Lieber Martin,
da denke ich pragmatischer. [...] gerade von dir als Lehrer überrascht mich dieser Standpunkt.
mein Job ist das Lernen. Lehrer sollen andere beim Lernen anleiten, begleiten, unterstützen und beurteilen. Daher müssen wir uns schon ein bisschen damit beschäftigen, was, wie und auch warum jemand lernt. Und das Warum ist so eine Sache...
Hatten wir hier nicht neulich die Diskussion um formal sauber gestellte Fragen hier im Forum? Warum sollten heutige Viertklässler noch immer in der Lage sein, die sogenannten Orientierungsarbeiten der Achtzigerjahre erfolgreich zu absolvieren? Diese waren dazu gedacht, die Eignung für die weiterführenden Schularten zu messen. Heute würden einige derer, die heute das Gymnasium besuchen, als Viertklässler diese Arbeiten nicht mit den erforderlichen Zensuren geschafft haben. Und warum nicht? Weil es das nicht mehr braucht. Einwandfreie schriftliche Korrespondenz haben noch nicht einmal Berufsgruppen nötig, wie z.B. der Rechtsanwalt, der mich in einer Verkehrsrechtssache vertreten hat. Rechtschreib- und sogar Grammatikfehler! Als ob man keine sprachlich sattelfesten Sekretärinnen mehr finden könnte. Aber wie schon das Gespräch mit ihm in den ersten Augenblicken zeigte: "Sie möchten doch Geld bekommen." Was soll man also das Warum nicht ernst nehmen, wenn es um das Lernen geht?
Nicht umsonst lernen angehende CNC-Fräser in ihrer Ausbildung auch erstmal das Bohren, Sägen, Feilen, Körnen und Anreißen von Hand, auch wenn sie das in ihrem späteren Job wohl selten bis nie brauchen werden.
Doch, diese Kenntnisse benötigen sie sogar ständig! Denn damit sind Kenntnisse verbunden, "worauf es ankommt". Wenn die Fräse schadhafte Ergebnisse liefert, dann muss man als Fachmann diese Schäden erkennen und verstehen können. Dazu ist das Basiswissen da. Deswegen ist es ja Basiswissen. Bei C-Kenntnissen für PHP handelt es sich nicht um Basiswissen, sondern um nice to have.
Aus persönlichem Interesse? Aus einer gewissen Begeisterung für die Sache?
Idealismus ist keine feste Konstante, wenn Du Dir alle Menschen anschaust. Es braucht schon diverse Charakterzüge, um Idealismus zu entwickeln.
Ich wünsche den Leuten dabei immer, dass das, was sie in ihrem Job tun, ihnen auch ein bisschen Spaß macht, und dass sie deshalb ein Interesse haben, auch über den Tellerrand hinauszuschauen. Vielleicht auch außerhalb der Arbeitszeiten.
Du formulierst eine Definition von Idealismus. Wir Stammposter hier haben eine entsprechende Persönlichkeitsstruktur, die Idealismus begünstigt. Das muss aber für den Rest der Gesellschaft so nicht gelten.
Liebe Grüße
Felix Riesterer