Hallo
Bei einem Soundcheck soll - unter anderem - die Lautstärke an die Örtlichkeit angepasst werden. Aber offenbar sind alle Tontechniker halb taub und merken nichts von dem Schaden, den sie anrichten.
Meine These: Die urteilen nur nach dem Klangeindruck, den sie auf der Bühne haben. Die großen Lautsprecher blasen ihre 140dB aber vorwiegend von der Bühne weg.
Öhhm, nein. Der Tontechniker (egal ob mit Berufsausbildung oder als Autodidakt (denen allzu oft relevante Teile der grauen Theorie fehlen)) steht mit seinem Pult (nicht direkt) vor der Bühne und bleiben auch dort. Normalerweise verlassen sich die Musiker auch auf das Können der Techniker (und das kann schiefgehen) und quatschen denen nicht rein; Ausnahmen bestätigen die Regel.
Die Musiker auf der Bühne bekommen ihren eigenen Mix auf eigene Boxen (Monitore). Im einfachsten und schlechtesten Fall gibt es einen Monitor für alle Musiker, im besten Fall für jeden Musiker ein eigener Monitor mit einem eigenem Mix. Musiker, die mit eigenem Equipment reisen, haben heutzutage oft Ohrstöpsel als Monitore, in denen sie ihren eigenen Mix hören. Von dem, was vor der Bühne zu hören ist, bekommen die beim Soundcheck bestenfalls „ein bisschen“ und während des Konzerts so gut wie nichts mit.
Ebenfalls wenig beachtet wird der Unterschied des Klangs eines leeren und eines mit Besuchern gefüllten Raums. Genauer gesagt, sind sie die meisten Techniker der Existenz des Unterschieds bewusst und geben beim Soundcheck noch einmal pro forma ein paar Dezibel dazu, weil ja die Körper der Besucher die Tonabstrahlung dämpfen (schlimm, schlimm, schlimm). Dass um die Köpfe herum, da wo normalerweise die Ohren sitzen, keine Dämpfung stattfindet, soweit denken die meisten Techniker nicht.
Das alles bestätigt die Beobachtung, dass Veranstaltungen sehr oft viel zu laut und in manchen Veranstaltungsorten permanent schlecht gemixt sind (ein weiterer Grund, sich aufzuregen, aber eine andere Geschichte). Ich habe einstmals ein Konzert besucht, bei dem sich bei mir binnen weniger Minuten Magenschmerzen einstellten und ich Abstand zur Bühne suchte und bei dem andere Besucher mit aus den Ohren laufendem Blut von vor der Bühne weggingen (meine Vermutung: geplatzte Trommelfelle). Keine Ahnung, ob hernach ein Betroffener versucht hat, den Veranstalter in Regress zu nehmen.
Nach dem Konzert saßen wir zu dritt im Auto und schrien uns an, hörten aber alle nur das Pfeifen in den eigenen Ohren. 😕
Als ich selbst Musik machte, habe ich bei Konzerten die Techniker immer gebeten, die Anlagen (von vor Ort) nicht zu laut einzustellen. Hat auch meist geklappt. Wahrscheinlich habe ich bei dem einen oder anderen offene Türen eigerannt oder einzelne Anlagen hätten garnicht mehr gekonnt, wer weiß. Wenn das aber keiner tut oder wenn es den Technikern egal ist oder sie keinen relevanten Schimmer von dem haben, was sie tun, dann hilft das auch nichts.
Es scheint auch keine gesundheitsorientierte Vorschrift zur Maximallautstärke bei Veranstaltungen zu geben.
Ja, scheint so.
Ich habe jetzt zwar keinen Gesetzesnamen parat (die sind ja heute immer so lyrisch), kann mir aber nicht vorstellen, dass ausgerechnet das in Deutschland, dem Land der Regelungswut, unreglementiert ist. Die Frage ist eher, ob das auch kontrolliert wird? Und auch, ob Tontechniker einen Kenntnisnachweis beibringen müssen. Und, ob es in der Branche einen Arbeitsmarkt für Stümper gibt, weil die so viel billiger sind, wie Leute mit Ausbildung, die um Grenzwerte wissen und gewillt sind, sie einzuhalten und wie man es ermöglicht, diesen Stümpermarkt auszutrocknen.
Tschö, Auge
Ein echtes Alchimistenlabor musste voll mit Glasgefäßen sein, die so aussahen, als wären sie beim öffentlichen Schluckaufwettbewerb der Glasbläsergilde entstanden.
Hohle Köpfe von Terry Pratchett