Swen: Ist das Internet in Wirklichkeit leer ?

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Moin

[...]Im Fernsehen hat er nie seinen Namen auf dem Bildschirm gesehen, nun kann er ihn sehen, und je mehr er postet, desto oefter.

Dem Fernsehen haftet (wohl noch aus den Zeiten, als es nur drei ö.-r. Programme gab) der Ruf an, authentisch zu sein. Im Internet kann ich jedoch all meine geheimen und unbewussten Sprayer-, Gaffer- und Voyeursgelüste ausleben. Dem Fernsehen war seinerzeit (bis auf durchinszenierte Livesendungen) der direkte Kontakt zum Publikum fremd. Zeitungen kannten zwar Leserbriefe, diese waren aber auch vorselktiert. Zuerst war es wohl das Radio, dass den Livekontakt mit (anonymen) Anrufern ermöglichte. Ich erinne mich aber noch gut daran, wie Cornelie Sonntag-Wolgast im NDR-2 Frühkurier auf eine niveauvolle politische Frage an den Hörer ein schnödes "ficken ficken ficken" als Antwort bekam. Ich hatte mir bis dahin nicht vorstellen können, dass man so etwas überhaupt tun kann. Zunächst, so stell ich mir das vor, war es die Freude am Regelverstoß. Trolle freuen sich aber nicht mehr, sie verspüren Lustgewinn in den Pausen.

Irgendwie ist der Turboposter noch ärmer dran. Er gönnt sich nicht mal den Lustgewinn, postet ohne Pause - muss dafür aber nicht nachdenken, was zwar nicht befriedigt, wohl aber Frust vermeidet.

Dieses unbeschreibliche Gefuehl macht ihn zum nervtoetenden Forenschreck, zum sinnlosen Vielposter. Gluecklicherweise folgt auf diese Phase in den meisten Faellen irgendwann eine Phase der Ernuechterung, und am Ende steht vielleicht ein reifer elektronischer Kommunikationsmensch, der was sagt, wenn er was zu sagen hat ;-)

Oh, Stefan woher nimmst du deinen Optimismus nur immer her ;-)

Wenn der sinnlose Vielposter aufhört zu posten, dann ändert sich für ihn ja erstmal nichts: Er sagt immer noch nichts, er schweigt einfach weiter, jetzt ganz still. Wenn es denn gut geht, dann schämt er sich halt ein wenig, kommt dann aber nach kurzer Pause wieder her und reiht sich ein. Feut sich vielleicht sogar, dass nicht nachgetragen wird. Immerhin gibt es hier ja auch keine killfiles.
   Sein wir doch mal ehrlich: Irgendwie sind wir auch ein Art Auffangbecken für sozial gestrandete. Es kann doch nicht nur die Energie des Verstehens sein, die uns hier hält. Irgend eine Sucht ist allemal dabei, wenn wir uns hier unser eigenes Hotel California bauen (you can check out every time you want, but you can never leave ... <../../sfarchiv/2000_1/t09920.htm#a50058> ;-))

Elektronische Kommunikationsmensch.
   Komisch, aber bei dem Begriff fällt mir nichts Gutes sein Da denke ich zunächst an den "Electric Rider", der sich noch mal gegen sein Absturz wehrt. Und dann denke ich an die Spezies der Flatline-Erimiten, von denen uns die bunten zeitungen immer berichten. Beides keine erstrebenswerten Ziele.

[...] Denn praktische Dinge wie Behoerdengaenge online usw. werden eben nur realisiert, wenn die dadurch geschaffenen Moeglichkeiten einem Massenpublikum offenstehen.

Ob es praktisch ist, online Behördengänge zu erledigen, lass ich mal dahingestellt. Aber bequem ist es auf alle Fälle. Für mich ist das Internet Mittel zum Zweck. Der Zweck ist eine weite Demokratisierung des Lebens durch größtmögliche Informationsfreiheit. Schon deshalb muss das Internet ein Massenmedium werden. Massen von Menschen und Massen an Informationen. Dann muss sich nur zeigen, dass unsere  Gesellschaft aufgeklärt genug ist, den direkten und ungefilterten Umgang mit Informationen zu lernen. Oder ob sich (wieder) Informationseliten ausbilden.
  
Viele Grüße

Swen