Stonie: Eva Herman

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Hallo Struppi,

erstmal zum Textverständnis: "Mit" bedeutet immer einen Zusammenhang; das heißt, wenn der Apfel mit dem Baum gefällt wurde, dann passierte das gleichzeitig. Ebenso ist die Äußerung von Frau Herman zu verstehen:

"Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde."

meint: Das Bild der Mutter in Deutschland wurde gleichzeitig mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft.

Woraus du schon sehen kannst, dass sie sich bös' verhaspelt hat (das merkt man auch, wenn man sich das dankenswerterweise von seth verlinkte Audiozitat anhört): Sie meinte nämlich

Das Bild der Mutter in Deutschland soll wieder so wertgeschätzt werden, wie es vor der Abschaffung des Nationalsozialismus der Fall war; die 68er Bewegung hat diesem Bild dann vollends den Todesstoß verpaßt.

Soweit zum Sprachlichen; ich muß anmerken, dass die liebe Frau Herman tatsächlich für eine Journalistin, die ja gewohnt ist, auch schwierige Interviews zu führen, eine beklagenswert schlechte Beherrschung ihrer Muttersprache an den Tag legt.

Du wirst jetzt sicher wissen wollen, wie ich das aus diesem zugegebenermaßen wirklich sehr irreführenden Gestammel herauslesen zu können meine. Dazu habe ich mir bei youtube die entsprechenden Mitschnitte aus Herrn Kerners Sendung geholt und heute morgen Radio Hamburg gehört (ich _liebe_ das Internet! *G*). Frau Herman hat sich tatsächlich dazu hinreißen lassen, zu sagen, dass "damals ja nicht alles schlecht" gewesen sei. Solches mag man bezüglich des kirchlichen Chorgesangs meinen und sagen; wenn es an das nationalsozialistische Familien- und auch Frauenbild geht, dann muss man ganz klar sagen, dass solch eine Äußerung ein klarer Griff ins Klo ist - und das gleich in mehrererlei Hinsicht.

Sicher haben die Nazis eine Art "Mütterkult" getrieben, der den Müttern eventuell ein erhöhtes Selbswertgefühl gegeben hat und in den Köpfen der Menschen ein familienidyllisches Bild hat entstehen lassen; das diente aber einem ganz bestimmten Zweck, das beschreibt Klawischnigg schon sehr schön, so dass man nur noch hinzuzufügen braucht, dass es nicht ausschließlich um Soldatenproduktion ging, sondern um die Stärkung der "arischen Rasse". Zu deutsch: Da wurden Zuchtstuten und -hengste prämiert. Solche, die keine fehlerfreien Nachkommen produzierten, mußten sich gefälligst schämen. Und es wurde damals als Schande angesehen, ein behindertes Kind zu "produzieren".

Gegen Kriegsende fehlte es in Deutschland dann aber an arbeitsfähigen Männern. Was macht man da? Richtig, man holt die Frauen zum Arbeiten an der "Heimatfront". Es war gegen Kriegsende (übrigens nicht nur in Deutschland) so, dass die Frauen durchaus arbeiten gingen und dass sie auch schon eine gewisse emanzipierende Entwicklung durchlaufen hatten. Das hat sich dann nach Kriegsende mit den Trümmerfrauen fortgesetzt und wurde zu Adenauers Zeiten, als das Leben in Deutschland wieder seinen "normalen" Gang zu gehen begann, ganz fix wieder zurückgenommen. In den fünfziger und frühen sechziger Jahren wurde nämlich die Frau wieder ins Heim an den Herd und das Laufställchen verbannt.

Einmal in Gang gesetzte Entwicklungen lassen sich aber selten zum Stillstand bringen, so dass in den sechziger Jahren die Emanzipationsbewegung wieder auflebte. Flankiert wurde das Ganze dann von der pharmazeutischen Forschung, die bekanntlich in dem Zeitraum die erste Anti-Baby-Pille marktreif machte, was die Sexuelle Revolution letztlich erst möglich machte und einem gewissen Oswalt Kolle zu Ruhm, Reichtum und wahrscheinlich auch ziemlich viel Spaß verholfen hat.

Will heißen: Die Nazis haben zwar die Produktion von möglichst vielen Kindern gefördert, der Familienverband als solcher und die Rolle der Mutter innerhalb der Familie war ihnen aber ziemlich egal. Unsere lieben Grundgesetzväter waren es, die den Wert "Familie" tatsächlich so hoch einschätzten, dass sie dessen Schutz im Grundgesetz zu verankern suchten und zu ihrer Zeit war es, dass die Frauen wieder zurück an den Herd "verbannt" wurden. In den 60er un 70er Jahren dann kam die Emanzipationsbewegung zusammen mit Oswalt Kolles Aufklärungswelle wieder in Schwung. Aber wie soll eine Eva Herman das alles in diesen einen reichlich verworrenen Satz packen? Und woher soll sie's auch wissen, wenn sie sich offensichtlich nicht informiert?

Frau Herman selbst macht auf mich den Eindruck, als ob sie darum kämpft, ihre eigene Persönlichkeit unter einem Haufen Müll, den die Zeit so darübergehäuft hat, verzweifelt sucht. Die Dame ist laut Wikipedia Jahrgang 1958, war also 1968 zehn Jahre alt und pubertierte munter genau in den Zeitraum hinein, in dem die moralische Welt in Deutschland auf den Kopf gestellt wurde. Soweit ich mich entsinnen kann, war die Dame nicht nur in jüngster Zeit eine Schlagzeile wert - sie hatte sich wohl auch mal in einer Art und Weise ablichten lassen, dass Deutschland (vermittels BILD) fragte, ob eine solche Tagesschau-Sprecherin wohl noch haltbar sei; eigentlich war das etwas, was heute als recht harmlos angesehen würde, ich meine, sie hätte sich in Lederklamotten mit dunkelrot geschminkten Lippen ablichten lassen, so à la Motorradbraut. Sie sucht also die Aufmerksamkeit der Massen, damals als "wilder Feger", heute als "Heimchen am Herd". Ich fürchte, diese "damals war nicht alles schlecht"-Geschichte wird sie von ihren Eltern in den Kopf gemeißelt bekommen haben, denn die werden vermutlich bei Kriegsende junge Leute oder Kinder gewesen sein.

Und eins müßt ihr euch bei solchen Ereignissen immer vor Augen halten: Für die Kinder und Jugendlichen der Nazizeit ist in einer absolut unerträglichen Weise die Welt zusammengebrochen. Diese Menschen haben einfach Strohhalme gebraucht, an die sie sich klammern konnten, um nicht vollständig den Halt zu verlieren. Das erklärt meiner Ansicht nach beispielsweise auch diesen immer wiederkehrenden Spruch von den Autobahnen. Ich weiss gar nicht, wie oft ich das von Leuten aus der Generation meiner Eltern gehört habe, ebenso wie den "damals war nicht alles schlecht"-Spruch. Das sind Mantren, die in die Köpfe derer eingebrannt sind, die als Kinder der Hitlerjugend geboren wurden (das ist jetzt ein bisschen reißerisch formuliert, aber ihr wißt hoffentlich, was ich meine).

Letztlich fürchte ich, dass Frau Herman einfach eine frustrierte Endvierzigerin auf der Suche nach sich selbst ist. Vielleicht wäre ein Therapeut doch die bessere Wahl gewesen.

File Griese,

Stonie

--
It's no good you trying to sit on the fence
And hope that the trouble will pass
'Cause sitting on fences can make you a pain in the ass.
Und im Übrigen kennt auch Stonie Wayne.
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Eva Herman

Struppi
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