Boris Stumpf: Tabellen, Spalten und Weblogs vs. Hypertext

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Ich denke, genau solche Fragen stellen sich im Moment gerade eine ganze Reihe von Bloggern/Webdesignern. Und sie experimentieren in gegenseitigem Austausch mit verschiedenen Möglichkeiten. Darunter so interessante Ansätze wie den Blog-Einspalter mit untenliegendem Link- und Navigationsblock, der lediglich den aktuellsten Artikel prominent präsentiert (z.B. powazek.com). Was sicher jedem Screendesign-Katechismus widerspricht, aber das interessiert eigentlich nicht vorrangig...

Oder ich denke an die Aufräumarbeiten, die viele Blogger (mich eingeschlossen) zur Zeit in ihren Sidebars vornehmen. Da fliegen Blogsystem-Defaults wie Monatsarchive schnell einmal heraus auf eine Archiv-Unterseite, weil sie nicht wirklich als sinnvoll erachtet werden. (Wer hat das jemals genutzt?) Stattdessen werden Tag-Systeme und Hinweise auf Kommentare eingerichtet, weil man so den Lesern die themen- und interessensorientierte Suche erleichtern kann.

Was die Layouts in Spalten, mit Headern und Footern o.ä. angeht, denke ich, dass wir Webdesigner nicht die alten Tabellenlayouts rückfällig mit modernen Mitteln nachbauen, wir bauen vielmehr Layouts, die wir für brauchbar halten (was immer diskutierbar ist und diskutiert wird) mit zeitgemäßen Mitteln, die wir früher mit anderen Mitteln gebaut haben. Das Ziel kam vor den technischen Mitteln, und diese sind heute bloß semantisch adäquat (und waren es früher nicht).

Den letzten Absatz im Artikel halte ich übrigens für etwas irritierend:

Hypertext besteht seinem Wesen nach schlicht aus Links, die ich setze, um über ein Textelement aktiv auf ein anderes Dokument zu verweisen. Mehr Wesen ist da nicht. Und sicher keines, das sich irgendwie ergeben könnte, quasi emergent wäre und insofern irgendwie verlässlich ohne mein bewusstes Zutun.

Um einem neuen Leser ältere Beiträge zugänglich zu machen, bleibt mir nicht viel anderes übrig, als ihn in irgendeiner zuverlässig nachvollziehbaren Form dorthin zu verweisen. Dass ich das relativ offensichtlich tun sollte, weil er es sonst nicht findet, erscheint mir gar nicht weiter der Rede wert.

Ein bloßer Artikel, der ohne (von ihm selbst unabhängigem) Navigationszusammenhang im Raum steht, verweist schlicht nigendwohin (außer zu eventuell eingebetteten externen Quellen, die ich verlinke, aber das ist eben nicht der Punkt). Ich brauche also irgendwelche artikelunabhängigen Steuerelemente für den Dokumenten-Komplex (sei es ein Weblog), um den Gesamtzusammenhang herzustellen – und darzustellen.

Ich finde es nicht unangemessen, wenn man dies auf eine durchgängig konsistente Weise macht. Das, was immer unverändert am selben Platz ist, ist unspektakulär und lenkt am wenigsten ab. Navigation, die ich erst suchen oder gar »erklicken« muss, ist schlicht keine, sondern ein Widerspruch.

Tatsächlich ist es wichtig zu diskutieren und zu ermitteln, welche Elemente auf Websiten (ob Blog oder nicht) genutzt werden und welche nicht. Wie gesagt, hier gibt es inzwischen eine interessante Diskussion unter Bloggern/Webdesignern, und es wird eifrig gebastelt. Und ich sehe zahlreiche Fälle, wo sich Blogger inzwischen ziemlich weit von den Layout- und Inhalts-Vorgaben ihrer Blogsysteme entfernen und neue Ideen ausloten. (Und das sogar ziemlich unbeleckt durch Herrn Nielsen, was gar nicht mal schaden kann...)