Hallo,
"Gemeinwohl geht über Einzelwohl" ist IMO eine grundlegend falsche Prämisse. Genau umgekehrt sollte es sein: Der Einzelne sollte immer Vorrang vor der Masse haben, solange die Masse dadurch keinen Nachteil hat.
Was dann wieder für alle gut wäre und nur funktioniert, wenn das allgemein anerkannt würde.
ja, eben.
Das setzt auch voraus, dass man auf das verzichtet, was für einen gut wäre, wenn es zum Wohle aller ist.
Ja, das nennt sich Toleranz und gegenseitige Rücksichtnahme.
Hört sich für mich an, als wärst du damit wieder bei "Gemeinwohl geht über Einzelwohl"... ;-)
Vielleicht indirekt - aber der Weg dorthin ist ein anderer. Wichtig ist mir in diesem Konzept, dass jeder Einzelne zunächst mal keinen Einschränkungen in seinem Handeln unterworfen ist, solange kein anderer die Hand hebt und sagt: "Das passt mir nicht". Dann müsste man einen Kompromiss finden.
Einschränkungen eines Einzelnen "zum Wohl der Allgemeinheit" dürften also IMO erst dann zum Tragen kommen, wenn ein anderer diesbezügliche Ansprüche geltend macht.
Tatsächlich ist es aber eher so, dass es zahlreiche Vorschriften, Gesetze und Einschränkungen gibt, die unabhängig davon gelten, ob sie im Einzelfall jemandem nützen oder helfen.
Beispiel: Die Gemeinde erlässt eine Verordnung, derzufolge in einer Straße alle Häuser nur weißen Außenputz und auch Dachziegel einer bestimmten Farbe haben dürfen, "damit es einheitlich aussieht". Was wäre denn so schlimm daran, wenn ein Häuslesbesitzer dazwischen sein Haus in Hellblau verputzt? Nichts. Im Gegenteil, vielleicht sagen sogar einige, "das sieht aber hübsch aus". Wenn sie nach Dänemark oder Norwegen fahren, erfreuen sie sich an den bunten Fassaden.
Auf der anderen Seite stören mich einige Dinge, die "zum Wohl der Allgemeinheit" getan werden, sogar massiv. Zum Beispiel wenn die Inhaber von Cafés und Restaurants den Sommer über einige Tische draußen auf dem Gehweg aufbauen und damit die Passanten zwingen, auf die Straße auszuweichen. Aber die dürfen das, die haben von der Gemeinde das Placet dazu. Zu wessen Wohl? Keine Ahnung, denn ich finde es auch überhaupt nicht erstrebenswert, z.B. in der Eisdiele draußen zu sitzen, wo mir die Sonne auf die Rübe brennt, mein Eis schneller zerläuft als ich es essen kann[1], und ich mich auch noch dauernd gegen Fliegen und Wespen verteidigen muss.
So long,
Martin
Es gibt eine Theorie, die besagt, dass das Universum augenblicklich durch etwas noch Komplizierteres und Verrücktes ersetzt wird, sobald jemand herausfindet, wie es wirklich funktioniert. Es gibt eine weitere Theorie, derzufolge das bereits geschehen ist.
- (frei übersetzt nach Douglas Adams)
Daher kommt vermutlich der Ausdruck Eisschnelllauf: Das Eis läuft ziemlich schnell davon. ↩︎