CurtB: Zensur im Internet III

Hallo,

wieder mal eine Meldung bei Heise
http://www.heise.de/newsticker/data/anw-05.12.01-001/

Zwei Zitate daraus:
" Bei der Praxis der Düsseldorfer Bezirksregierung sollte geprüft werden, ob es sich dabei nicht um einen "unverhältnismäßigen Eingriff" in das Fernmeldegeheimnis, in die Privatsphäre der Bürger und andere Rechte handelt"
und:
"Dann stelle sich die Frage, wer darüber entscheidet, welche Inhalte nicht wünschenswert seien. In Düsseldorf hätten Verwaltungsangestellte ohne ein rechtsstaatliches Verfahren und ohne Kontrollmöglichkeiten entschieden."

Grüße
CurtB

  1. Hallo,

    schön (einfach) aus dem Gesamtkontex zitiert. Ja, es muß geprüft werden:

    • ob eine Sperrung technisch möglich ist
    • wer dann entscheidet, welche Seiten gesperrt werden
    • ob eine Sperrung solcher Seiten dem Ansinnen des Eindämmens rechten Gedankengutes förderlich ist.

    Das alles steht in dem Artikel. Eigendlich nicht mehr, und nicht weniger.

    Gehen wir doch mal vom rechtsextremen Inhalten weg und nehmen wir die, auch im Artikel genannte, pauschalere Formulierung "rechtswidriger Inhalte", dann verstehe ich einfach nicht, wieso man sich dem bestreben einer Zensur im Internet so widersetzt? ich möchte alle Kinderpornografischen Angebote sehr gerne Zensiert sehen. und wenn sich die Drei Gewalten und die Provider und die Techniker einigen würden, fände ich das sehr begrüssenswert. In dem Artikel steht doch nur, daß endlich mal wieder alle zusammen darüber reden und versuchen mehr oder weniger zusammen auf ein gestecktes Ziel zu steuern. (Und bei "Kinderpornographie im Netz (z.Bsp.) mag ich bitte jetzt auch keine "Zahnpasta kann man nicht in die Tube zurückdrücken" hören, das Argument finde ich eh total bescheuert sinnentleert... (nein, kam bisher nicht von Dir, paste nur hierhin... )

    Chräcker

    1. Hallo,

      schön (einfach) aus dem Gesamtkontex zitiert.

      bezogen auf die vorherigen Postings auch vollkommen passend, betrifft es doch neue Aspekte, dass nämlich erstmalig vom Verfasser/ seiner Quelle öffentlich das Unbehagen formuliert wird gegen fehlende Kontrolle (evtl. Qualifikation?) der Kontrolleure.
      Endlich auch mal die Erwähnung von Rechten, zwar nicht das Recht auf Information, neu und besonders interessant aber der Aspekt Fermeldegeheimnis.

      Gehen wir doch mal vom rechtsextremen Inhalten weg

      da war ja das bsp. "rotten.", was deshalb besonders interessant ist weil zunächst ein äusserst hoher Konsens über die Ekelhaftigkeit der dort gezeigten Bilder besteht.
      Bilder, welche so in Nachrichten usw. gezeigt werden. Bilder aus den Medien, unsere Realität.
      Und dann der Punkt dass bei bei dieser Seite deren Rechtswidrigkeit aber offenbar auch relativ viele Stimmen nicht nachvollziehen können.
      Da stellt sich die Frage nach der Legitimation der Kontrolleure, nach eventuellen Gerichtsbeschlüssen usw. usw., die es offenbar nicht gibt:
      "In Düsseldorf hätten Verwaltungsangestellte ohne ein rechtsstaatliches Verfahren und ohne Kontrollmöglichkeiten entschieden"

      und wenn sich die Drei Gewalten und die Provider und die Techniker einigen würden

      die Techniker jetzt auch kompetent zur Zensur? "In Düsseldorf hätten Verwaltungsangestellte ohne ein rechtsstaatliches Verfahren und ohne Kontrollmöglichkeiten entschieden", ja sind die Techniker vergessen worden? und wo sind die "Drei G"'s?

      Und bei "Kinderpornographie im Netz (z.Bsp.)

      Um die geht es überhaupt nicht. Oder indirekt, weil es die nämlich m.E. gar nicht betrifft.
      Die gibt es in vergleichbarer Form offenbar nicht, weil sie überall verboten ist und nicht legal ins Netz kommt.
      Zensiert werden Inhalte welche in den Ursprungsländern/Providern, hier USA, anscheinend vollkommen legal sind.

      Ausserdem ist zu bedenken dass das Instrument Zensur das Werkzeug des Faschismus schlechthin darstellt,
      die Bereitstellung des Werkzeuges ist schon der erste Sündenfall.

      Grüße
      CurtB

    2. Moin,

      solche Dikussionen neigen zu Mißverständnissen.

      [Zahnpasta kann man nicht in die Tube zurückdrücken] das Argument finde ich eh total bescheuert sinnentleert

      Ich benutze das Zahnpastabild gern und häufig. Da ich es nicht in dem von dir hergestellten Zusammenhang gebrauche, sondern nur im Zusammenhang mit (mir unsinnig erscheinenden) geforderten Verboten, habe ich das Zitat entsprechend verkürzt. Das Bild mit der Zahnpasta macht deutlich, dass eine einmal gemachte Erfindung oder Erkenntnis nicht ungeschehen oder ungedacht gemacht werden kann. Erst recht nicht durch Verbote. Verbote sind immer dann sinnlos, wenn sie nicht als Teil eines Gesamtkontextes wirken.

