Alexander (HH): OT: Stereoanlage für ältere Dame

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Moin Moin!

Wenn die Dame mit Kassetten und CDs nicht mehr hantieren kann, wie soll sie dann mit gängigen Speicherkarten herumfummeln, die noch wesentlich kleiner sind?

müsste sie das? Eine 8GB-Speicherkarte fasst locker das Äquivalent von 50..80CDs als mp3-Dateien. Viel größer ist vermutlich der Fundus an vorhandenen Tonkonserven auch nicht.

Richtig. Da braucht's "nur" noch einen Freiwilligen, der ein paar kg Tonkonserven digitalisiert und auf die Karte schreibt.

HTPC wäre vielleicht ein Ansatz

Das mag für unsereins interessant klingen; für ältere Leute nur, wenn sie ausgesprochen technophil veranlagt sind. Das ist bei den Damen noch seltener der Fall als bei den Herren.

Richtig. Deswegen ja auch der Rest des Absatzes:

Ich denke nicht, dass die Dame viel Lust hat, sich in die "Wunderheilung" aktueller Frickel-Lösungen einzuarbeiten. Mehr wirst Du für 150 € aber kaum bekommen. Und dann mut Du der Dame noch erklären, warum sie HTPC, Fernseher und ggf. noch einen externen Verstärker in Betrieb nehmen muß, wenn sie "nur" Radio hören will.

So ähnlich stelle ich mir das auch vor. Kriegt man aber heutzutage kaum noch.

Im Fachhandel eher als bei den Kistenschiebern, und im mittleren Preissegment eher als beim Low-Cost-Gerümpel. Natürlich muß sich der Fachhändler Mühe geben, vielleicht auch mal den einen oder anderen Katalog ausgraben und ggf. auch mal seine Lieferanten aushorchen.

Was die Leistung angeht: 2x 15 W Sinus reichen aus, um auch ein altgedientes Gehör mit genügend Pegel zu versorgen.

Unbedingt, ja. Die Frage ist, wie anspruchsvoll das Gehör der Dame (noch) ist. Eine 60W-Endstufe, die gerade so im "Standgas" fährt, erreicht meist eine erheblich bessere Qualität und einen ausgewogeneren Klang als eine kleine 5W-Endstufe, die auf dem letzten Loch pfeift.

Richtig, wobei das noch nicht die ganze Wahrheit ist. Endstufen bekommt man heutzutage ohne viel Mühe so linear, dass man sehr viel Meßtechnik braucht, um Unlinearitäten zu finden.

Bei Lautsprechern sieht das viel gruseliger aus, kommt dann noch ein Gehäuse dazu und eine passive Frequenzweiche, wird es richtig wild. Die Kunst ist also nicht die Endstufe, sondern die Lautsprecherbox. Zu allem Übel hängt auch noch der Raum als "Last" am Lautsprecher.

Ein anderes Problem ist das Netzteil, womit wir schon fast bei PMPO wären.

und erst recht PMPO ("Peak Musik Power Output")

Ein extrem "weiches" Netzteil aus einem schlappen Trafo liefert eine hohe Leerlaufspannung, die multipliziert mit dem möglichen Kurzschlußstrom eine wunderbar hohe Pseudo-Leistung (PMPO) bringt. Noch dazu ist es billig. Nur leider bricht das Netzteil immer dann ein, wenn dem Lautsprecher eine Leistungsspitze gegeben werden soll. Ergebnis ist der typische Klang eines 5-Euro-Kofferradios auf voller Lautstärke.

Ein hartes Netzteil knickt unter Last nicht wesentlich ein, kann die Leistung tatsächlich zum Lautsprecher bringen, ohne wesentliche Klangbeeinträchtigungen. Die sabbernden HiFi-Fanatiker sehen dafür gerne riesige Elkos und konventionelle Trafos aus mehreren kg Metall, mit einem Wirkungsgrad, der einem die Tränen in die Augen triebt. Die pragmatischere Lösung ist ein Schaltnetzteil, dass die Versorgungsspannung schnell nachregeln kann, wenn man viel Aufwand treibt, sogar an die gewünschte Lautstärke anpassen kann. Leichter, effizienter, aber ohne Sabberfaktor. Einzig die Schaltfrequenz muß so gewählt sein, dass sie nicht den NF-Teil stört. Der Extremfall ist die "Klasse-D"-Endstufe, letztlich ein Schaltnetzteil, dessen Ausgangs-Sollwert direkt durch die NF bestimmt wird.

