Hallo Chräcker,
Ich halte "diesen" holocaust immer noch für ein "typisch" deutsches Verbrechen. Und es geht mir nicht darum, was andere nationen über uns denken, es geht mir darum, was wir über uns denken. Was haben wir noch "deutsches" in uns, was auch damals zu diesem "typisch deutschen" Verbrechen führte.
Das ist richtig - man sollte das nicht verwaessern. Die Deutschen haben so ihre schwierige Art. Wobei allerdings die selbstquaelerische Art, mit der sie des Holocausts zu gedenken pflegen, eigentlich genau so typisch deutsch ist wie die Art des damaligen Verbrechens. Man koennte auch sagen: an dem Grad, wie schwer sich die Deutschen mit dem Holocaust tun, wie uneins sie darueber sind, wie extrem die Ansichten darueber sind - an diesem Grad kann man ablesen, wie wenig die Deutschen sich von jener Vergangenheit innerlich geloest haben.
Mein Wunschziel waeren Deutsche, die weder mehr zu solchen Verbrechen faehig sind, noch zu solcher Art von Selbstquaelerei neigen. Denn die Deutschen sind einfach noch immer so, wie sie derzeit Fussball spielen: blockiert, gehemmt, ohne normales, gesundes Selbstbewusstsein, zwischen Selbstueberschaetzung und Selbstverleugnung schwankend. Und solange das so ist, ist auch der gefaehrliche Naehrboden des Nazismus da. Und solange das so ist, muss das Mahnmal des Holocausts allgegenwaertig sein. Anders ausgedrueckt: wenn es den Deutschen endlich mal gelingen sollte, wieder ein normales Selbstbewusstsein zu erlangen und sie auf ihre Herkunft auf ganz normale Weise stolz sein koennen, so wie Griechen stolz auf Griechenland sind und Italiener auf Italien - dann ist beides erreicht: die Befreiung von der nazistischen Gefahr, und die Befreiung von der Allgegenwaertigkeit des Mahnmals.
Man sollte durchaus zugestehen, dass dies ein laufender Prozess ist, der langsam voranschreitet. Und der verschiedene Auspraegungen hat, je nach Generation. Dass juengere Generationen nicht mehr ohne weiteres akzeptieren, was die Bubis-Lobby vom deutschen Volk verlangt, kann ich nachvollziehen. Ebenso werden sie aber noch damit leben muessen, dass aeltere Menschen die "Schuld" staerker empfinden und auch in Form von Gedenkformen und Mahnmalen zum Ausdruck bringen wollen.
Die Frage ist also: für wehn wurde diese Seite gemacht. Für was.... und was nehme ich jetzt einfach aus dieser Seite raus? Ich nehme die Aufforderung raus, zu prüfen, ob wir Deutsche heute nicht doch allen Hoffnungen zum Trotz wieder zu so einer "Perfektion" fähig wären....
Ja, das Streben nach systematischem Vorgehen und Perfektion ist einer der Wesenszuege, die sich in der negativen Pervertierung, also beim Voelkermord an den Juden, als besonders grausam erwies. Kaum irgendwo anders wird so verkrampft geplant, organisiert und geregelt wie in Deutschland. Man sieht es an den Verbotsschildern auf Rasenflaechen ebenso wie am Markenrecht. Es ist ein Land, in dem immer noch Griesgraemigkeit, Kleingeistigkeit, Bauernschlauheit und Pedanterie herrschen. Daran haben weder die 68er noch die Gruenen viel geaendert - und in nicht wenigen Dingen haben genau diese oppositionellen Gruppen das Deutschtum noch bestaetigt. Denn auch die Art, wie in Deutschland Opposition betrieben wurde (jetzt gibt es ja keine Opposition mehr, jetzt gibt es nur noch einen Brei), ist krampfhaft, ideologisch verbraemt und eben typisch deutsch. Insofern sich "deutsch" (im negatvien Sinne) eben nicht auf den Judenmord reduzieren laesst, sondern an jedem kleinen Schild "Ballspielen verboten" wieder aufblitzt - insofern ist es nachwievor wichtig, den alten Spiegel vorzuhalten. Aber: es reicht nicht, historischen Mief zu verbreiten. Der Bezug zur Gegenwart muss auf lebendige Weise hergestellt werden. Die Leute muessen erkennen, dass ihre Verbotsschilder aus jenem alten Geist gespeist werden, der auch den Nazismus moeglich machte. Das funktioniert aber nicht mit ein paar weltstaedtischen Mahnmaehlern und ein paar faltenreichen Politikerreden zu Reichskristallnacht-Jahrestagen. Da muss viel deutlicher Tacheles geredet werden.
viele Gruesse
Stefan Muenz