Hallo Marlies, Calocybe,...
Dein Posting, Calocybe, fand ich durchaus nicht so undifferenziert
wie Marlies es anscheinend vordergründig betrachtet aufgenommen hat.
Sicher, ich mußte an einigen Stellen schon ein wenig nachdenken.
Es hat mir dabei geholfen, daß ich schon mehr als eine Aussage von
Dir gelesen hatte. Es war aber durchaus auch die Reaktion:
schau mal, Calocybe hat auch ein anderen Kern als er uns manchmal
glauben machen will.
Einwände hätte ich aber auch genug.
Mein Hauptschluß aus Euer beider Postings ist allerdings, daß wir
allesamt wohl ein zumindest sprachliches Defizit auf dem Gebiet haben.
"Seine Frau Marianne" stand...
"Ach ja, und dann war da noch...
Es ist wohl nicht so wichtig aus welcher Zeit diese Grabstätte ist,
ich stelle mir aber vor, daß sie etwa Jahrhundertwendlich sein könnte.
Bei dieser Vorstellung fiel mir dann auch ein, daß der Gute Siegmund
Freud in seinen jungen, wilden Wissenschaftlerjahren ja noch sehr heftig
an der Diskussion beteiligt war, ob man der Frau überhaupt eine Seele
zuschreiben könne. Gut, daß er sich später anscheinend anders verhalten
hat, bedeutet, aus heutiger Sicht zumindest, nicht, daß er seine Auf-
fassung grundlegend geändert hätte.
Wir sollten den Schritt aber ja nun langsam wirklich vollzogen haben.
Ab und an erlebt man ja noch Menschen die am Anfang des Jahrhunderts
bzw. um den ersten Weltkrieg herum geboren sind. Bei denen fällt mir
schon auf, daß sie eine für mich eigentümlich klare Haltung zur
Geschlechterfrage äußern.
Erst die Menschen die so um die zwanziger Jahre herum geboren sind
zeigen eine deutlich andere Haltung. Vor allem die 'Wandervögel'.
Alles grob schematisiert, Ausnahmen bestätigen die Regel, bis heute.
Daß wir, nunmehr etwa 3 bis 5 Generationen später, noch so intensiv
mit diesen Grabenkriegen beschäftigt sind, gibt mir schon zu denken.
Und, es läßt mich ziemlich heftig am Fortschrittsstolz und dem Kosmo-
politismus zweifeln den wir so doll herauszukehren uns bemühen.
Und seht mal heute, wie gut gehts Euch dagegen, oder wie?
...
Peng, Flatsch, Doing, Zong!!!
Bringt das mehr als Dampfablassen, als Adrenalintuning, als Kick?
Es mag an meiner ganz persönlichen Deppischheit, an meiner einzigen
und einsamen Gehirnwindung liegen, daß ich es nicht unter einen Hut
kriege, daß ein Unterschied sein soll zwischen der individuellen
und der allgemeinen Haltung. Der Haltung in der intimen Beziehung
und der Haltung und dem Verhalten in der Gesellschaft.
Ok, das Leben ist gefährlich, lebensgefährlich (100%tig).
Wenn ich aber dauernd mit dem Gedanken rumlaufe, daß das Leben oder
meine 'Geschlechterrolle' mich übervorteilen wird, dann wird es das
auch tun. Dann würde ich doch wohl auch sicher paranoid.
Das heißt nicht, daß mein Leben nun bisher so verlaufen wäre wie ich
es mir erträumen wollte, wie es in meinen Phantasien hätte sein können.
Meinen ganz eigenen Traum vom Fliegen habe ich in der Kindheit nach
einigen Abschürfungen aufgegeben, nicht jedoch meinen Wunsch nach
Glück und Geborgenheit in einer Beziehung und in einer Gesellschaft.
