Andreas Bierhals: The long now - das lange Jetzt

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Moin!

* Ist es moeglich, dass unser exponentieller Geschwindigkeitsrausch irgendwann grausam kollabiert? Oder wird er eher in eine neue Dimension uebergehen, also etwa in eine Art "Zeitunabhaengigkeit" (beliebige Zellerneuerung fuer Leben, beliebig schnelle Raumueberbrueckung durch Beamen usw.)?

Klar ist das moeglich, weil unser Erdball nunmal
begrenzt ist. Exponentielles Wachstum tritt immer
dann auf, wenn die Wachstumsgeschwindigkeit
von irgendetwas proportional zur Anzahl der
bereits entstandenen Exemplare ist. Eine
Bakterienkultur in einer Petrischale hat z.B.
anfangs exponentielles Wachstum, weil sich
z.B. eine Bakterie alle 20 Minuten teilt. Aus 10
Bakterien werden also in 20 Minuten 20 Bakterien
bzw. aus 5000 Bakterien in 20 Minuten 10000 -
exponentiell eben. Sobald die Begrenzung der Schale
erreicht wird, funktioniert das jedoch nicht mehr - das
Wachstum geht "in Sättigung".

Ebenso wird z.B. das Wachstum der Geschwindigkeit
von Prozessoren bzw. der Speicherdichte von RAM
Bausteinen in Sättigung gehen, sobald die
Schaltungen so klein werden, dass gewisse physikalische Grenzen erreicht werden.
Die naechste Grenze wird wohl quantenmechanischer
Art sein, nämlich das Problem, dass die Schaltelemente in Chips so klein werden, dass
die Ausdehnung und die Eigenheiten der Elektronen-
Wellenfunktionen eine Rolle spielen. Dann wird das
Wachstum pausieren, bis sich vielleicht irgendwo
ein voellig neuer Ansatz (Quantencomputer)
durchsetzt.

* Kann man "Bewusstsein fuer lange Zeitraeume" in die Alltagspraxis umsetzen? (Langsamer sprechen, mehr Zeit zum Antworten lassen, bei Terminnennungen von Auftraggebern milde laecheln ;-)?

Ich denke, in unserer Gesellschaft ist es bereits
Luxus, wenn man tatsächlich sagen kann, man
habe viel Zeit. Zeit z.B. um nix "produktives" zu tun
sondern einfach mal stundenlang seine Lieblings-
Musik zu hoeren oder gar selber zu musizieren,
wochenlange Fahrradtouren unternehmen
oder was auch immer tun, was sich
nicht direkt mir Geldwerten aufrechnen laesst.
In unserer Welt, wo es immer mehr auf staendige
Erreichbarkeit, zum Teil auch im Urlaub ankommt,
wird sowas tatsächlich immer schwieriger.
Im Gegensatz dazu, haben die Leute in
weniger technisierten Ländern scheinbar endlos
viel Zeit, nur leider gerade nix zu Essen...

Unnoetige Zeitfresser gibt es natürlich auch, wie
z.B. exzessives Fernsehen, exzessives Chatten
(geht bei mir zum Glück noch nicht, da
Telefon noch auf sich warten läßt <g>), exzessiver
Gebrauch von Handys usw. Aber das muß jeder
für sich selbst entscheiden, wie wichtig oder
unwichtig das im einzelnen ist.

* Wenn ihr versuchen wolltet, ein Webprojekt aufzuziehen, dass sich mit dieser Thematik befasst und etwas zum Thema "Langzeitdenken" beitragen wolltet - wie wuerdet ihr das angehen? Anders

Ich würde als erstes einen Server nehmen, der
via 9600 baud Modem mit dem Internet verbunden
ist und unter Win98 läuft ;-))

Ansonsten viele Grüße von der  (Off-)Leine
und bis irgendwann!

Andreas

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