Christian Kruse: Auf mich hört ja keiner ...

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Moin suit, moin Sven,

An dieser Stelle ist der Entwickler auf einer ganz anderen Ebene gefordert, als zur Entwicklung: Er muss, wenn er seinen Job und sich selbst ernst nimmt, klar gegenhalten, wenn ein Terminwunsch nicht geht. Er muss NEIN sagen.

Du kannst nein sagen so oft du willst […]

Halte ich auch für extremst unrealistisch, ja. Hat bei mir auch noch nie wirklich geklappt. Zumal der Chef dir gegenüber ja weisungsbefugt ist, wenn du also „NEIN sagst und dann dabei bleibst,“ dann ist das ein Grund für eine Kündigung – und das auch mit Recht. Dem Chef deutlich zu verstehen zu geben, dass die Vorstellung unrealistisch ist und der Termin nicht haltbar ist, es aber dennoch zu versuchen ist der Weg, den man einschlagen muss.

Ein einfaches Beispiel: Kunde will eine Youtube-API-Anbindung - programmierst du da jetzt gleich einen Abstraktionsschicht um später mal andere Video-Dienstleister-APIs verwenden zu können oder eben doch direkt?

Finanziell wird sich die "wir sehen mal in die Zukunft vor" idR. nicht spielen.

Das sehe ich anders. Es  lohnt sich fast immer, die Abstraktionsschicht einzubauen, zumal sie oft nichtmal wirklich mehr Arbeit kostet. Dazu kommt, dass das einfache auch eine Frage der Software-Qualität ist.

das hat dann zu unbezahlen Extraschichten über Weihnachten und Neujahr geführt

Naja, wenn du das mit dir machen lässt, bist du selber schuld. Weiss ja nicht, wieviel Berufserfahrung du hast, aber sowas würde ich nicht mehr mitmachen. Wenn ich Überstunden mache, werden die vergütet. Zumal sich Software-Entwickler nun wirklich nicht in einer Marktposition befinden, in der sie sich zu etwas zwingen lassen müssen.

[...] aber in der Regel ist es doch so:

Entwickler hat eine gut begründete Position, wie eine Anforderung in Software umzusetzen ist.

Chef hat die Argumente gehört und sich anders entschieden.

Und der Lauf der Dinge hat bewiesen, dass der Entwickler richtig lag und der Chef falsch.

Ja, das ist die Regel - trotzdem wird dem Entwickler dann ständig vorgehalten, dass er ja prinzipiell "immer dagegen" ist.

Naja, dann solltest du vielleicht nicht immer dagegen sein. Deine Rolle als Entwickler ist nicht, deinen Chef zu überzeugen, sondern in einem sachlichen Gespräch deine Argumente darzulegen, warum du das nicht für sinnvoll erachtest, aber auch nicht chronisch bei jeder Gelegenheit deinem Chef vorzuhalten, dass das Unsinn ist. Einmal reicht, danach wird jeder durchschnittliche Mensch verstanden haben, dass du das anders siehst.

In dieser Hinsicht stimme ich Sven voll und ganz zu. Mit dem Finger auf andere zu zeigen zeugt nicht nur von schlechter Erziehung, sondern ist auch kontraproduktiv und erzeugt eine Arbeitsathmosphäre basierend auf Angst, die man nicht haben möchte.

Keine dieser Verhaltensweisen würde ich als sonderlich professionell bezeichnen.

Du hast ja keine Ahnung wie weit man das noch unterbieten kann - ich hab noch viel schlimmeres gesehen.

Ich auch. Das heisst aber nicht, dass die oben beschriebenen Verhaltensweisen professionell sind :-)

LG,
 CK