at: Artikelbewertung "Typographische Gestaltung und Layout mit CSS"

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Hallo.
Ich stelle meinen Nachsatz besser gleich nach vorne, damit du die Kritik nicht in den falschen Hals bekommst: Ich halte deine Arbeit trotz ihrer Mängel für sehr gelungen. Sie wird dem Anspruch, ein Text eines interessierten Laien für andere interessierte Laien zu sein, in weiten Teilen gerecht. Überhaupt finde ich es schön, dass du dich für das Thema interessierst und sogar andere dafür gewinnen möchtest. Das verdient großen Respekt und das Ergebnis meinen Glückwunsch.

  • Sind die behandelten Aspekte korrekt dargestellt?

Im Wesentlichen. Daher hier die aus meiner Sicht wichtigsten Ausnahmen:

  • "In der Praxis des Webdesigns lässt sich das Thema jedoch stark vereinfachen, da viele Feinheiten, leider aber auch viele Kernelemente aufgrund diverser technischer Barrieren nicht sinnvoll umgesetzt werden können. Dieser Artikel beschränkt sich auf die Einstellungen, die allein mit HTML/CSS möglich sind." -- Er schränkt sich auf sehr viel weniger, doch dazu später mehr. Und deine Einleitung entschuldigt das auch nur vordergründig. Es geht viel, wenn man will.
  • "die wichtigsten Fachwörter kurz zu erläutern" -- Guter Gedanke, aber wie soll die darauf folgende Liste diesem Charakteristum gerecht werden?
  • "Der Text enthält alle typographisch relevanten Elemente" -- Siehe oben, siehe unten.
  • "Um browserübergreifend die gleichen Grundeinstellungen zu haben, werden zu Beginn mittels einem "Reset-Stylesheet" sämtliche Browser-internen Formattierungen gelöscht." -- Das ist natürlich falsch, denn zum einen lassen sich bestimmte Werte nicht überschreiben -- wer einmal versucht hat, Mozilla beizubringen, wie ein <fieldset> anderswo aussehen kann, wird wissen, was ich meine --, zum anderen werden hier bestimmte Werte eben nicht überschrieben -- unter anderem die Angabe für die Schriftart!
  • "An erster Stelle der Textgestaltung sollte also die Wahl der Schriftart stehen." -- Diese Ansicht halte ich für falsch und nur wichtig für die Dramaturgie deines Artikels. In einem Medium, das in Hinsicht auf Schriftarten derart minderbemittelt ist, darf die Wahl der Schriftart nicht an erster Stelle stehen, wenn man sein Haus nicht auf Sand bauen möchte. Dein darauf folgender Absatz verdeutlich diese Problematik nur wenig, sondern sagt mir hauptsächlich: "Die Auswahl der richtigen Schriftart ist erstens schwierig und zweitens eigentlich auch egal." -- @font-face existiert übrigens.
  • "Es empfiehlt sich also, in jedem Fall eine konkrete Schriftart anzugeben - am besten eine mit hohem Verbreitungsgrad, denn dann sind nur in Ausnahmefällen Probleme zu erwarten." -- Falsch. Die Reihenfolge lautet: 1. Wunsch-Schriftart, 2. Alternative mit großer Ähnlichkeit, 3. Alternative mit geringerer Ähnlichkeit, aber größerer Verbreitung, 4. weit verbreitete Schriftart, die entfernt an die Wunsch-Schriftart erinnert, 5. generische Schriftart. Wer sich nicht an diese Reihenfolge hält oder mehr als zwei dieser Punkte zusammenfasst, sollte sich einem anderen Thema zuwenden.
  • "Die wenigsten Schriftstücke verwenden durchgehend die gleiche Schrift." -- Diese Aussage halte ich für mindestens sehr gewagt, sie als Tatsache stehen zu lassen, mithin für falsch.
  • "Aufgrund der Darstellung in Pixeln werden die Serifen bei auf dem Monitor klein dargestellten Buchstaben oft unscharf - und sind damit abhängig vom Monitor und der verwendeten Auflösung eines Besuchers besser oder schlechter zu lesen." -- Zum einen ist die letzte Aussage in diesem Zusammenhang unglücklich formuliert, denn der Leser könnte "besser oder schlechter zu lesen" fälschlich zu "besser oder schlechter als serifenlose Schriftarten zu lesen" vervollständigen. Zum anderen widerspricht deine ja im Prinzip nicht falsche These der unscharfen Darstellung der blockartigen Darstellung auf deinem Bildschirmfoto.
  • "Serifen wirken oft edel und gediegen, allerdings dabei schnell auch streng und kühl, während serifenlose Schriftarten meist ein modernes, technisches Bild abgeben, aber manchmal auch einen eher unscheinbaren Eindruck bieten." -- Erklärst du mir kurz den Unterschied zwischen streng/kühl und modern/technisch? Und was nutzen solche Allgemeinplätze folglich?
  • "Die folgende Aufzählung soll wichtige Charakteristika, Vor- und Nachteile gebräuchlicher Web-Schriftarten aufzeigen." -- Guter Gedanke, aber was dir dann etwa zur Times New Roma einfällt, wird dem nicht gerecht. Und selbst die Angaben zur Verbreitung wirken wenig konsistent.
  • "In der Realität ist ein "M" jedoch unter Umständen um einiges größer, wie folgendes Beispiel mit CSS verdeutlicht:" -- Dein Beispiel verwirrt mehr als Klarheit zu schaffen.