Und ein dritter Punkt ist die Ansteuerung der Endstufe. Wenn die Ansteuerung so ausgelegt ist, dass die Endstufe gar nicht erst übersteuert werden kann, gibt es auch bei nominal kleiner Leistung keine Übersteuerung und kein Clipping. Das ist dann Deine "60W-Endstufe im Standgas", nur dass weder Netzteil noch Transistoren dauerhaft 60W liefern können müssen. Dazu muß man allerdings auch das elektrische Verhalten der Boxen einigermaßen
kennen -- sprich: möglichst die mitgelieferten Boxen benutzen.

Das ist sowieso empfehlenswert. Viele Lautsprecher sterben am Clipping zu *schwacher* Verstärker, dass den Lautsprecher sehr brutal (Rechteck-Signal) von einem Anschlag zum anderen prügelt. Gegen zu *viel* Leistung haben gute Boxen (die unabhängig vom Verstärker verkauft werden) meist einen Überlastschutz, oft in Form einer Sicherung oder einer in Reihe geschalteten Glühlampe. Der Witz bei der Glühlampe ist ihr Kaltleiter-Effekt. So lange die erlaubte Leistung nicht überschritten wird, ist die Glühlampe nichts weiter als ein sehr kleiner Widerstand. Bei zu viel Leistung wird der Glühfaden schließlich heiß, der Widerstand steigt und nimmt Leistung von den Lautsprechern weg. Je mehr Leistung kommt, desto heißer wird die Glühlampe und desto weniger Leistung kommt bei den Lautsprechern an. Und bei viel zu viel Leistung brennt die Glühlampe ganz selbstlos durch und die Nachbarn genießen die Stille.

Das ist eh eine völlig unsinnige Angabe. Blitzgeräte für traditionelle Kameras erreichen Impulsleistungen von 40..50kW. Und was sagt das aus? Beim Blitzgerät vielleicht schon einiges, bei der Verstärker/Lautsprecher-Kombination höchstens, dass der Einschaltknack oder nach ein paar Jahren das Kratzen des Lautstärke-Potis unglaublich laut ausfallen kann.

Wobei Einschalt-Knack und kratzende Potis Zeichen von billiger, veralteter Technik sind. Den Einschalt-Knack kann man ziemlich einfach mit einem Relais und ggf. einem Dummy-Widerstand erschlagen; das Relais kann man gleichzeitig auch noch dazu benutzen, die Lautsprecher bei einem Endstufen-Defekt zu schützen. Und Lautstärke-Potis sind dank Fernbedienung und einigen cleveren ICs (angefangen bei elektronischen Potis, dann komplett elektronische Lautstärke- und Klangregelung, und schließlich DSPs mit A/D- und D/A-Wandlern) ziemlich ausgerottet.

Musik-Liebhabern könnte ein guter Kopfhörer helfen

Möglich. Aber wer möchte mit so'm Ding auf dem Kopf rumlaufen? Das beschränkt sich vermutlich auf eine kleine Minderheit von Musik-Enthusiasten.

Teilweise. Das sind dann die Leute, die in ihren vier Wänden mit dem Taktstock in der Hand ein unsichtbares Orchester dirigieren, dass man meinen könnte, sie hätten den einen oder anderen Finger in der Steckdose. Dabei halten sie sich aber wie ihre Vorbilder auch daran, mehr oder weniger an einem Platz zu stehen, so dass ein Kopfhörerkabel nicht wirklich stört.

Die andere Gruppe sind Leute, die ihr Gehör mit so viel Pegel versorgen müssen, dass die Musik über Lautsprecher abgespielt Türen und Fenster aus den Rahmen drücken und den Nachbarn die Ohren bluten lassen würde.

Die Leute aus der letzteren Gruppe haben zum Fernsehen oft auch einen Kinnbügel-Kopfhörer (von einem meiner Chefs verkauft bekommen), damit die Nachbarn nicht im Takt vom Musikantenstadl durch die Wohnung geschüttelt werden. Je nach Hörschaden und Wohnung kann man zwar auch den Kopfhörer noch im Nebenzimmer wahrnehmen, aber es muß eben nicht mehr durchs ganze Haus dröhnen.

Alexander

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