keine kontroversen Kriegsentscheidungen zu treffen. Eigentlich ein Punkt für die amtierende Regierung und damit Al Gore.
• Es war eine lange Zeit von Wohlstand, sowohl staatlich (das erste staatliche Budget-Plus seit den 60ern) als auch privat, in den 90ern brummte die Wirtschaft. Punkt für die Amtsinhaber.
• Al Gore war acht Jahre lang im Amt, Vizepräsident, d.h. auf Bundes- und internationaler Ebene erfahren. Erfahrener als Nur-Gouverneur Bush. Oftmals wird so etwas bevorzugt, Punkt für die Regierung.
Eigentlich war 2000 ja – lässt man die Wahlungereimtheiten raus – ein Langweilwahlkampf, keine wirklich tiefschürfenden Richtungsentscheidungen, keine Leben-oder-Tod Themen. Der eine trat mit einer Platform von Weiter-so mit einer leicht progressiveren Richtung als Clinton an, der andere mit etwas mehr Isolationismus und ansonsten demselben mit etwas mehr konservativen Spin als compassionate conversationism. Ich sah damals als äußerer halb interessierter Zugucker keine großen Unterschiede zwischen den beiden. Man sollte meinen, ein Amtsinhaber hätte da einen Heimvorteil. Aber es kam ja auch ein neuer Aspekt rein, Bushs Unterstützung durch die christliche Rechte, ein Aspekt des in den 90ern aufgekommenen Kulturkampfes; das spielte ja offenbar vorher in Wahlkämpfen eine weniger zentrale Rolle. Es wäre interessant, wenn ein Gedankenexperiment verraten könnte, was passiert wäre, wenn Gore auf einer progressiveren Plattform gefahren wäre anstatt in der Mitte rumzuhocken. Mit einem dann nach rechts abschwenkenden Bush wär das dann wohl ein interessantes Stimmungsbild Ende der 90er geworden.
und zu Wahlzeiten gerne dem ggf. republikanischen Präsidenten mit Indiskretionen schaden.
Ich finde da tun sich beide nix. Fast schon im Gegenteil, ich war neulich beim Querlesen von Woodwards „So-gut-wie-dabei“-Büchern überrascht, wie indiskret das republikanische Top-Personal der letzten und der jetzigen Amtszeit zu sein scheint.
Tim