Passé Composé -- Der Tragödie erster Teil
Das ist schwieriger auf die Reihe zu kriegen, als ich mir das gedacht hatte. In einem Ritt schaffe ich das leider nicht,
und so wird dieser Thread wohl noch ein paar Tage weiterleben.
Ich fange mal mit ein paar Dingen an, die mir für das Verständnis des lateinischen und offenbar auch des französischen 'Tempus'-Systems unerläßlich erscheinen. Wir bezeichnen finite Verbformen im Deutschen ja gerne als Zeitformen, und diese Konzentration auf den zeitlichen Aspekt ist bisweilen hinderlich, wenn man verstehen möchte, wann im Lateinischen oder Französischen oder gar Englischen welche 'Zeitform' gebraucht wird. Es steckt mehr in einem Verb und seiner Form als nur eine zeitliche Markierung.
Aktionsarten von Verben -- die lexikalische Seite
Anhand ihrer Bedeutung lassen sich Verben nach der Art ihrer Handlung klassifizieren. Unterschieden werden die folgende Typen:
a) durative Verben (von lat. durare = andauern)
Verben wie 'lieben', 'folgen', 'essen', 'schweigen' usw. dauern grundsätzlich länger als nur einen Augenblick.
b) punktuelle oder perfektive Verben
Sie bezeichnen Handlungen, die kaum dass sie ausgeführt werden, auch schon wieder vorüber sind, z.B. 'kommen', oder 'geben'.
So weit, so einfach, und nun noch ein bisschen zur Ergänzung und Verwirrung:
c) resultative Verben
Resultative Verben sind Verben, die den Abschluss einer durativen Handlung bezeichnen, z.B. 'erreichen' zu 'folgen'.
(Auch diese Art Verben wird bisweilen als perfektiv bezeichnet, lassen wir aber weg).
d) ingressive oder incohative Verben (von lat. ingredi = eintreten respektive incohare = beginnen)
Das sind Verben, die den Anfang einer durativen Handlung bezeichnen, z.B. 'verstummen' zu 'schweigen' oder 'erfahren' zu 'wissen'.
e) iterative Verben (von lat. iterare = wiederholen)
Hierbei geht es darum, dass ein an sich punktueller Vorgang sich mehrfach wiederholt und damit gewissermaßen durativ wird. In einer meiner lateinischen Grammatiken habe ich das schöne Beispiel 'sticheln' zu 'stechen' gefunden.
In meiner französischen Grammatik findet sich nun die Geschichte vom armen François, der nicht mit Geld umgehen kann.
Die Geschichte wird mehrfach erzählt.
Variante Nr. 1 spielt in grauer Vorzeit (auch Vergangenheit genannt)
François avait dépensé ses économies en 15 mois.
Il
savait (imparfait, duratives Verb)
comprit (passé simple, Schriftsprache, punktuelles Verb)
a compris (passé composé, gesprochene Sprache, punktuelles Verb)
qu'il allait devoir travailler comme tout le monde.
François hatte seine Ersparnisse in 15 Monaten verbraucht.
Er
wußte, (Präteritum)
erkannte/begriff, (Präteritum)
er würde arbeiten müssen wie alle anderen auch.
Ich leite daraus folgendes ab:
Wenn der Ausgangspunkt einer Story in der Vergangenheit bereits abgeschlossen ist,
dann verwende für die sich daraus ergebende Situation
- bei durativen Verben das Imparfait,
- bei punktuellen Verben das Passé Composé beim Plaudern und das Passé simple, wenn der Text in
LE MONDE veröffentlicht werden soll.
Mehr dazu demnächst in diesem Theater.
Liebe Grüße, Uschi