Hallo,
Und man muss doch warscheinlich auch davon ausgehen, dass die
meisten Internet-Nutzer so gut wie nix an Ihren Browser-Standardeinstellungen
verändern, weil sie nicht wissen, dass/wie es geht
oder weil es sie eben einfach nicht interessiert.
Der Punkt ist doch: Du willst darauf hinaus, dass man annehmen sollte, dass der Benutzer nicht den einen, wichtigsten Zusammenhang der Bedienung des WWW versteht: Mit Zeigen und Klicken führt man einen Hyperlink aus. (Das versteht er noch.) Und diese Seiten, die man auf diese Weise verlässt, werden in der History aufgezeichnet. Somit entsteht ein Pfad, in dem sich die Navigation rekonstruieren lässt: Seite A → Seite B → Seite C usw. In der History kann man sich über die Zurück- und Vorwärts-Funktion bewegen. Man muss nichts anderes als diese zwei Konzepte verstanden haben, um das WWW grundlegend bedienen zu können.
Diese Fähigkeit dem Benutzer abzusprechen, führt zu seltsamen Ergebnissen, die dem Benutzer helfen wollen, letztlich aber diese Grundlage der Navigation im WWW für null und nichtig erklären (das Gegenteil von gut ist gut gemeint). Und genau das macht man, wenn man target="_blank" setzt.
Nun hast du recht, das Arbeiten mit genau einem Fenster ist nicht das einzig Wahre. Jeder, der die Navigationstechniken »Link folgen« und »zurück (und vorwärts) zu bereits besuchten Seiten« verstanden hat, wird irgendwann an ihre Grenzen stoßen. Seit Ewigkeiten können Webbrowser daher mehrere eigenständige Fenster öffnen, in denen der Benutzer dann unterschiedlich navigieren kann und verschiedene Pfade aufgezeichnet werden, in denen der Benutzer dann wieder herumspringen kann. Das ist mittlerweile eine Notwendigkeit für viele Benutzer, der Siegeszug der »Tabs« in modernen Browsern verdeutlicht die heutige Bedienung des WWWs. Es lässt sich also feststellen, dass dieses Ordnen verschiedener Browsing-Instanzen äußerst sinnvoll ist.
Somit mag es auch sinnvoll sein, dass ein Hyperlink z.B. auf einer Shopping-Seite auf eine fremde Seite in einer eigenen Browserinstanz geöffnet wird. Das führt uns aber nur dazu, dass dem Benutzer diese *Möglichkeit* gegeben werden sollte. Es gibt Benutzergruppen mit unterschiedlichem Erfahrungsstand. Grob unterteilt:
1. Es gibt Benutzer, die nur »Link folgen« verstehen, nicht souverän mit der Zurück-Navigation umgehen können. Sie haben auch noch nicht den selbstständigen Umgang mit neuen Fenstern entdeckt.
2. Es gibt Benutzer, die sowohl das Folgen eines Link wie auch die History verstehen und anwenden. Sie sind aber noch nicht soweit, ihr surfen durch unterschiedliche Fenster zu organisieren.
3. Es gibt Benutzer, die die beiden Navigationsgrundlagen verstehen und auch mit Fenstern bzw. Tabs souverän umgehen können.
Wie kann man diesen Benutzern die Bedienung einfacher und komfortabler machen? Welche Gruppe wird nun (alleine) dadurch glücklich, dass man ihnen neue Fenster aufzwingt? Soweit ich das sehe: keine. Das Ziel einer Hilfe sollte letztlich sein, dass Benutzer diese drei Fähigkeiten lernen.
Natürlich will eine Seite ihre Besucher nicht die Bedienung ihres Browsers erklären, sondern ihnen in diesem Fall Dinge verkaufen. Trotzdem spricht nichts dagegen, z.B. hinter jedem externen Link ein verlinktes Icons »In einem neuen Fenster öffnen« zu notieren und zudem eine anschauliche Hilfe zu schreiben, die die Bedienung der Seite kurz erläutert und eben solche wichtigen Navigationstechniken (Wie kann ich selbst eine Seite in einem neuen Fenster öffnen, wenn ich möchte? Woran erkenne ich externe Links? usw.) zu erklären.
Und ich muss natürlich als Online-Shop Betreiber auch immer
kommerziell denken (jedenfalls teilweise).
Und in diesem Sinne kann es natürlich auch nicht Sinn sein,
meine Seitenbesucher mit nicht-target_blank-Links auf fremde
Seiten zu schicken, bei deren Betrachtung sie dann vielleicht
vergessen, dass sie auf meiner Seite waren und dort vielleicht
sogar was kaufen wollten.
Sinn einer Seite im WWW kann nicht sein, dass sie den Benutzer ewig lange auf der eigenen Seite hält und letztlich keine oder nur wenige Seiten im neuen Fenster öffnet, um dies zu erreichen. Wenn ich auf einer Shopping-Seite, für die ich mich interessiere und auf der ich mir verschiedene Produkte ansehen möchte, einen Verweis nutze, werde ich auch zurückkommen, selbst wenn ich auf der neuen Seite etwas festhänge.
Ob Verweise einen Besucher wirklich von einer Seite wegführen können, muss im Einzelfall entschieden werden. Was ist es für ein Link, warum wurde er gesetzt und in welchem Zusammenhang? Die Pauschalannahme, dass jeder externe Link gefährlich ist, weil er den Besucher vom Kaufvorgang abbringt und der Leser die zuvor besuchte Seite vergisst, finde ich reichlich spekulativ. Verweist du etwa auf Konkurrenten? Wohl eher doch auf Seiten, die verwandte Informationen anbieten, aber nicht in der Weise, dass dass sie deine Inhalte für den Besucher ersetzen können.
Das Aufzwingen von neuen Fenstern ist somit keine sonderlich erfolgreiche Möglichkeit, den weniger erfahrenen Benutzern die Navigation zu erleichtern. Sie erschwert sie sogar, wenn sie mit neuen Fenstern nicht in einer für ihr Surfen nützlichen Weise umgehen können. Das kommerzielle Denken greift an ganz anderen, tendenziell unvernünftigen Seite. Wenn man es nüchtern und sachlich betrachtet, erkennt man, dass diese »Lösung« letztlich nicht der Realität gewachsen ist. Die Frage, wie man Besucher auf eine Seite zieht und sie hält, sollte man sich zweifelsohne stellen. Aber eine technische Lösung beim Verlassen der Seite über Links kann weder diejenigen zufriedenstellen, die mangels technischer Versiertheit nicht zurück zur Seite finden, noch diejenigen, die tatsächlich die Seite verlassen wollen, weil sie sie aus Desinteresse hinter sich lassen.
Mathias