Hi,
[...] aber hier in Deutschland ist es durchaus üblich (und wie du ganz richtig bemerkst, auch vorgeschrieben), dass man als Autofahrer am Zebrastreifen anhält, wenn Fußgänger offensichtlich die Straße überqueren wollen.
Das kann ich nicht bestätigen. Zudem gibt es viele Autofahrer, die diese Regelung nicht einmal kennen.
ich weiß nicht, ob meine diesbezüglichen Erfahrungen aus dem süddeutschen Raum repräsentativ sind - ich hatte es jedenfalls bisher angenommen. Aber auch wenn ich als Fußgänger in und um Dortmund unterwegs war, habe ich mich nie übermäßig gefährdet oder durch den rollenden Verkehr bedroht gefühlt.
Und den übrigen tut man gern den Gefallen, Zebrastreifen großzügig abzuschaffen. Hier im Ort gleich mehrere im Umkreis von einem Kilometer, alle an besonders von Kindern frequentierten Stellen.
Das ist natürlich beknackt. Hier in der Stadt ist es eher umgekehrt. Da werden mehr und mehr 30er-Zonen, verkehrsberuhigte Bereiche, Zebrastreifen oder sogar Fußgänger-Bedarfsampeln geschaffen. Das geht hier schon wieder so weit, dass ich es als Autofahrer für übertrieben und lästig halte.
Allerdings ärgere ich mich auch oft als Fußgänger über die Bedarfsampel an der Kreuzung etwa 300m von meiner Haustür weg. Wenn ich da als Fußgänger aufs Knöpfchen drücke, muss ich manchmal bis zu 3 Minuten warten, bis ich endlich grün habe. Und dann habe ich exakt 5 Sekunden grün! Ich habe vor einiger Zeit schon einmal an die Stadt geschrieben und diese unzumutbar kurze Grünphase für die Fußgänger kritisiert; ein paar Wochen später ist die Ampelsteuerung tatsächlich überarbeitet worden: Jetzt hat man mit etwas Glück sogar 8 statt 5 Sekunden grün, wenn das "zufällig" mit den Phasen für den Straßenverkehr zusammenpasst. Schönen Dank auch.
Aber solche Zustände sind hier zum Glück nicht die Regel.
meist geht es im Straßenverkehr recht diszipliniert zu.
Meist ja, nur eben nicht in Deutschland.
Ach?
In vielen anderen Ländern fährt und geht es sich wesentlich entspannter.
Das ist unbestritten - etwa in Kalifornien. Da ist das Autofahren sogar im Straßendickicht von Los Angeles oder San Francisco noch vergleichsweise entspannend, wenn ich mit der Stuttgarter Innenstadt vergleiche. Nur Fußgänger sind bei den Amerikanern in vielen Städten wohl nicht als Verkehrsteilnehmer vorgesehen.
In Schweden und Finnland beispielsweise habe ich auch Raser erlebt, aber die wissen, dass sie etwas falsch machen, und nötigen anderen Verkehrsteilnehmern nicht ihr Verhalten auf. Stattdessen bremsen sie bei Bedarf ab und nehmen ihre überhöhte Geschwindigkeit wieder auf, sobald ihnen niemand mehr im Weg ist. Kein Drängeln, kein Hupen, kein Blinken.
So kenne ich das hier aber auch (und praktiziere das manchmal auch selbst).
Hierzulande hingegen braucht man schon ein dickes Fell, wenn man sich nur an die Regeln halten möchte.
Das liegt aber nicht zuletzt auch an der Überregulierung, die du ja selbst schon angeprangert hast. Die Deutschen übertreiben es einfach mit Verboten, Geboten, Tempolimits und anderen Beschränkungen.
Und trotzdem passieren in diesem Ländern weniger Unfälle in Bezug auf angefahrene Fussgänger.
Das könnte aber auch daran liegen, dass die Fußgänger dort "von Natur aus" aufmerksamer sind und sich weniger in falscher Sicherheit wiegen.
Es wäre ein sehr schlechtes Zeichen, wenn dem so wäre.
Nein, finde ich nicht. Die Tatsache, dass Fußgänger z.B. an Zebrastreifen eigentlich Vorrang haben, entbindet sie nicht von ihrer Pflicht, trotzdem sorgfältig und aufmerksam zu sein. Das wird aber oft missachtet, Fußgänger latschen einfach auf die Straße, ohne rechts und links zu gucken. Wenn dann zufällig noch ein Autofahrer kommt, der entweder mal nicht aufpasst oder die Hoppla-Hier-Ich-Einstellung hat, dann knallt's.
Wenn den Fußgängern aber von vornherein klar ist, dass sie sich nicht auf ihr Vorrecht verlassen dürfen, ist das ein Plus an Sicherheit.
Fahrzeuge immer weiter auf Kosten der Fußgänger zu privilegieren, ist keine Lösung. Das Gegenteil funktioniert.
Ja, es funktioniert. Ich halte aber eine konsequentere Trennung (abgeteilte Fußwege, Über- oder Unterführungen) für sinnvoller. Denn Fußgänger und Kraftfahrzeuge sind eben sehr, sehr verschiedene Verkehrsteilnehmer. Wenn man sie vermischt und ihnen *gemeinsame* Verkehrswege zuordnet, wird man immer eine der beiden Gruppen benachteiligen und/oder behindern. Das muss nicht sein, finde ich. Eher würde ich schon Fußgänger und Radfahrer mischen, wenn's sich so ergibt, und den Radfahrern das Recht einräumen, auch in Fußgängerzonen zu fahren (was die meisten de facto sowieso tun).
Schönen Abend noch,
Martin
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