  • "body { font-size:87.5%; }" -- Für gute Lesbarkeit fehlen da mindestens 12,5 Prozentpunkte. Und von Pixel-Angaben für Schriftgrößen solltest du generell Abstand nehmen, ebenso wie von Umrechnungen der Einheiten. Könnte man sie so einfach umrechnen, bräuchte man sie ja gar nicht.
  • "Gut formattierte Texte zeichen sich vor allem durch einen konsistenten, gleichmäßigen vertikalen Rhythmus aus. Das bedeutet, dass sämtliche Zeilenabstände und Absätze so gesetzt werden, dass der Abstand zwischen zwei Zeilen immer ein ganzzahliges Vielfaches des Grundabstands ist. Dementsprechend müssen nun sämtliche Angaben für line-height, margin und padding gesetzt werden." -- Entschuldige, aber musst du etwas gründlich missverstanden haben, denn ein guter visueller Rhytmus ergibt sich eben visuell und nicht durch pauschale Mathematik. Was für das Layout eines klassischen Romans gilt, ist für dein Thema schlicht falsch.
  • "Als Standard-Richtwert für Printmedien gilt hier 1,2-fache der Schriftgröße" -- Zunächst fehlt da ein Wort vor "1,2-fache". Aber dieser Wert sowie der Begriff "Printmedien" sind zu pauschal, um richtig sein zu können.
  • "Grundsätzlich gilt zudem, dass serifenloser Schriften ein größerer Zeilenabstand benötigen als Serifenschriften." -- Grundsätzlich gilt zudem die deutsche Grammatik.
  • "Wollen wir alle sechs Überschriften (h1 bis h6) schon allein durch ihre Schriftgröße erkennbar auszeichnen, brauchen wir bereits sechs weitere Schriftgrößen und dementsprechend angepasste Zeilenabstände." -- Wollen wir aber nicht. Wenn du eine Fingerübung für die Berechnung der Zeilenabstände suchst, genügt ein einzelnes Beispiel mit runden Zahlen. Kommazahlen-Fetischismus nutzt niemandem und wirkt nur scheinbar professionell.
  • "Bei den inline-Elementen code, dfn, kbd, samp und var ergibt sich das Problem, dass diese in Firefox und Opera das vertikale Raster sprengen, obwohl sie korrekte Größenangaben für Schriftgröße und Zeilenabstand bekommen. Dies liegt an der vertikalen Ausrichtung an der Mittellinie der aktuellen Zeile und kann behoben werden, indem man der vertikalen Ausrichtung einen anderen Wert als middle zuweist:" -- Da die Darstellung normalerweise korrekt funktioniert und durch einen sinnvollen Reset sichergestellt sein sollte, muss der eigentliche Fehler wohl anderswo liegen.
  • "Meist liegt der normale Wortabstand bei ca. 0.25em. [...] es gilt jedoch, dass fette Schriften einen etwas größeren Wortabstand benötigen und große Schriften generell etwas enger gesetzt werden können." -- Das hängt zunächst vom Grauwert der Schriftart ab. So genügt einem fetten Schriftschnitt im Versalsatz zur Erzeugung eines sichtbaren Kontrastes zwischen Wort und Leerzeichen ein gerigerer Wortabstand als einem leichten Schriftschnitt. Weshalb rät man aber zu einem umgekehrten Vorgehen? Vielleicht weil es einfach besser aussieht. Insgesamt ist die Erklärung jedenfalls bestenfalls dürftig, und eigetlich auch überflüssig. Denn wenn man sich schon nicht sicher sein kann, welche Schrift überhaupt beim Nutzer dargestellt wird, sollte man sich schon sehr sicher sein, wenn man die Standardwerte für Zeichen- oder Wortabstände zum Zweck der besseren Lesbarkeit verändern möchte. An dieser Stelle tritt übrigens ein weiteres Problem von CSS auf: Man kann Eigenschaften nicht daran koppeln, dass tatsächlich die gewünschte Schrift zum Einsatz kommt.
  • "Seitliche Abstände beeinflussen die Lesbarkeit eines Textes weit weniger als vertikale Abstände." -- Du kennst mehrspaltigen Satz?
  • "Beschränkt man sich auf die reine Anwendung von CSS(2), sind dies die fundamentalen Einstellungen, die man vornehmen kann und sollte. Eine tiefgreifendere Textgestaltung erfordert meist zusätzliche Techniken wie Javascript oder reguläre Ausdrücke zur Textersetzung." -- Die Möglichkeiten von CSS sind hier bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Wäre dem so, wäre CSS für auch nur halbwegs anspruchsvollen Satz nicht zu gebrauchen.
  • "Abhilfe schafft hier eine Silbentrennung durch den Autor. Manuell wäre dies eine wahrlich undankbare Aufgabe" -- Da lange Wörter meist zusammengesetzte sind und auch den Flattersatz zerschießen können, empfiehlt es sich generell, &shy; sinnvoll einzusetzen.
  • "Es existieren auch diverse typographische Richtlinien zur Anpassung von Wort- und Zeichenabständen in Spezialfällen, beispielsweise die Größe des Leerzeichens nach einer Abkürzung, sowie zur korrekten Verwendung von Sonderzeichen, z.B. die Unterscheidung zwischen Gedanken- und Bindestrich. Die manuelle Formattierung dieser Vorgaben ist möglich, jedoch recht aufwendig, sinnvoller ist hier (sofern möglich) der Einsatz von regulären Ausdrücken." -- Man beachte aber auch, dass CSS im Zusammenspiel mit HTML weit größere Möglichkeiten hätte, wenn gleichzeitig die Hersteller der Webbrowser CSS besser unterstützen und die Autoren semantisches HTML zielgerichteter einsetzten.
    MfG, at