Alexander (HH): OT: Stereoanlage für ältere Dame

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Moin Moin!

Ich finde es echt schade, dass trotz der diversen Retro-Wellen noch niemand auf die Idee gekommen ist, kommerziell(!) wieder die alten Dampfradios zu bauen, mit Gehäusen aus möbelartig aufbereitetem Holz [...]

Meinst du so oder so oder so etwas?

Jein, Nein, Jein.

Das erste Radio ist eine fürchterlich billige Plastikdose, oder zumindest sieht es so aus. Google spuckt von irgendeiner Seite das Textfragment "Holzgehäuse echtholz furniert" aus, aber auf der Seite selbst ist der Text nicht zu finden. Glaube ich bei den Bildern von Amazon auch nicht. Die Gitterstäbe an den Seiten müssen wirklich nicht sein, und irgendjemand hat vorne zwei schwarze Bolzen in die Front gerammt, die da genauso wenig hin gehören. Das sieht so aus, als hätte da ein Heimwerker mit dem Bohrhammer zwei billige Potis mit Plastik-Achsen reingemeißelt. Wäre ich nicht über "Soundmaster" gestolpert, dann spätestens über die Angabe "50 W PMPO". Wenn ich mir die Klappe im Deckel (die jedem Oldie-Fan die Tränen in die Augen treiben würde, wäre das ein echter Oldie) ansehe, in der der CD-Player steckt, dann ist das Radio kaum größer als eine Philetta. Der Rest der Front, und insbesondere der Rahmen um LS-Gitter und Bedienfeld, ist allerdings ganz gut gelungen.

Das zweite Ding sieht eher aus wie das mißratene Kind eines Tivoli Audio-Klotz-Radios und einer schlechte Kopie eines alten Braun- oder Dual-Geräts [1]. Röhren hat man -- mit Ausnahme der Magischen Augen und der Bildröhren -- in der Zeit der Dampfradios versteckt und nicht ins Schaufenster gestellt. Das sieht ja aus wie nachts auf der Herbertstraße! Die in die rechte Seite reingefrickelte Nahbedienung / Anschlußfeld ist wohl an Häßlichkeit kaum zu überbieten. Wer soll das Ungetüm in einen Schrank stellen? Und über 200W aus den winzigen Röhren reden wir besser mal gar nicht erst.

Nummer drei: Auch ein billig gebauter Kasten, zu klein, falsche Proportionen des LS-Gitters und der Bedienblende, der dicke "Tragbalken" quer über die Front gehört da schonmal gar nicht hin, die Skala ist nicht in die Bedienblende integriert, zu wenige Knöpfe in der Mitte (mind. fünf!), weder Bedienblende noch LS-Gitter sind geneigt, und der Bereich um LS-Gitter und Bedienblende hat die falsche Farbe und Optik. Die Füße passen gar nicht. Gut eingefangen ist der Holz-Look (auch wenn da wohl Photoshop reichlich nachgeholfen hat), die Zierleisten und die Abrundungen links und rechts. Allerdings gehören die Abrundungen nicht an die linke und rechte Vorderkante, sondern an die linke und rechte Oberkante.

Was mir bei allen dreien fehlt, ist der sinnvolle Einsatz der verfügbaren Technik. Man sollte doch in der Lage sein, die Features zu implementieren, die es schon vor 40 bis 50 Jahren gab: Stereo-Betrieb, Senderspeicher [2], automatische Feinabstimmung [3], Eingang mit DIN- bzw. Line-Pegel, Baß- und Höhenregler, Antennenanschluß, abschaltbare Loudness-Funktion. MW-, KW- und LW-Empfang kann man sich schenken, UKW reicht IMHO.

Damit wären wir bei einem einzigen kleinen Käfer, der nur noch ein paar passive Bauteile und ein vernünftiges Bedienteil braucht, um aus einer Frequenz-Angabe und einem Antennensignal ein Audio-Signal mit Line-Pegel zu machen. So einer, wie er auf einer meiner alten ISA-Bus-Karten sitzt. Ein zweiter Käfer für die Klangregelung und Quellenumschaltung, ein dritter für die Endstufe. Das alles gesteuert von einem vierten Käfer, der seine vielen Beinchen an den Bedienelementen (Taster und Drehimpulsgeber) und der Zeiger-Simluation der Frontplatte hat, und vielleicht noch ein Beinchen an einem IR-Empfänger. Wenn man das in größeren Stückzahlen herstellt, kommt man wahrscheinlich mit weniger ICs aus, bis auf die Endstufe müßte alles locker in ein IC passen. Platz für einen SD-Card-Reader oder USB-Reader und einen MP3-Decoder wäre da vermutlich auch noch.

Ich habe hier noch ein Loewe Opta „Hellas“ herumstehen. Das soll aber nicht geschlachtet werden, sondern mal wieder laufen.

Ja, das ist ein Radio! Läuft das oder braucht es eine Reparatur? Ich hätte da einen echten Experten in der Familie, der diese Schätzchen schon professionell repariert hat, als die noch neu waren.

Alexander

[1] Ja, ich bin mir bewußt, dass diese Häßlichkeit unter dem Dual-Label vertickt wird. Aber seit Dual an Schneider/Amstrad verramscht wurde, kann ich Dual nicht mehr ernst nehmen. Mittlerweile ist Dual eine total tote Marke, wie auch AEG, Nordmende, Saba und Telefunken, die wahllos und austauschbar auf irgendwelchen Billigst-Dreck aus Fernost gepappt wird, und deren einziger Restwert im ehemals guten Namen besteht.

[2] Rein mechanisch, mit netzbetriebenem E-Motor, der selbständig den Sender-Knopf samt Skala und natürlich Abstimmkondensator gedreht hat.

[3] Ein elektronisch gesteuerter E-Motor, der wiederum am Sender-Knopf gedreht hat.

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