Sönke Tesch: Hilfe, ein Gewitter! Computer an oder aus?

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Tja, da ich im Physik-Unterricht nicht wirklich aufgepasst habe weis ich jetzt nicht ob ich bei Gewitter surfen darf/ soll oder lieber nicht.
Ist nur die Hardware in Gefahr (mein PC) oder auch die Software (mein Leib; ok wenn der Frühling naht mach ich auch wieder Sport - versprochen)

Deine "Software" ist nicht in Gefahr, es sei denn, du sitzt mit deinem Rechner auf der Dachterasse, direkt neben der Hausantenne.

Alleine die Geschichte der Blitzableiter ist eine Geschichte voller Mißverständnisse. Haus ohne Blitzableiter ist schlecht, Haus mit einem schlechten Blitzableiter ist ganz, ganz schlecht. So ein Haus holt sich den Blitz nämlich ins Haus und kann dann (wegen einem möglicherweise zu hohen Übergangswiderstand gegen Masse) nix damit anfangen und so suchen sich die Kiloampers eben den leichtesten Weg durch Fernseher und den PC.

Das ist so nicht ganz richtig. Warum haben Reetdachhäuser wohl  grundsätzlich Blitzableiter? Nicht etwa, weil da immer ein Fernseher und ein PC drin stehen. Ein Blitzableiter schützt in erster Linie vor einem Hausbrand. Reetdachhäuser sind da logischerweise besonders gefährdet, weil sich der Strom ohne Ableiter den Weg über das nasse Dach sucht - der Regen verdampft, das Reet fängt Feuer.

Blitzschäden an elektronischen Geräten sind aber in neun von zehn Fällen Induktionsschäden: Um fließenden Strom herum entsteht ein Magnetfeld, das wiederum in elektrischen Leitern eine Spannung erzeugt (induziert). Dieses Prinzip funktioniert im Modellbahntrafo genauso wie beim Gewitter. Nur das der Blitz auch noch über 100 Meter Spannungen entstehen lässt, die mühelos jeden Fernseher kollabieren lassen - durchaus auch im ausgeschalteten Zustand mit gezogenen Steckern. PCs sind durch ihr Metallgehäuse einigermaßen sicher vor so einer direkten Induktion.

Ein Blitzableiter hilft bei sowas hingegen garnichts. Und ich habe auch so meine Zweifel, daß diese turbotollen Überspannungsfilter irgendwas bringen - es sei denn, man macht es richtig und bringt sie a) direkt vor dem Gerät an und b) schützt -alle- Kabel, die in ein Gerät hineingehen mit solchen Filtern.
Überspannungen über das Stromnetz kommen hierzulande eher selten bis garnicht vor (wir leben nicht in den USA, wo Freileitungen bis zur Haustür üblich sind).
Überspannungen, die durch einen in der Nachbarschaft einschlagenden Blitz auftreten, sind in allen Leitungen zu erwarten: 230V-Netz, Antennenkabel, Telefonkabel, je länger der Draht, desto besser. Und da kann es auch schon mal den ausgesteckten Fernseher erwischen (s.o.).
Überspannungen, die durch einen direkt im Haus einschlagenden Blitz auftreten, kann niemand abwehren. Man sollte sich jedenfalls nicht der Illusion hingeben, daß die Energie, die buchstäblich Kabel aus der Wand sprengt, vor irgendwas Metallenem halt macht - und schon garnicht vor einem 70-DM-Billig-Filter.

Gruß,
  soenk.e