Der Martin: Usability: Erwartungskonformität

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Hallo,

»» Und ein a-Element ist hier prinzipiell falsch gewählt
Wenn hier irgendetwas prinzipiell falsch ist, dann höchstens die abgehobene Denkweise der Antwortenden.

die ist nicht "abgehoben", sondern ergonomisch gelenkt.

Hier ein »prinzipielles« Verbot aufzustellen, weil in der Markup-Theorie nicht sein darf, was tausendfach bestens funktioniert, lenkt die Sicht weg von praxisrelevanten Fragen wie Usability und User Experience.

Im Gegenteil: Usability und User Experience ist genau das, was man hier bedienen möchte.

Aber du hast sicher schlagkräftige Argumente, wieso teilst du sie dem Fragenden nicht mit.

"User Experience" meint wahrscheinlich Erwartungskonformität. Der Mensch ist an bestimmte Eigenschaften oder Konventionen seiner Umwelt oder eines Produkts, das er benutzt, gewöhnt. Interessanterweise findet man im Internet zum Stichwort "Erwartungskonformität" fast ausschließlich Artikel, die sich unter diesem Aspekt mit Software beschäftigen. Dabei gibt es auch reichlich Beispiele aus dem Alltag:

* Jeder Radio- und Fernsehtechniker wird dem Kunden die Sender am Fernseher so einstellen, dass ARD auf Programmplatz 1, ZDF auf Programmplatz 2 liegt (wenn das nicht sogar die automatische Sortierung nach dem Sendersuchlauf schon tut).
* Wenn wir in ein Auto einsteigen, setzen wir (wenn's nicht gerade ein Automatik-Fahrzeug ist) instinktiv eine klassische H-Schaltung voraus - dabei gibt es einige andere Konzepte, sie sind aber unüblich.
* Lichtschalter sind meist in Griffhöhe direkt neben der Tür zu einem Raum, obwohl ein Fußschalter vielleicht sogar praktischer wäre, könnte man ihn doch auch bedienen, wenn man keine Hand frei hat.

Ebenso haben wir uns in jahrelanger Gewöhnung an das Internet darauf eingeschossen, dass man durch Klicken auf einen Link eine neue Seite aufruft, und nicht irgendeine -vielleicht praktische- Funktion innerhalb der aktuell angezeigten Seite.

Wenn jemand mit solchen Konventionen bricht, muss er also zunächst damit rechnen, dass diese Idee nicht verstanden, nicht angenommen oder ihr sogar Widerstand entgegengebracht wird, und sei sie noch so pfiffig (denn mal im Ernst: Einen zwingenden Grund für die oben genannten, "üblichen" Konventionen gibt es nicht). Eine neue Idee muss entweder so gut sein, dass sie spontant als "praktisch" oder "genial" anerkannt wird, oder der Urheber wird es schwer haben, seine Idee an den Mann (an die Frau) zu bringen. Das Festhalten an Gewohnheiten wirkt bei den meisten Menschen stärker als die Bereitschaft, Neues auszuprobieren (bei mir auch, ja). Nicht umsonst heißt das Sprichwort: "Der Mensch ist ein Gewohnheitstier." Dieser menschlichen Grundeigenschaft sollten wir Rechnung tragen, anstatt uns immer wieder neue Varianten bekannter Konzepte auszudenken.

So long,
 Martin

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"So schnell waren wir noch nie am Unfallort", sagte der Polizist zu seinem Kollegen, als er einen Laternenmast gerammt hatte.