Ahoi, lieber Stefan,
Alles was man heiss aufkocht, steht irgendwann kalt ab, das ist
nun mal leider so. Das Verfahren dauert einfach laenger als das
spontane sensationelle Interesse.
Einspruch ;-) M.E. muss man so eine Suppe auch am köcheln halten, denn
gerade unsere schnell-lebige Zeit braucht immer wieder Hinweise, dass
Sachen, über die wir vor Wochen betroffen waren, immer noch akut sind.
Am Anfang steht die Empoerung, und dann folgt der lange Marsch
durch die Instanzen. Klar, da mag man vielleicht noch mal nostal-
gisch auf die Anfaenge gucken. Aber was hilfts - jetzt zaehlen
halt die Vorgaenge bei Gericht.
Und das ist auch gut so! Das Netz wird dieses "Problem" nicht selbst
lösen können. Hoffen wir, dass das OLG trotz der gegenteiligen Ent-
scheidung des OLG Hamm in Eurem Sinne entscheiden wird. Dass, wie man
dem Bericht von Ralf Hansen auf Jurawelt.com entnehmen kann, der Senat
die Begründung des angefochtenen Urteils für fragwürdig hält, heisst
ja nicht, dass man nicht zum selben Ergebnis kommen wird - wenn auch
auf einem anderen Weg...
Und der Richter, mit dem wir es gestern zu tun hatten, haette sich
sowieso nicht davon beeindrucken lassen, wenn Yahoo und Google
wegen uns einen Tag lang schwarze Seiten gebracht haetten.
Sicher nicht ;-) Darum gings auch gar nicht. Nur hätte es mich gefreut,
wenn man am Tag der Verhandlung oder kurz davor breiter über den Termin
berichtet hätte. Gerade weil es ja nicht ein x-beliebiger Rechtsstreit
ist...
Sagen wir es ganz ehrlich: es gibt keine Uschi Hering mehr. Sie
hat das seinerzeit alles organisiert, sie hat fuer die "Hitze im
Netz" gesorgt.
Was sicher einer ihrer grössten Verdienste war: sie hat dafür gesorgt,
dass auch in den hintersten Ecken des Netzes noch bekannt wurde, wie
windige Advokaten mittels Suchmaschinen und Serienbriefen unter Zu-
hilfename von Luftmarken kleine Leute abkassieren.
aber die Hexenkesselatmosphaere war vor allem Uschis Werk. Ich
fand es damals auch gut so, und das Thema brauchte ja einfach erst
mal aufgewirbelten Staub und Presse.
Hexenkessel - heute ruhiger? Du scheinst Dich ein bisschen von dem
"Hexenkessel" distanzieren zu wollen. Genau das verstehe ich nicht: Oft
war es doch genau der Druck von aussen, der erst etwas bewegt hat.
Aber ob es dem Verfahren zum jetztigen Zeitpunkt so zutraeglich
waere, wage ich eher zu bezweifeln.
Das Argument hatten wir letztes Jahr schon, insoweit die Gegenfrage:
wie könnte Druck schaden? Ich will ja nicht, dass wieder mal ein Ge-
richt abgemahnt wird *fg* Aber vielleicht gehen Richter, die auch nur
Menschen sind, an die Sache anders ran, wenn sie sehen, dass es eben
nicht nur um den Fall Partei X gegen Y geht...
Die News im Newsticker hab ich mit den verbleibenden paar Mark
Guthaben auf meiner Prepaidkarte vom Handy mittels Notebook und
Infrarot pflichtgemaess schon gestern mittag hochgeladen ;-)
:-)) Erinnert mich stark an das Frühstück nach dem ersten Termin
Steinhöfel ./. FFL in Hamburg (morgens, halb 11 in Deutschland, in
einem Hamburger Café nahe des Lansgerichts *g*)
[detaillierte Terminsbeschreibung]
Scheint doch ganz amüsant gewese zu sein...
Wie auch immer, klar erkennbar war, dass die Richter ausschliess-
lich die Frage der Markenverletzung zu verhandeln bereit waren,
nicht aber etwa die Frage des Unterschieds (oder Nichtunter-
schieds) zwischen dem Link in SELFHTML und dem entsprechenden,
nicht beanstandeten Verweis im HTML 4.0 Handbuch
Insofern ist es aus meiner Sicht gewissermassen Wurscht, wie es
nun am Ende ausgeht - denn selbst wenn ich noch mal Recht bekomme,
werde ich vermutlich wieder nicht das Recht bekommen haben, um das
es mir geht.
Und hier sind wir wieder am eigentlich Knackpunkt: je mehr ich mich
mit der Materie befasse, desto eher neige ich zu der Auffassung, dass
es auf die Frage eines Links oder Nichtlinks eben gar nicht ankommen
darf. "Die Frage der Linkhaftung" - ja, das klang gut und war im ersten
Moment auch in unser aller Augen das Wesentliche. Jedoch: Webspace war
keine Linkhaftungsfrage - und dennoch eine erfolgreiche Abmahnwelle.
Was es m.E. braucht ist eine klare Trennung zwischen kommerziellen
und privaten Inhalten. "Geschäftlicher Verkehr" muss neu definiert
werden und zwar in Richtung Kommerz. Gerade zu diesem Thema hatte der
leider vorgestern verstorbene Patrick Mayer noch auf dem JuraMail-
Symposium in Berlin einige sehr interessante Ansätze in den Raum ge-
stellt...
Ich wünsche mir fast, dass die Sache zum BGH geht; aber dann müssen
dort die "richtigen" Rechtsfragen zur Klärung vorgelegt werden. Nach
meiner Auffassung wären dies a) die erstmalige höchstrichterliche An-
erkunng von privatem Engagement im Internet und b) auch die Klärung
der Zulässigkeit, Verfahren auszusetzen, wenn Ansprüche aus Marken
geltend gemacht werden, die nicht hätten eingetragen werden dürfen
(gerade in einer Konstellation wie Webspace bei kommerziellen Seiten
nicht ganz unwichtig). Wie man letzteres in "Dein" Verfahren einbauen
kann, wird eine andere Frage sein.
Egal, wie dieses Verfahren ausgehen wird: zum ersten Mal hat sich auf
breiter Front Widerstand formiert und jemand seine Popularität dazu
verwandt, die Masse zu informieren und zu sensibilisieren. Das war
bitter nötig... und das ist gut so ;-)
viele Grüsse & weiterhin *daumendrück*
Alex Kleinjung
Redaktion AdvoGraf
http://www.advograf.de