      --

      Zu der Behauptung, in Düsseldorf hätten Verwaltungsangestellte ohne ein rechtsstaatliches Verfahren und ohne Kontrollmöglichkeiten entschieden:
      Das Argument ist so dermaßen bescheuert, dass man es dreimal lesen muss, um überhaupt den(Un)Sinn der Behauptung zu begreifen. Wenn Verwaltungsangestellte (oder Beamte - was ich in dem Fall sogar eher vermuten würde, da es hier um die Ausübung des Gewaltmonopols des Staates geht) einem Provider mittteilen, er hätte dies oder jenes zu machen oder zu lassen, dann ist das ein schnöder Verwaltungsakt, gegen den der Provider völlig unproblematisch den Rechtsweg beschreiten kann. Aber auf diese Idee kommen die wahrscheinlich nicht. Bei der von Heise abgedruckten Quasi-Argumentation, denke ich eher daran, dass da Publicity (und Geldgier, dazu später mehr) und nicht Recht-kriegen-wollen oder Überwachungsstaat-Ängste das Motiv des Handeln der Provider ist.

      --

      Die von der Bezirksregierung angewandten Mittel taugen - wenn sie allein angewandt wwrden - nicht zur wünschenswerten(!) Trockenlegung von gesellschaftlichen Sümpfen. Am Beispiel der Kinderpornographie:
      Das Sperren von Webseiten verhindert keine Mail, keine Newsgroup und kein P2P-Netzwerk zum Austausch und zur Verbreitung von Kinderpornografie. Kein Video wird dadurch weniger kopiert, kein Foto weniger entwickelt, kein Paket weniger gepackt, kein Brief weniger geschrieben, kein Flieger (ab Düsseldorf?) weniger bestiegen, keine Straßenbahnfahrt zum Arbeitskollegen weniger gemacht. Nicht das Bild ist das Verdammenswerte, sondern die Tat. Die Wurzel des Übels ist das Geschehen. Das Vergewaltigen, Quälen, Erniedrigen, Zerstören von Körpern und Seelen, von Glauben und Zukunft muss aufhören. Ihr Leiden würde nämlich nicht geringer werden, wenn es unbeobachtet in einer dunklen Kammer geschehen würde.

      Ich kenne die Argumente, die jetzt von Verwaltungsseite kommen: Ich tue ja nur das, was in meiner Zuständigkeit liegt. Und: Das, was ich tue, ist immerhin etwas, einer muss ja anfangen. Oder: Es wird ja nicht besser, wenn ich nichts mache.
      Nur: Ändern wird so auch nichts. Und verhindert wird so erst recht nichts. Und das bleibt wohl auch so, solange staatliche Stellen sich lieber in Zuständigkeiten verwuseln statt prozeßorientiert zu handeln.

      Du hast zu Recht auf das Eigentliche hingewiesen: "Drei Gewalten und die Provider und die Techniker" oder verallgemeinert: "alle gesellschaftlichen Kräfte" müssen zusammen arbeiten. Das wäre was. Ziel ist dann die Ausrottung der Kinderpornographie, nicht ein "sauberes" Internet.

      --

      Ich finde im übrigen auch nicht, dass es hier um Zensur geht. Das Verbieten solcher Bilder (oder Filme) - unabhängig von der oben andiskutierten Frage, ob das Sinn hat oder nicht - ist sicher legal. Und wenn bei der Gelegenheit Material beschlagnahmt und der eine oder andere Anbieter/Abnehmer dingfest gemacht werden kann, schadet das sicher auch nicht. (Es soll nur bitte keiner hinterher kommen und sagen: wenn das Internet Kinderpornographie-frei ist, hätte sich irgendetwas geändert - außer vielleicht die "Vertriebswege" :-(.

      --

      Wenn ich den Text bei Heise genau lesen, dann missfällt mir was ganz anderes. Da steht nämlich auch: "Nicht nur wirtschaftliche Interessen der Internet-Provider seien betroffen, sondern auch die Informationsfreiheit und die Freiheit des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Unkalkulierbare Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft seien zu befürchten."

      Aha. Was ist Kinderpronographie denn? Eine Instanz der Freiheit des Waren- oder Dienstleistungsverkehr oder eher notwendiger Teil der Verwirklichung der Informationsfreiheit? Sachlicher argumentiert: Es geht um rechtwidrige Inhalte. Das kann schon per Definition nichts mit den erwähnten Freiheiten zu tun haben.

      Oder geht es den Herren Providern eigentlich gar nicht um irgendwelche Freiheiten sondern nur um Geld und Verdienst? Haben sie etwa Angst davor, dass sie am Transport und dem Anbieten solcher Sachen nicht mehr verdienen können?

      Nachdenkliche Grüße

      Swen

      1. Hallo Swen,

        das "Zahnpastazitat" war (leider nicht ganz ohne Absicht) tatsächlich von mir falsch angebracht, weil es sich nicht um ein konkretes, und dadurch wirklich besprechbares Zitat handelt. (Ja, es ist mir auch durch Dich im Kopfe)....sorry.

        Anosnten fast vollkommene Zustimmung zu Deiner Mail, mit der kleinen Anmerkung meinerseits, daß es natürlich (sage ich jetzt mal) stimmt, daß ein einfaches verhindern von Verbreitung von rechtsverstossenden Inhalten über das "Browser-Internet" niemals das eigendlich zugrunde liegende Geslleschaftliche Problem/Übel löst, es aber für mich daraus kein Umkehrschluß geben kann, der da lautet, "dann lassen wir das eben solange zu, bis wir die Wurzel ganz ausgegraben haben." (hast Du auch nicht behaubtet, ich weiß....)

        Chräcker (der nach wie vor nichts pauschales gegen Zensur hat....)