Anatol F.: Boykotiert YouTube - und zwar gnadenlos!

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Hi,

Ich vergleiche diese Problematik gerne mit der Erfindung der Gewerkschaften. Aber da bin ich mir nun tatsächlich nicht sicher, inwieweit sich die Grundidee der Gewerkschaft als solche überlebt hat - in Sachen Urheberrecht bin ich mir da schon wesentlich sicherer.

nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Gewerkschaften sind zu Beginn der industriellen Revolution entstanden, einer Zeit, in der die meisten Arbeiter unter wiedrigsten Umständen sich fast zu Tode arbeiten mussten, um überhaupt ein Auskommen zu haben, das zum Überleben gerade so reichte. Die Arbeitszeiten waren in diesen Zeiten doppelt so lange (14-16 Stunden) wie die Arbeitszeiten eines heutigen Angestellten (8 Stunden) und das zum Teil bei körperlich anstrengendster Arbeit (Kohlegrube, Bergwerke etc.). Die Gewerkschaften sind zum Schutz und als Interessensvertretung der Arbeiter entstanden, die, wenn sie sich nicht organisiert hätten, den Unternehmern hoffnungslos zur Ausbeutung ausgeliefert wären. Gewerkschaften wie Unternehmen haben sich seit dieser Zeit weiterentwickelt.

Auf Unternehmerseite gibt es nicht mehr (kaum noch) den klassischen Unternehmer, sondern Gesellschaften wie Aktiengesellschaften, bei denen die Eigentümer (Aktionäre) nicht mehr greifbar sind, also meist anonyme Anteilseigner sind, deren Bevollmächtigte auf den Hauptversammlungen den Aufsichtsrat bestellen, der wiederum den Vorstand wählt, welcher den Eigentümern, den Aktionären, Rechenschaft ablegt. Das System der Unternehmen am Beispiel der Aktiengesellschaften hat sich strukturell so weiterentwickelt, dass es gar nicht mehr den einzelnen Unternehmer gibt, denn auch ein Vorstand oder Aufsichtsrat ist letztlich Angestellter einer Firma. Von den Eigentümern sieht man nichts, hört man nichts und liest man nichts. Meist stecken Eigentümer(familien) hinter einem ganzen Geflecht von Gesellschaften, um unerkannt bzw. anonym zu bleiben. So können sie im Hintergrund, für die Allgemeinheit meist unsichtbar, die Marionetten tanzen lassen.

Auch die Gewerkschaften haben sich in dieser Zeit weiterentwickelt, dank derer die meisten Menschen heute nur noch 8 Stunden arbeiten müssen statt 16 Stunden und das unter viel besseren Arbeitsbedingungen als sie einmal herrschten. All das wurde hart erkämpft und nicht selten ist Blut geflossen. In Ländern, in denen Gewerkschaften verboten waren, wurden Arbeiter, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und gerechtere Löhne eingesetzt haben, umgebracht oder eingesperrt. Gewerkschaften sind auch und gerade in der heutigen Zeit wichtig, da permanent eine Aushöhlung der Arbeitnehmerrechte vorangetrieben wird (Zeitarbeit, Mini-Jobs, andere prekäre Arbeitsverhältnisse) oder die Reallöhne in den letzten 30 Jahren trotz massiv gestiegener Produktivität auf niedrigem Niveau verharren. Kein vernünftiger Mensch würde heute ernsthaft die Daseinsberechtigung von Gewerkschaften anzweifeln, da es dem Frieden in einem Land nicht nur massiven, sondern auch nachhaltigen Schaden zufügen würde.

Grüße
Anatol F.