Hallo,
Einmal in Gang gesetzte Entwicklungen lassen sich aber selten zum Stillstand bringen, so dass in den sechziger Jahren die Emanzipationsbewegung wieder auflebte.
Den Arbeitszwang angesichts des totalen Krieges und die Situation nach dem Krieg würde ich nicht unbedingt als Emanzipation bezeichnen, Frauen bekamen bloß aufgrund der Umstände eine andere Rolle. Die war teilweise weniger einschränkend als vorher, aber diese Ausweitung bzw. Änderung war ja leider weniger Resultat eines gesellschaftlichen Kampfes um Gleichberechtigung.
Will heißen: Die Nazis haben zwar die Produktion von möglichst vielen Kindern gefördert, der Familienverband als solcher und die Rolle der Mutter innerhalb der Familie war ihnen aber ziemlich egal.
Natürlich wurde der Mutter, da gab es ja Kontinuitäten vorher und nachher, eine bestimmte Rolle in der Familie zugewesen und der Familienverband war neben der Integration in die Nation durch diverse NS-Organisationen quasi der zweitwichtigste. Eine Mutter war zwar eine »Gebärmaschine«, aber sie war nicht nur biologisch instrumentalisiert und darauf reduziert, sondern hatte ihre Rolle als »Rückgrat« zu erfüllen, also eine durchaus zentrale und ideologisch aufgeladene Rolle im NS-Staat. In Neonazi-Strukturen heute sind die Frauen ebenfalls keine stummen und politisch gelenkten Heimchen am Herd, die bloß Junge werfen sollen, sondern durchaus einflussreiche Personen, die einen wichtigen Teil zum Funktionieren der Szene beitragen, wenn auch in anderer Form als die Männer.
Unsere lieben Grundgesetzväter waren es, die den Wert "Familie" tatsächlich so hoch einschätzten, dass sie dessen Schutz im Grundgesetz zu verankern suchten und zu ihrer Zeit war es, dass die Frauen wieder zurück an den Herd "verbannt" wurden.
Hier eine krasse Diskontinuität zu behaupten (»im Gegensatz zum NS hatten die BRD-Gründer diesen Wert, dem NS war die Familie egal«) bei gleichzeitiger Kontinuität zum NS halte ich für gewagt (»aber sie sperrten die Frauen gleichermaßen ein«). ;)
Natürlich war die Familie ein genuiner Wert im NS. Warum wird das so vehement bestritten? Was heißt schon Wert: Ein Projektionsfeld für Sinnstiftung bis hin zur Ideologie, eine politisch-moralische Aufladung und Nutzbarmachung.
Mathias