1UnitedPower: 16 Bit Programme unter 64bit Windows

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Meine Damen und Herren, habe ich Ihre Aufmerksamkeit?

Die Widgets sind schon wieder ausgestorben, die wurden mit Windows Vista eingeführt und im Laufe von Windows 7 schon wieder abgeschafft.

tatsächlich? Auf den Desktops von Win7-PCs sehe ich oft solche Dinger.

Ja, die Entwicklung ist von offizieller Seite beendet und die öffentlichen Repositories gibts es AFAIK auch nicht mehr.

Klicki-Bunti müsste man mal als Begriff für gutes UI-Design rehabilitieren. Klicki hat unter Windows 7 im Vergleich zu Windows 95 deutlich abgenommen.

Nur dann, wenn man die "geheimnisvollen" Tastenkürzel kennt, mit denen man vieles sehr direkt erreicht (einer meiner Lieblings-Shortcuts ist Win-R), oder ersatzweise den Programmnamen, den man an der Konsole eingeben darf, wie etwa "charmap", "diskmgmt.msc" oder "calc".

Terminals bieten für den Ottonormal-Verbraucher keine intuitive oder leicht zu bedienende Schnittstelle an. Aber der Ottonormal-Verbraucher ist eben die Zielgruppe von Windows. Für die Nerd-Nieschen gibt es Linux ;)

Andernfalls ist XP und erst recht Windows 7 eher umständlicher geworden. Besonders ärgerlich finde ich auch die Tooltipps, Info-Balken oder andere lästige Fensterchen, die überall aufpoppen, wenn man den Mauszeiger mal einen Moment an einer ungünstigen Stelle parkt.

Jedenfalls sind die Tooltips viel weniger lästig als Karl Klammer ;)

Ich finde, Windows hat mit 98/2000, die sich äußerlich sehr ähnlich waren, das Optimum an Bedienungskomfort erreicht. Seither erlebt es an der Benutzer-Schnittstelle IMO keine Evolution mehr, sondern eine Devolution.

Professionelles UI-Design wird nicht aus der subjektiven Ich-Perspektive betrieben. UI-Design ist eine eigene wissenschaftliche Disziplin, die sich auf objektive Fakten stützt. Eines der wichtigsten Instrumente sind umfangreiche Fallstudien, die versuchen verhaltenspsychologische Muster zu identifizieren. Zu den Ergebnissen zählen wirkungsvolle Design-Pattern und umfangreiche Style-Guidlines, die heutzutage von vielen großen Unternhmen geführt werden. Man überlässt heute den Erfolg von grafischen Oberflächen nicht mehr dem Zufall. Man nehme Apple als Beispiel für einen Software-Hersteller, für den UI-Design seit Jahren die Hauptrolle bei der App-Entwicklung spielt – der Erfolg gibt Apple recht.

Häufig genutzte Pfade wurden mit Absicht so bewegt, dass sie nun hinter weniger Klicks erreichbar waren. Selten genutzte Pfade wurden weiter in den Hintergrund verbannt.

Nur dass "häufig genutzt" oder "selten genutzt" von Anwender zu Anwender stark variiert.

Natürlich gibt es eine gewisse Varianz und moderne User-Interfaces reagieren auch darauf. In Chat-Programmen stehen häufige Gesprächspartner weiter oben in der Kontaktliste, Textprogramme bieten Abkürzungen zu zuletzt verwendeten Dokumenten, Dateimanager bieten Lesezeichen-Manager an.

Aber neben diesen persönlichen Präferenzen, gibt es auch genügend allgemeingültige Regeln: Programme sollten sich etwa auf ihre jeweiligen Aufgaben konzentrieren und den Fokus des Nutzers auch darauf lenken. Das beste Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Bedien-Konzepts sind Browser-Toolbars, die ihren Zynit seit langem überschritten haben und die von der Bildfläche so gut wie verschwunden sind.

