Gunther: Bewegung im W3C

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Hallo zusammen! Ich sehe die Dinge etwas pragmatischer. Das W3C kann ja Standards entwickeln, weiterentwickeln und festlegen wie es lustig ist. Aber das wird auf nicht absehbare Zeit nichts daran ändern, dass Standard allenfalls die Schnittmenge der Fähigkeiten ist, die alle verwendeten Browser unterstützen. Denn solange der Browser am Ende der Kette steht, ist und bleibt er der ausschlaggebende Faktor. Andere Ausgabemedien als Screens seien jetzt mal außen vor gelassen.

Und solange wie User verschiedenste Browser verwenden, die ganz unterschiedliche Fähigkeiten besitzen, kann man imho in der Praxis wenig mit den vom W3C festgelegten Standards anfangen. Darin liegt m.E. eines der Hauptprobleme der Weiterentwicklung im Web. Das W3C setzt sich (überwiegend) aus Leuten zusammen, die ihre Brötchen bei anderen Vereinen verdienen, und somit natürlich auch die Wahrung deren Interessen im Hinterkopf haben (müssen). D.h. das W3C hat quasi keinerlei Einfluss und Macht, die Umsetzung ihrer Standards in der Praxis auch durchzusetzen, sondern ist sozusagen auf das Goodwill der jeweiligen Firmen und Organisationen angewiesen, seinen Standards und Empfehlungen auch zu folgen.

Wie gut so etwas in der Praxis tatsächlich funktioniert, sieht man sehr deutlich am Beispiel von Microsoft.

Erschwerend hinzukommt, dass sich das W3C durch seine Vorgehens- und Arbeitsweise in der Vergangenheit, selbst nicht immer mit Ruhm bekleckert hat, und somit seinem Ruf eher geschadet als genützt hat.

Wenn Dinge aus Anforderungen der Praxis heraus erwachsen sollen, dann muss eine deutlich schnellere Umsetzung als bisher erfolgen. Bestes Beispiel ist doch CSS. Wie alt ist die CSS 2.0 Spezifikation? Und wie sieht es mit ihrer Implementierung in den heute am häufigsten verwendeten Browsern aus? Und wie lange wird es wohl noch dauern, bis wir die meisten Module der CSS 3 Spezifikation als Standard ansehen dürfen?

Meiner Ansicht nach, sollte man primär erstmal das Bewusstsein der Anwender, im Bezug auf die von ihnen verwendeten Browser und die damit verbundenen Folgen für die Weiterentwicklung des Webs, schärfen.

Für mich sitzen ganz klar die Browserhersteller am längsten Hebel. Theoretisch könnte man das W3C auch ganz abschaffen, wenn sich die Browserleute einig wären, und sich gänzlich zu ihrem eigenen Kaffeeklatsch treffen würden.

Und das neuerliche Herausbringen eines weiteren Browsers von MS, wird den "Durchbruch" von XML/ XHTML wieder um Jahre verzögern. Wenn es dann überhaupt noch einen interessiert, denn wir sprechen hier immer von Zeiträumen, die in diesem Bereich eher einem Jahrhundert gleichen. Früher glaubten die Leute auch mal, irgendwann im Pferdemist zu ersticken, falls die Zahl der Fuhrwerke weiter so ansteigen sollte!

"Gewaltenteilung" ist halt nicht immer das Beste. Andererseits hat es das W3C aber auch bis heute nicht geschafft, einen Browser rauszubringen, der ihre eigenen Spezifikationen richtig und vollständig umsetzt. Amaya ist diesbezüglich wohl auch eher in die Kategorie "Blamage" einzuordnen.

Also können die sich beim W3C von mir aus ruhig weiter "ausmalen" wie schön das Web sein könnte - spätestens beim Blick auf mein Browserfenster lande ich wieder auf dem Boden der harten Realität.

Einen anderen Aspekt sollte man bei diesen ganzen Überlegungen seitens des W3Cs auch nicht außer Acht lassen: Einer der Gründe, warum das Web so erfolgreich geworden ist, ist sicherlich auch der Umstand, dass HTML relativ einfach (zu erlernen) ist. Durch diesen Umstand war das Web zu Beginn ein Medium, wo sich jeder relativ schnell mit seinen Inhalten einbringen konnte. Ich sehe die Gefahr, dass zukünftige Entwicklungen zu "kompliziert" werden - der produktive Zugang also erheblich erschwert wird - "Keep it simple!".

Ich frage mich auch, warum Dinge bspw. in (X)HTML integriert werden müssen, die man schon heute mit Hilfe weit verbreiteter Scriptsprachen lösen kann?

Die "Ideallösung" wird es ohnehin nie geben. Stellt sich die Frage, ob man sich bei der Weiterentwicklung mehr an dem Ideal orientieren sollte, oder vielmehr unter Berücksichtigung der tatsächlichen Ist-Zustände und aktuellen Gegebenheiten versuchen sollte, die Anforderungen und Erfordernisse möglichst schnell und einfach umzusetzen? Ich tendiere da eher zu Letzterem.