Die Erinnerung an die Beziehung gehört zu dem was das eindeutig und
herausragend positiv war in meinem Leben, und, daß ich noch lebe
und denke, das wäre ohne Einbettung in eine Gesellschaft sicherlich
nicht vorstellbar.
Die Gesellschaft bzw. die Gesellschaftsgruppen in denen ich lebe,
verhalten sich nicht immer so wie ich es mir vorstelle, aber ich
kann doch auch darüber nachdenken welches die Unterschiede sind.
Ich werde Meinungen finden mit denen ich mich identifizieren kann,
die ich mir vielleicht auch zu eigen machen kann, und andere,
mit denen ich nicht klarkomme, die ich nicht leben kann, Gruppierungen
zu denen ich keine Affinität aufzubauen ich in der Lage bin oder
nicht gewillt bin.
Hierzu gehören mit Sicherheit auch die Chauvis und die 'Ekel Alfreds'.
Und dennoch kommt es immer wieder mal vor, daß ich mich selbst dem
Vorwurf ausgesetzt sehe einer (davon) zu sein.
Ich könnte dann wie eine wildgewordene Waldwurz dagegen angehen
und vielleicht argumentativ sogar sowas wie einen Sieg davontragen,
oder es mir zumindest einbilden. Verstehen werde ich dabei mit
Sicherheit nichts, weder etwas vom Anderen, noch von mir.
Ich kann doch nicht sicher davon ausgehen, daß ich auch so bin wie
ich mir einbilde zu sein.
"Die Energie des Verstehens" bringt mir einfach mehr Befriedigung.
Damit will ich nicht gesagt haben, daß alles bestens läuft und
eigentlich nur ein anderer Blick auf die Sachen nötig wäre.
Ich bin aber überzeugt, daß das Rumstochern an den Fassaden
keinem so recht weiterhilft, daß Grabenkriege den inherenten
Stillstand bedeuten. Wenn wir weiterkommen wollen, dann müssen
wir uns auch bewegen, und, das muß wohl vor allem in unseren
Köpfen stattfinden.
Wie war das noch mit der Million Lemminge?
Mitunter laufen die alle über die Klippe, aber eben nicht immer.
Zumeist haben sie einen (Aus)Weg bei ihren Wanderungen, kommen
an einen anderen Ort der ihnen hoffentlich mehr Bewegungsfreiraum
gibt. Der Weg steht uns offen, wir wissen nur nicht welcher welcher ist.
Daß wir uns so vortrefflich über das Thema fetzen können,
zeigt mir einerseits, daß es notwendig ist sich damit auseinander-
zusetzen, andererseits aber auch, daß es tatsächlich thematisierbar
ist, daß es Menschen beschäftigt.
Wäre es zementiert und würde es als unabänderlich gegeben hin-
genommen, würde sich kein Mensch darum schären und auch nichts
verändern. Das gibt mir Hoffnung.
Laßt uns doch versuchen daran mitzuwirken, daß aus
"deutsch-weibliche" <=> "deutsch-maennlichen" ein MENSCHLICH wird.
Aus "Ich Tarzan. Du Jane" ein "Jane & Tarzan" = "Tarzan & Jane"
Und das nicht nur als "Wohltat fuer unser Weltbild", sondern
wirklich als Basis unser aller Verhalten.
Marlies, Du hast den Begriff 'Schuld' eingebracht.
Ich habe gelernt diesen Begriff heutzutage möglichst zu meiden.
Es ist mir durchaus schwergefallen das zu lernen, aber es war
tatsächlich so, daß diese Frage uns in unserer Beziehung
nicht weitergebracht hat. Wenn es mal kniff, dann kam sehr
schnell Erikas Frage: 'wollen wir fingerhakeln oder zusehen
wie wir aus dieser Situation herauskommen'.
Es war 'die Kraft des Verstehens' die es uns ermöglicht hat
Klippen zu umschiffen und nicht der Sieg des Einen über den
Anderen.
Versoehnliche Gruesse
Klaus