Ich schließe mich den Einschätzungen auch im Wesentlichen an. Das Backbuch halte ich auch nicht für so ganz eindeutig. Je bildlastiger, desto eher DTP, denke ich. Man findet zu dem Thema aber auch so einige Sachen:
- Tagesaktuell: Welche Software für Backbuch? - Welche Aufgaben hat ein Verlag?
- LaTeX-Ansätze für ein Kochbuch: A cookbook in LaTeX?
- Ein fertiges Kochbuch (PDF) mit einsehbaren LaTeX-Quellen: ChiliCookBook
Interessant ist beim letzten Link vielleicht die cook.sty-Datei.
Btw, bietet LaTeX dafür etwas? Quasi Templates für ganze Abschnitte?
Ja, aber es ist nicht unbedingt was für schwache Nerven, wenn man es in LaTeX selbst definiert. Ein Beispiel für ein Rezept, das dieses Template nutzt: Chilichutney.tex[1]
Das ist dennoch ein Aspekt, den man sicher auch noch mal betonen kann. Es gibt in LaTeX eine große Anzahl fertiger Pakete, die eingebunden und in eigenen Dokumenten genutzt werden können. Diese Pakete stellen erweiterte Befehlssätze für bestimmte Anwendungsfälle zur Verfügung.
Ein Beispiel aus der Linguistik:
\usepackage{qtree}
...
\Tree [.S [.NP LaTeX ] [.VP [.V is ] [.NP fun ] ] ]
Das erzeugt diese Ausgabe:
Oder hier was zu Schach.
Bei so was dürfte ersichtlich werden, dass da keine „normale“ Textverarbeitungssoftware auch nur ansatzweise mithalten kann. Dann gibt es noch so Sachen wie PSTricks oder TikZ, deren Quellcode direkt in LaTeX-Dokumente geschrieben werden kann und mit denen dann aufwändige Diagramme/Zeichnungen direkt zusammen mit dem Dokument generiert werden können.
Ich sehe ansonsten die wesentlich klarere Abgrenzung von Scribus zu den anderen beiden Programmen. Writer und LaTeX decken im Vergleich dazu doch schon oft die gleichen Einsatzgebiete ab. Beziehungsweise kann LaTeX prinzipiell das, was Writer kann, eben auch. Prinzipiell würde ich zwar schon sagen, dass Writer bei „normalen“ Dokumenten einfacher und bequemer zu bedienen ist[2], aber das hängt letztlich auch in mancher Hinsicht an den persönlichen Vorlieben und Erfahrungen.
Ich habe zum Beispiel ein Rahmenlayout für einfache Texte in LaTeX vorliegen, das ich mir schnell kopieren kann, wenn ich mal was schreiben will. Und dann schreibt es sich im Grunde so wie etwa dieser Markdown-Beitrag, an dem ich gerade schreibe. Da ich ständig auf diese Weise arbeite, bin ich es gewohnt, so zu arbeiten. Für Programmierer/Entwickler ist auch ein zusätzlicher Build- oder Kompilierschritt normal, bevor das fertige Produkt betrachtet werden kann. Bei mir ist es tatsächlich eher so, dass mich Writer oft verrückt macht, weil ich mir nie völlig sicher bin, dass ein Abschnitt jetzt auch die korrekte Formatvorlage gesetzt hat oder nur zufällig richtig aussieht. Zudem empfinde ich es teilweise als Geschicklichkeitsspiel, zum Beispiel Bilder oder Tabellen ordentlich anzuordnen. Mir ist es in der Regel lieber, meinen eindeutigen Quellcode oder Dokumentcode vor mir zu haben, in dem ich Parameter der fertigen Ausgabe verstellen kann, ohne irgendwo in Menüs rumklicken oder was mit der Maus ziehen zu müssen.
Wenn du mir aber jetzt sagen würdest „Schreib mir in einer Viertelstunde 250 Wörter zu einem Projekt, das du gerade machst, und schick mir das als PDF zu.“, würde ich definitiv zu Writer greifen.
Wenn du sagen würdest „Schick mir das als DIN-Formbrief.“, würde ich LaTeX nutzen, weil ich dazu auch eine passende Vorlage rumliegen habe.
Wobei in dem Repo(-Browser) dort irgendwas nicht stimmt. Ich sehe nur fünf Rezepte, es müssten aber 40+ sein. ↩︎
Man sollte auch nicht verschweigen, dass es Aspekte in LaTeX gibt, die sehr umständlich sind. Verschachtelte Listen und vor allem Tabellen sind erheblich leichter in Writer zu generieren. Auch da muss ich wieder an den Unterschied zwischen einem WYSIWYG-Editor für HTML und der händischen oder programmierten Erzeugung von HTML-Code denken. Eine Tabelle kann ich sehr bequem grafisch in Dreamweaver basteln und befüllen, im Quellcode selbst ist es eine ziemliche Qual. Siehe dazu auch LaTeX Table Generator. Auch in Text-Dokumenten könnte man zwar damit argumentieren, dass Tabellen semantisch das falsche Mittel sind, um einen bestimmten Layout-Effekt zu erreichen, und dass sie eigentlich dazu dienen, tabellarische Daten zu präsentieren. Aber Tabellen sind häufig extrem praktisch, um irgendwas strukturiert und übersichtlich darzustellen. Und sie sind in meinen Augen auch oft die bessere Lösung als das, was man dann in LaTeX alternativ basteln müsste oder muss. Das ist etwas, das ich wirklich als Schwachpunkt im Vergleich zu Writer bezeichnen würde. ↩︎