Der Martin: Auf mich hört ja keiner ...

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Hallo,

Dem Chef deutlich zu verstehen zu geben, dass die Vorstellung unrealistisch ist und der Termin nicht haltbar ist, es aber dennoch zu versuchen ist der Weg, den man einschlagen muss.
"Do, or do not. There is no try." (Yoda)

;-)

Dem Chef rückzumelden, dass der notwendige Arbeitsaufwand für die Features in der vorgesehenen Zeit nicht realisiert werden können, ist das "NEIN".

Das bedeutet ja nicht, dass man nicht verhandlungsbereit ist. Weniger Features würden in der vorgesehenen Zeit funktionieren, oder alle Features in mehr Zeit.

Ja, und genau diese qualifizierte Aussage bekommt er schriftlich (per e-Mail oder Aktennotiz), damit der AN später nicht der Dumme ist. Das hat nichts mit Schuldzuweisung oder in-die-Pfanne-Hauen zu tun, es ist eine reine Schutzmaßnahme.
Denn ich habe auch schon Chefs erlebt, die sich die Einwände und Argumente anhören, verständnisvoll nicken, und die Unterhaltung dann sinngemäß mit "Na gut, aber geben Sie sich Mühe" beenden. Und wenn dann der Stichtag näher rückt, gibt's großes Geschrei: "Wieso ist das noch nicht fertig?!" Genau dann *muss* ich die Mitteilung von "damals" rausholen können und den Chef damit erinnern: "Ich hatte Sie darauf hingewiesen."

Aber nach dem "NEIN" ein "Aber ich versuchs." hinterherzuschieben bedeutet "JA". Und zwar ein "JA, ich liefere zum vorgesehenen Termin alle Features, Chef." Und man weiß, dass das vermutlich nicht klappen wird.

Ganz genau.

Kein Chef kann einen anweisen, Features in der vorgesehenen Zeit fertigzustellen. Er hat lediglich die Macht, die Features zu bestimmen. Und er kann nach Ablauf der vorgesehenen Zeit das bis dahin erzielte Resultat kriegen. Das wird dann vermutlich unvollständig sein.

Richtig.

Zwei Möglichkeiten:
Entweder hat der Entwickler gesagt, dass es nicht funktionieren wird. Und hat angefangen, ist aber wie kommuniziert nicht fertig. Chef: "Warum ist das noch nicht fertig?" Prog: "Weil ich gesagt habe, dass es zwei Wochen länger dauert, und ich jetzt wie zu erwarten war erst halb fertig bin." Chef: "..." (weiß, dass er das Problem ignoriert hat)

Das wäre der Fall, den ich auch gerade skizziert habe. Nur möchte ich nicht das Opfer einer plötzlichen Gedächtnisschwäche meines Chefs sein.

Oder der Entwickler hat gesagt, es würde nicht funktionieren, er würde es aber versuchen. Chef: "Warum ist das noch nicht fertig?" Prog: "Ich habs versucht, aber es dauert halt länger. Hatte ich ja gesagt." Chef: "Dann arbeite mehr dran, dann klappt's auch."

Dritte Möglichkeit: Wenn der Chef sich wirklich für seine Leute und deren Aufgabe (also letztlich auch *seine* Aufgabe) interessiert, lässt er sich auch während der geplanten Projektlaufzeit immer mal wieder über den aktuellen Stand informieren, und gleicht den Istwert mit der Planung ab. Dabei kann man schon Trends ablesen - zum Beispiel, dass der Programmierer mit seiner Prognose richtig lag und die Zeit wirklich nicht reichen wird (wir wollen ihm mal nicht unterstellen, dass er mit Absicht trödelt). Dann kann man auf halber Strecke immer noch korrigierend eingreifen, z.B. den Programmierer von sonstigen Aufgaben abziehen, oder die Prioritäten der Einzelschritte ändern und weniger Wichtiges aufschieben, oder dem Kunden kommunizieren, dass unerwartete Schwierigkeiten aufgetreten seien und er zum vereinbarten Termin nur eine Rohfassung bekommen kann, die noch nicht alle Features enthält. Üblicherweise ist sowas noch verhandelbar.

Es kommt halt auch darauf an, wie man sein NEIN verpackt. Und das NEIN richtet sich ja nicht gegen die Aufgabe, sondern gegen den Zeitplan.

Eben. Sonst könnte es ein Eigentor werden.

Klar, schlimmer geht immer. Profis sind - auch beim Führungspersonal - nicht so häufig, und es ist eine Kunst, ein gutes Team zusammen zu führen und dann gut zu führen.

Ich kriege immer plötzlich Zahnschmerzen, wenn die Begriffe "Team" und "führen" in einem Atemzug genannt werden. Denn IMHO ist ein wesentliches Merkmal eines Teams das Fehlen von Hierarchie und der damit verbundenen Weisungsbefugnis. Kennzeichnend für ein Team ist, dass alle Mitglieder die gleichen Rechte und Befugnisse haben. Es mag eine Art Führung im Hintergrund geben, aber dann ist dieser Anführer nach meinem Verständnis ausdrücklich *nicht* Mitglied des Teams, sondern dem Team übergeordnet.

So long,
 Martin

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Verliebt:    Er spricht, sie lauscht.
Verlobt:     Sie spricht, er lauscht.
Verheiratet: Beide sprechen, und die Nachbarn lauschen.
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