Und auch Bunti ist Fortschritt. Durch geschicktem Einsatz von Farben lassen sich bestimmte Aufteilungen einer grafischen Oberfläche deutlich besser vermitteln als durch triste, graue 3D-Rahmen, die einfach um jedes GUI-Element gezogen werden. Und auch der Fokus des Nutzers kann mit Farben sehr viel besser gelenkt werden als ohne.

Ja, mit Einschränkungen. Der gezielte Einsatz von Zier- und Signalfarben mag tatsächlich die Orientierung erleichtern. Aber in den Standard-Designs Luna (XP) oder Aero (Windows 7) ist ja von vorne bis hinten, von oben bis unten alles quietschbunt. Das ist einfach zuviel, das lenkt nur vom Wesentlichen ab.

Das sieht der Mehrheit der Nutzer offenbar anders. Und wenn alle aus dem Fenster springen, dann muss man als User-Interface-Designer hinterher, oder besser noch voraus und für die Gefolgsleute das Fenster offen halten.

Auch Syntax-Hilighting im Code-Editor kann nützlich sein, aber die Voreinstellungen sind meistens schon so übertrieben, dass mir das bunte Durcheinander das visuelle Erfassen nicht erleichtert, sondern erschwert.

Gerade beim Syntax-Highlighting gibt es inzwischen doch für jeden Geschmack die richtigen Farb-Paletten.

Und als Gegenpol, den ich nicht begreife, steht dann beispielsweise eine Suite wie MS Office 2010 (2013 ist da vermutlich nicht viel anders), bei der man zwar zwischen drei farblich abgestimmten Themes wählen kann, aber alle sind so pastellig Ton in Ton gewählt, dass man Scrollbalken, Menüleisten oder die Abgrenzungen von Buttons nur mit Mühe erkennt.

Ich glaube, dass die Kontraste in modernen Anwendungen sehr viel besser gewählt sind, als in 95-Anwendungen. "Alles muss möglichst kontrastreich, am besten weiß auf schwarz sein" ist so ein veralteter Leitsatz, der irgendwann von "es muss steril sein, ich benutze nur zwei verschiedene weiß-Nuancen" abgelöst wurde. Heute findet man in den meisten Style-Guides erprobte Richtlinen für die Kontrast-Verhältnisse. Diese Richtlinien basieren auf gemessenen Daten, nicht auf Pi-Mal-Daumen-Gucken-Wems-Gefällt.

Es ist für dich natürlich sehr unangenehm, wenn du mit diesen Kontrastverhältnissen nicht zurecht kommst, denn dann musst du Aufwand betreiben, um diesen Mangel auszugleichen.

Dass du und der Martin so eure Schwierigkeiten mit dieser Oberfläche habt, ...

... ist damit zum Teil erklärt, oder?

Es gibt immer ein paar Menschen, die aus dem Raster fallen, die von einer Oberfläche nicht erreicht werden, die nicht abgeholt werden. Ich bezweifle aber, dass Windows 95 und das Klassik-Theme für diese Nutzer eine bessere Wahl darstellt. Vielleicht mag es deinem persönlichen Sinn von Ästhetik mehr entsprechen, aber unter messbaren Gesichtspunkten wird das Windows-95-Look-And-Feel gegen jedes aktuelle Betriebssystem scharmlos unterliegen.

Aber an eurer Stelle würde ich nicht aus Bequemlichkeit auf das ausgediente Windows-Klassik-Theme zurückfallen, sondern würde mich mal nach vorne, links und rechts orientieren.

Ja. Ich bin noch mit DOS in die PC-Ära eingestiegen, und schon unter Windows wusste ich den Komfort und die Bequemlichkeit der Konsole zu schätzen; jetzt unter Linux natürlich erst recht.

und man kann es heute sehr viel bequemer haben, wenn man möchte

Eben. Console rocks!

Ist aber eben nichts für den 0815-Nutzer und auch nicht das richtige Werkzeug für alle Aufgaben des Computer-Alltags.

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“All right, then, I'll go to hell.” – Huck Finn