Zitat #1143

[Diese Geschichte ist so abstrus, dass sie schon wieder realistisch wird...]

Es mag durchaus sinnvoll sein, einen erkennbare Ohrmarke zu verpixeln. Ich konstruiere mal einen wirren Fall, um Probleme zu verdeutlichen: Hinnerk ist Vorsitzender des Fachgruppe "Keine genmanipulierten Kühe" im BUND. Aufgrund seiner Fachkompetenz und der vom ostfriesischen Bauern nicht immer gern zur Schau gestellten Redseligkeit ist er häufig Gast in Talkshows. In der Folge sind sein Hof, seine zweifelsfrei nicht genmanipulierten Kühe und seine Person immer wieder Gegenstand von Portraits geworden. Hinnerk ist bekannt dafür, dass seine Kühe aufgrund der ausgeprägt artgerechten Haltung im tiefergelegten Friesenland genauso viel Milch produzieren wie genmanipulierte Kühe anderenorts. Fotograf Rapsody, unwissend, wessen Kühe er da fotografiert, macht nette Fotos von Hinnerks Vorzeigekuh Gunilla, die mit prallem Euter schon leicht gequält guckend auf Hinnerks Rückkehr von Anne Will wartet. Cooles Foto.

Wochen später erhält R. die Anfrage, ob er nicht für einen Bericht des Neukoogsieler Tageblatts über genmanipulierte Kühe das Bild einer Kuh mit fast unnatürlich wirkenden megagroßem, prallgefülltem Euter hätte. Und so nahm das Schicksal seine Lauf. Hinnerks Gunilla mutiert postnatal zum Genmonster. Der Artikel, journalistisch ansonsten sauber, wird von anderen Printmedien aufgegriffen. Aufgrund des Rechteverhältnisses mit dem Neukoogsieler Tageblattes wandert R.s Bild bald in vielen Redaktionen und auf viele Schreibtisch und wird zum Synonym für Mutantenmilch. Ein Journalist des Spiegels recherchiert hart aber ehrlich und gelangt, als er den Eigentümer der Kuh DE 03 000 99999 identifiziert, zu der These, dass Hinnerk anscheinend ein doppeltes Spiel spiele: Während er in Talkshows sicher schon Antrittsgeld bekomme, weiden auf dem heimischen Hof womöglich endzulagernde Fleischreaktoren. "Fies" titelt Bild und tilgt in der Berichterstattung jeglichen Konjunktiv und macht aus Vermutungen harte Fakten. Hinnerk wird nun ganz mau, sieht sein politisches Lebenswerk und sein landwirtschaftliches Geschäft in Mediensturmfluten, deren Wellen ihn eben noch behutsam oben trugen, versinken und wendet sich an den bekannten Anwalt Prinz mit den Worten: "Mach aus Gunilla eine zweite Caroline". Was sagt Fotograf R. seinem noch nicht vorhandenem Anwalt ... .

Da kann man rechtlich und menschlich endlos diskutieren, wer in der Kette letztendlich für was Verantwortung trägt. Meine Kurzfassung: Du kannst Gunilla fotografieren, wenn Du willst, solange sie dadurch keinen Schaden in der Milchproduktion bekommt oder Du dabei nicht Hinnerks Westweide und deren Zäune zertrampelst. Aber pass bloß auf, an wen Du das Foto mal verkaufst. :-)