Hallo Roman,
hallo zusammen,
nun ja, nachdem der werte Herr Gravenreuth schon halslaut nach meiner
Wenigkeit gebrüllt hat, will ich doch auch was dazu sagen ;-)
Die hier vorgetragenen Argumente sind nicht neu - Herr Dyba hatte es
kurz vor seiner Abberufung zu seinem Chef (der ihm, so hoffe ich,
erst mal gehörig die Leviten gelesen hat), mit den "importierten
Lustknaben" ja wieder einmal auf die Spitze getrieben.
Natürlich habe ich grosse Probleme mit dieser Haltung der kath.
Kirche, zumal ich über zehn Jahre in diesem "Verein" engagiert war -
und auch die schattenseiten gesehen habe, quasi einen Blick hinter
die Kulissen werfen konnte.
Man darf imho nicht vergessen, dass die Kirche auch heute noch eine
grosse, immer noch nach Macht und Einfluss heischende Organisation
ist, die im wesentlichen ihrer Stellung aus lange und gottlob ver-
gangenen Tagen nachtrauert.
Und manchmal versucht man mit billiger Polemik, gleich den Politikern
im Kampf um die Lufthohheit an den Stammtischen, die Leute zu beein-
drucken. So einfach und leider so nüchtern muss man es wohl sehen.
Erstaunlich ist allerdings, dass die Kirche auf die wirklich rele-
vanten Fragen der Gegenwart keine schlüssigen Antworten geben kann;
in Zeiten aufkommenden Rassismus und Rechtsextremismus kümmert man
sich lieber um die Heilung der Schwulen, so wie man sich, während der
Balkankrieg tobte, einmal mehr gegen Sex vor der Ehe und gegen Em-
pfängnisverhütung ausgesprochen hatte. So jedenfalls wird man die
Leute nicht in die Gotteshäuser bekommen.
Fast schon pervers-zynisch ist allerdings, dass die Kirche natürlich
auch von Schwulen und Lesben, von Paaren ohne Trauschein und von
Menschen, die sonstwie gegen die kirchliche Norm verstossen, ohne
Vorbehalte Kirchensteuer annimmt. Als schwuler Katholik zahle ich also
Mitgliedsbeitrag in einem Verein, der mich gar nicht will - mein Geld
aber schon...
Davor hätte ich ihm noch lautstark meine Meinung zu diesem Thema
gesagt, und zwar, dass homosexuelle genauso Menschen sind wie
alle anderen auch!
Danke! Ich für meinen Teil habe eine Weihnachtspredigt meines alten
Pfarrers noch gut im Ohr, der vor einigen Jahren sagte, Weihnachten
sei das Fest der Liebe - und die Liebe eines Menschen sei das höchste,
weil göttlichste Gut auf Erden, wobei Gott keine Qualifizierungen von
Liebe kenne. Ein besseres Argument gegen die homophobe Haltung der
Kirche kann man sicher nicht haben.
Ich empfinde sie als sehr nette Personen mit allen
Beziehungsprob-
lemchen die jeder andere auch hat. Aber krank sind sie bei weiten
nicht!
Nun, vielleicht hast Du der breiten Masse etwas voraus: Du kennst
"geoutete" Schwule, kennst ihr Leben, ihren Alltag. Tatsächlich unter-
scheidet sich eine schwule Beziehung in (fast) nichts von einer
Heterobeziehung oder Ehe und gerade wenn man zusammen wohnt, kommt es
zu den selben Problemchen und Reibereien: Die Fenster müssen geputzt,
die Klamotten gewaschen, Miete und Rechnungen bezahlt werden und
spätestens am 4. Advent geht die Diskussion los, an welchem der Feier-
tage wessen Eltern beehrt oder eingeladen werden.
Die meisten Schwulen leben aber so gut assimiliert in der Gesellschaft,
dass es ihren Mitmenschen gar nicht auffällt und daher selbst Leute,
die in Wahrheit Schwule kennen, guten Gewissens das Gegenteil behaupten.
Allerdings sind die Medien an dieser Situation nicht ganz unschuldig,
denn auf der Jagd nach der Quote hält man sich lieber an die alte
Journalistenweisheit "only bad news are good news", will heissen,
fünf Tunten mit rosa Federboa, abgespreiztem Finger und aufgeklebten
Fingernägeln, gepaart mit drei Machos als "Experten" im Publikum, sorgen
für das notwendige Spektakel.
Denn: Würde man drei schwule/lesbische und drei Heteropaare in eine
der unsäglichen Nachmittagstalkshows zerren, würde dabei nicht viel
mehr herauskommen als Erfahrungsaustausch im Kampf gegen ausgebleichte
Jeans und verqualmte Gardinen oder vielleicht Überlebensratschläge ge-
gen allzu aufdringliche "Schwiegermütter". Nur: Wer will sich das
schon in der Glotze ansehen, was er Zuhause live erleben kann? Da ist
Frau Hinterhuber mit ihrer Enthüllung "Die Katze meiner Nachbarin ist
lesbisch" schon wesentlich quotenträchtiger ;-)
Ich überlege mir mittlerweilen ernsthaft ob ich nicht von der
Kirche austreten soll, denn mit solchen Aussagen kann ich mich
nicht identifizieren.
Keine so gute Idee, denn Kirche ist nicht gottgegeben, sondern le-
bendige Gemeinde. Und wenn sich mehr Schwule und Lesben und wirklich
tolerante "Heten" angagieren würden, wäre manche Haltung der Kirche
vielleicht schon Vergangenheit.
Und letztlich sollte man sich immer bewusst machen, dass sich die
Kirche selbst nur als "Stellvertreter auf Erden" bezeichnet und zu-
mindest ich für meinen Teil den Mist, den die "Organisation Kirche"
mitunter verzapft, nicht dem "Chef" anlasten kann. Wie oft kann man
es im "wirklichen Leben" sehen: Ein guter Chef und ein miserabler
Stellvertreter. Oder ein gutes Produkt - und ein wirklich besch***
Vertriebsweg...
Last but not least: Vielen Dank für Deinen Mut, dieses brisante und
komplett Off-Thema hier anzusprechen. Denn auch in diesem Kreis gibt
es Menschen, die ganz offenkundig ihre Probleme mit Schwulen haben...
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